SZ + Meißen
Merken

Meißen: O Stadtwald, wie bist du so schön

Im Meißner Stadtwald trafen sich Umweltaktivisten, Forstverantwortliche und Politiker. Jeder solle zum Erhalt des Mischwaldes beitragen.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Wandergruppe betritt den Stadtwald.
Die Wandergruppe betritt den Stadtwald. © Julian Wolf

Von Julian Wolf

Meißen. Passend zum Wanderstart durch den Meißner Stadtwald im Triebischtal, zeigte sich das Wetter am vergangenen Sonnabend von seiner besten Seite. Doch auch kalter Wind und Regen hätte der knapp 20-köpfigen Wandergruppe nichts angetan, denn gekleidet waren sie funktionell mit festem Schuhwerk, Kleidung im Zwiebelprinzip und wasserfesten Rucksäcken.

Die Meißner Regionalgruppe vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, kurz BUND, traf sich gemeinsam mit interessierten Teilnehmern und dem politischen Verein „Bürger für Meißen - Meißen kann mehr“ um zehn Uhr am Eingang des Waldes nahe der Bushaltestelle „Hohe Eifer“. Ihr Ziel war es, innerhalb einer rund zweistündigen Wanderung notwendige und sinnvolle Strategien zu entwickeln, die den Bestand des Stadtwaldes sichern sollen. Stefan Escher, Forstassessor und Projektleiter für Naturschutzfachplanungen beim BUND Dresden, führte die Wandergruppe.

Der Klimawandel ist auch in der Stadt Meißen, die über eine ganze Reihe naturnaher und artenreicher Hangwälder verfügt, deutlich spürbar. Dank einer Vielzahl an geologischen und klimatischen Besonderheiten hat sich in der Porzellan-Stadt ein extrem artenreicher Mischwald bilden können. Zum „Landschaftsschutzgebiet Triebischtäler“ gehört der Stadtwald und genießt bei den Einheimischen ein hohes Ansehen.

Ein großes, in Holz geschnitztes Gedicht steht am Waldeingang: „O Stadtwald, wie bist du so schön, wenn alle Menschen es versteh’n, dich zu pflegen und zu schonen, so wirst du es ihnen lohnen.“ Stürme, Trockenheit, Starkregen und Baumkrankheiten haben in den vergangenen Jahren jedoch große Schäden verursacht. Jetzt wird der Wald jährlich im Auge behalten.

Totholz und Neophyten

Thomas Nikol vom Sachsenforst ist für das Revier Meißen zuständig und hat den Stadtwald schon länger im Blick. Da die Meißner Kommunalwälder vom Staatsbetrieb betreut werden, will er diskutieren, welche Pläne die Stadtgesellschaft für ihren Forstbestand haben könnte: „Es gibt viele Waldbilder da draußen. Ich werde heute erläutern, in welchem Stadium wir uns gerade in diesem Mischwald befinden und Planungsmaßnahmen erarbeiten.“

Ein kleines Gedicht, dem Stadtwald gewidmet.
Ein kleines Gedicht, dem Stadtwald gewidmet. © Julian Wolf

Die Kreisgruppe Meißen wurde am Sonnabend von Christiane Bense vertreten. Sie macht vor allem auf die ganz augenscheinlichen Probleme aufmerksam. „Die abgestorbenen Flächen hier müssen neu aufgeforstet werden“, fordert sie. „An verschiedensten Stellen sind kranke Bäume deutlich zu erkennen.“ Viele Fragen stellen sich, auf die nicht sofort eine Antwort gefunden werden kann: Was soll mit totem Holz im Wald geschehen und wie geht man mit fremdländischen und invasiven Arten, sogenannten Neophyten um?

„Als FFH-Gebiet (Anmerkung der Redaktion: Besonderes Erhaltungsgebiet) ist der Meißner Stadtwald klassifiziert. Dies bedeutet, dass es ein sehr schöner, naturnaher Wald mit ursprünglicher Zusammensetzung ist. An einigen Stellen wandern Arten ein, die wir nicht unbedingt brauchen“, sorgt sich Christiane Bense und weist auf einen weiteren Konflikt hin: „Landwirtschaft ist weiterhin ein großes Thema. Der Wald hat eine Hanglage. Über uns befinden sich die Felder. Vielleicht erinnern sich noch einige an die Schlammflut. Diese Gefahr ist nicht gebannt. Es gibt große Strecken, wo das tatsächlich wieder passieren könnte.“ Vermüllung sei ein weiteres Problem.

Klimawandel bedroht den Stadtwald

Stefan Escher sieht das größte Problem allerdings im Klimawandel. Viele Nadelbestände seien abgestorben und durch den Forst kahlschlagartig zurückgenommen worden. „Einiges lief da gut, doch in Zukunft könnte so etwas besser laufen. Ein schonender Ablauf muss gesichert sein“, ist er überzeugt. „Da wir hier im Wärmepol von Sachsen sind, waren die Böden schon immer trocken. Der Klimawandel macht aber alles schlimmer“, sagt er. Schon bei einer Temperaturerhöhung von zwei Grad stünde der ganze Stadtwald infrage. „Gehen wir bei der Waldbehandlung nicht sensibel vor, bleibt hier bald nur noch ein Gebüsch.“

Für Christiane Bense ist das Gespräch extrem wichtig. Im Oktober 2022 waren die Umweltaktivisten weitgehend unter sich im Meißner Stadtwald unterwegs. Dass zur Folgeveranstaltung letzte Woche jetzt 20 Personen kamen, ist ein kleiner Erfolg. „Wir haben eine Themenreihe eröffnet, in der Verantwortliche und die Bevölkerung ins Gespräch kommen sollen. Wichtig ist jetzt, dass nicht jeder in seiner Blase bleibt, sondern seine Gedanken austauscht und die Problemanalyse mit Leuten teilt.“

INFO: Weiterführende Informationen findet man online auf www.ehrenamt.sachsen.de unter dem Schlagwort „Bund für Umwelt und Naturschutz“.