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Warum jetzt mehr Feuerwehren anrücken

Was die Radebeuler Kameraden - auch Frauen - 2020 leisteten und welche Erwartungen sie an 2021 haben. Corona verändert einiges.

Von Peter Redlich
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Das ist Weiterbildung bei der Feuerwehr Radebeul - Training unter echten Bedingungen mit Hitze und Flammen im Brandcontainer. Im Herbst waren die Kameraden zur Übung auf dem Gelände der Wache Kötzschenbroda.
Das ist Weiterbildung bei der Feuerwehr Radebeul - Training unter echten Bedingungen mit Hitze und Flammen im Brandcontainer. Im Herbst waren die Kameraden zur Übung auf dem Gelände der Wache Kötzschenbroda. © Arvid Müller

Radebeul. Immer bereit, obwohl es ein Ehrenamt ist. Radebeuls Feuerwehrleute haben in den Corona-Monaten einiges mehr geleistet als sonst. Weniger in der Einsatzzahl, als in der Art und Weise, wie das jetzt erfolgen muss. Was sich 2020 verändert hat und was die Kameradinnen und Kameraden in diesem Jahr erwartet. Die Radebeuler Feuerwehr hat 140 Mitglieder (davon 20 Frauen), aktiv sind 98, darunter zehn Frauen. 85 Jugendliche gehören zur Jugendfeuerwehr.

Sind alle gesund und was ist an besonderer Vorsicht nötig?

Stadtwehrleiter Roland Fährmann sagt, dass die Radebeuler Feuerwehrleute gesund und einsatzbereit sind. Es gab im Oktober einen Covid-19-Fall eines Urlaubsrückkehrers. Kameraden in seiner Nähe sind bis Anfang November auch in Quarantäne gegangen. Es habe eine klare Nachverfolgungskette gegeben. Allerdings hatte das Gesundheitsamt den Kameraden, die nur in Quarantäne waren, bescheinigt, dass sie trotzdem in den Einsatz gehen dürfen, wenn das nötig ist.

Roland Fährmann: „Die Bürger sollen sich allerdings nicht wundern, wenn bei einem Einsatz derzeit viele Feuerwehrfahrzeuge dabei sind. Wir teilen die Mannschaften auf mehrere Fahrzeuge auf.“ Es gibt keine Neun-Mann-Besatzungen mehr, wie sonst üblich. Aber, um die Technik des Löschfahrzeuges zu bedienen, werden neun Kameraden gebraucht. Deshalb kommt ein zweites Fahrzeug hinterher. Das könne auch mal die Drehleiter sein, selbst wenn die nicht immer gebraucht wird. Ohne Maske darf nur der Maschinist, der Fahrer des Fahrzeugs, fahren, weil das im Verkehr so vorgeschrieben ist. Von der Stadtverwaltung sind die Feuerwehren mit Masken ausgerüstet worden.

Flottenparade in Kötzschenbroda. Hier stehen die meisten Einsatzfahrzeuge von Radebeul. Ost und Kötzschenbroda haben 2020 die Mehrzahl der Einsätze absolviert.
Flottenparade in Kötzschenbroda. Hier stehen die meisten Einsatzfahrzeuge von Radebeul. Ost und Kötzschenbroda haben 2020 die Mehrzahl der Einsätze absolviert. © Arvid Müller

Was es an Einsätzen im vorigen Jahr gab

Im vergangenen Jahr sind die Feuerwehrleute 276 Einsätze gefahren - 2019 waren es 303. 127 davon waren Hilfeleistungen, wie etwa Türöffnungen, Hilfen bei Verkehrsunfällen, etwa Ölspuren beseitigen, eingeklemmte Kraftfahrer befreien. Allein 53 Einsätze waren Fehlalarme. Zumeist haben Brandmelder angeschlagen, ohne dass es wirklich brannte, wie mehrfach im Asylbewerberheim an der Kötitzer Straße, wenn dort Dampf aus der Küche aufstieg. 44-mal hat es richtig gebrannt.

Viermal musste zu Großbränden ausgerückt werden. Dazu zählen die Brände an den Balkonen im Wohngebiet nahe dem Dichterviertel in Ost, ein Brand an einem Bungalow in Lindenau und ein Waldbrand oberhalb vom Augustusweg in Oberlößnitz. Dramatisch waren vor allem die Balkonbrände. Im Erdgeschoss ist das Feuer ausgebrochen. Es hat sich in Windeseile nach oben bis in den vierten Stock ausgebreitet. Es gab eine Art Kaminzug, begünstigt durch die brennbare Balkonverkleidung und gelagertes Holz. Das Feuer wurde durch den Dachüberstand ganz oben gestaut und entwickelte dort besondere Hitze. Gefährlich war auch der Waldbrand - offenbar verursacht durch Jugendliche -, weil hier der Hang steil und schwer zugänglich für die Kameraden ist.

Während der Einsätze sind übers Jahr 60 Personen gerettet worden. Allerdings wurden auch fünf tote Menschen festgestellt, bei Türöffnungen, zu denen der Rettungs- oder Pflegedienst gerufen hatte.

Was Corona an neuen Gefahren mit sich bringt

Die Weihnachtszeit mit brennenden Kerzen ist vorüber. In Wahnsdorf gab es bei einem Heckenbrand - der erst als Hausbrand alarmiert worden war -, den letzten Einsatz 2020. Die Kameraden von Radebeul-Ost hatten den ersten Einsatz in der Neujahrsnacht. Auf dem Kaufland-Parkplatz brannte morgens kurz nach 5 Uhr Unrat.

In Corona-Zeiten sind mehr Leute zu Hause. Gibt es mehr Kochtopfbrände, mehr entzündete Bügelbretter oder Kurzschlussbrände an PC? Nein, sagt der Stadtwehrleiter. Zu qualmenden Küchen, weil der Braten auf dem Herd vergessen wurde, werde ähnlich oft ausgerückt wie in den letzten Jahren. Eine Frau hatte die Schnuller ausgewaschen und den Kochtopf vergessen. Zugenommen hat die Zahl der Türöffnungen mit leblos festgestellten Personen. Neu ist auch, dass bei Einsatzhilfen oft Corona-Verdacht besteht. Dafür haben die Kameraden spezielle Schutzkleidung, die als weißer Overall, extra Handschuhe und Maske über der normalen Feuerwehrmontur getragen wird. Zuletzt bei einem Einsatz in Fürstenhain. Für Türöffnungen hat die Feuerwehr ähnlich gutes Werkzeug, wie etwa der Schlüsseldienst; 25-mal war das 2020 notwendig.

Was 2021 an Technik und Ausrüstung neu zugelegt wird

Ein bisher von Radebeuler Firmen für fünf Jahre gesponsertes Fahrzeug wurde nach der Laufzeit jetzt für die Feuerwehr angekauft. Es ist gerade als Mehrzweckfahrzeug für die Wehr hergerichtet worden. Der Transporter steht in Kötzschenbroda. Neu angeschafft wurde auch ein Kommandowagen, der gerade dafür umgebaut wird. Er steht in der Wache Radebeul-Ost. Jede Feuerwehr in Radebeul hat jetzt ein zweites Fahrzeug, eben auch in Wahnsdorf und Lindenau. Der Grundstock der Ausrüstung, wie zum Beispiel die Bekleidung, ist vorhanden und werde ständig nach Bedarf erneuert, sagt Fährmann.

Irritationen um den Baustart der neuen Feuerwache

Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) hatte zuletzt im SZ-Interview angekündigt, dass der Baustart für die neue Feuerwache Radebeul-Ost an der Schildenstraße, südlich der Bahnbrücke, im Frühjahr sein soll. Der alte Wache genügt in ihren Ausmaßen den Anforderungen schon seit Langem nicht mehr. Bereits 2010 begannen die ersten Neuplanungen.

Eigentlich sollte im vorigen Jahr mit dem Neubau begonnen werden. Dafür stehen seit 2020 Fördermittel vom Landkreis in Höhe von 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings - und das ärgert die Feuerwehrleute von Ost - ist noch keinerlei Bauausschreibung erfolgt. Die Ausschreibungen hätten für einem Baustart im Frühjahr im Oktober 2020 passieren müssen.

Bitte der Radebeuler Kameraden an die Bürger der Stadt

Roland Fährmann: „Wir würden uns freuen, wenn bei Anrufen von Bürgern die Angaben zum Ort noch konkreter wären. Etwa mit Zusätzen wie Dichterviertel oder Kaiserbrauerei oder Glasinvest - dann wissen wir schon, in welche Richtung wir ausrücken müssen. Weil eben nicht jeder Straßenname gleich bekannt ist.“ Das spare wichtige Minuten bei der Anfahrt.