Abschied von der Breitscheidstraße

Riesa. Auf den Gängen und in den Klassenräumen ist vom bevorstehenden Umzug wenig zu bemerken. Stattdessen stapeln sich die die Umzugskartons im Sekretariat und einigen Vorbereitungszimmern. „Wir versuchen, so viel wie möglich von den Kindern fernzuhalten“, sagt Schulleiterin Angelika Fritz beim Rundgang durch die 4. Grundschule an der Breitscheidstraße.
Von Anfang an dabei
Zu dem Schulbau hat die Pädagogin einen besonderen Bezug. Als Studentin habe sie in den 1970ern geholfen, das damals gerade neu erbaute Gebäude vom Typ Dresden vom Baumüll zu befreien, erzählt sie. 1979/80 sei sie dann als Lehrerin an die Schule gekommen. Nach der Wende wurde Angelika Fritz Schulleiterin an der Breitscheidstraße. Dreißig Jahre ist das her. „Ich bin sehr mit dem Standort verbunden.“
Doch jetzt ist das Ende dieses Schulstandorts gekommen: Ab nächster Woche stehen die Zeichen bei der 4. Grundschule vollends auf Auszug. Vom neuen Schuljahr an geht der Grundschulbetrieb in der ehemaligen Grundschule Am Storchenbrunnen an der Alleestraße in Gröba weiter.
Viel Lob fürs neue Domizil

„Wir freuen uns darauf“, sagt Angelika Fritz, die mit ihren Kollegen Ende Mai die in den vergangenen Jahren sanierte Gröbaer Schule besucht hat. Für das künftige Domizil hat die Schulleiterin viel Lob übrig. Das Gebäude sei schöner als an der Breitscheidstraße, die Zimmer geschmackvoll eingerichtet. Durch einen neuen Lärmschutz werde es nicht mehr so laut sein. Sicherheitstechnisch sei die Schule auf modernem Stand. Auch digitaler werde es zugehen: Kreidetafeln gebe es nicht mehr, nur noch interaktive Exemplare. Auch der künftig oberirdisch gelegene Speiseraum sei ein Gewinn, so Angelika Fritz.
Mehr Wege nötig

Und dennoch: Die Schulleiterin macht keinen Hehl daraus, dass ihr der Domizilwechsel auch Bauchschmerzen bereitet – und das hat nicht nur mit der unsanierten Sporthalle der Gröbaer Schule zu tun. Angelika Fritz ist schlicht vom Schulstandort Breitscheidstraße nach wie vor überzeugt. Er liege zentral und sei damit für die Kinder als auch für pendelnde Eltern und Lehrer gut zu erreichen, sagt sie. Anders die Schule in Gröba, zu der es etwa vom Bahnhof aus deutlich weiter ist. Angelika Fritz hat deshalb auch Sorge, dass Lehrer der Schule den Rücken kehren könnten – was schwierig werden könnte für eine Einrichtung mit so hohem Stundenbedarf. Das Mehr an Wegen würde für viele Eltern als auch Schüler künftig wohl vor allem ein Mehr an Stress bedeuten.
Mehr als 100 Anmeldungen
Die zentrale Lage der Schule habe auch den Sportklassen das Leben einfach gemacht: Die Schüler, die die Klassen mit dem besonderen sportlichen Profil besuchten, hätten jahrelange zu Fuß zur Schwimmhalle, zum Leichtathletikstadion in der Delle oder zur Turnsporthalle gelangen können. Das gehe nun nicht mehr. Die Sportschüler sollen künftig mit Bussen aus Gröba dort zu den Sportstätten im Zentrum gebracht werden.
Was der zusätzliche Aufwand für die Zukunft des Projekts heißt, das die Schule zusammen mit dem SC Riesa anbietet, muss sich zeigen. Die Nachfrage nach den Sportklassen sei auf jeden Fall hoch: 48 Bewerber für 24 Plätze hatte es laut Angelika Fritz zuletzt gegeben. Überhaupt sei die rund 270 Schüler zählende Grundschule, die auch Förderung für Schüler mit Lese-Rechtschreib-Schwäche anbietet, sehr gefragt: Für das neue Schuljahr habe es 100 Anmeldungen gegeben.
Fehler der Stadtpolitik
Auch heute, sechs Jahre nach der Grundsatzentscheidung des damaligen Stadtrates zur Zukunft mehrerer Riesaer Schulstandorte, kann sich Angelika Fritz nicht mit der damaligen Weichenstellung anfreunden. Riesas Stadtpolitik habe mit der Entscheidung zur Breitscheidschule einen Fehler gemacht, ist sie nach wie vor überzeugt. Sie habe sich deshalb auch danach und bis zum vorigen Jahr weiter für den Standort eingesetzt.
Geändert hat es nichts. Der Beschluss der Räte ließ sich nicht mehr umkehren. Mit dem Beginn des jetzt endenden Schuljahres war der Umzugsprozess gestartet. Unter anderem wurden neue Möbel beschafft. Einige waren in den letzten Monaten schon an der Breitscheidstraße in Nutzung, andere wurden für den nun anstehenden Umzug eingelagert.
Stress zum Schuljahresende

Der wird sich in den nächsten Tagen über die Ferien hinweg vollziehen. Nach der Zeugnisübergabe am Freitag kommt am Montag ein Umzugsunternehmen, um die Kisten mit Lehrmaterial, Möbel und weiteres Interieur nach Gröba zu bringen. „Das heißt, am Freitag muss alles eingepackt sein“, sagt Angelika Fritz. Zusätzlicher Stress am Ende des Schuljahres, an dem ohnehin viel Arbeit anfällt. Doch die Schulleiterin und ihr Kollegium, das beim Umzug mit anpackt, schauen nach vorn. „Wir machen jetzt das Beste daraus“, so die Schulleiterin, die am 29. August ihre Schüler an der Alleestraße begrüßen wird.