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Zeithain: Weitere Diskussion zum Kiesabbau

Die Firma Holcim will Land für einen neuen Tagebau kaufen. Die Gemeinde zögert. Auf einer Einwohnerversammlung soll das Projekt noch mal vorgestellt werden.

Von Jörg Richter
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Der Schwimmbagger auf dem momentanen Kiessee der Firma Holcim hat hier noch gut zu tun. Doch in wenigen Jahren soll er seine Arbeit bei Röderau fortsetzen, wo jetzt noch ein kleiner Wald (im Hintergrund) steht.
Der Schwimmbagger auf dem momentanen Kiessee der Firma Holcim hat hier noch gut zu tun. Doch in wenigen Jahren soll er seine Arbeit bei Röderau fortsetzen, wo jetzt noch ein kleiner Wald (im Hintergrund) steht. © Sebastian Schultz

Zeithain. Wenn mehrere Einwohner zu einem Verwaltungsausschuss kommen, muss es sich schon um ein besonderes Thema handeln. Eines, das die Bürger umtreibt. Eines, wodurch sie sich möglicherweise in ihrer Lebensqualität eingeschränkt fühlen.

Bürgermeister Mirko Pollmer registrierte, dass kein Stuhl im Versammlungsraum des Zeithainer Gerätehauses frei blieb und stellte den Antrag, den Tagesordnungspunkt 8 vorzuziehen. "Ich denke nicht, dass Sie wegen der Vereinsförderung gekommen sind, sondern wegen des Kiesabbaus", so der Rathauschef.

In der Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause war bekannt geworden, dass die Gemeindeverwaltung Zeithain den Verkauf von Flächen an die Firma Holcim offenbar bewusst verzögert. Auf ihnen soll ein weiterer Kiestagebau entstehen, das sogenannte Abbaufeld 3. Große Teile eines angrenzenden Waldstücks bei Röderau samt ehemaligen Waldbad würden verschwinden.

Von mehreren Bürgern angesprochen

Durch die Presseveröffentlichung in der Sächsischen Zeitung und auf Sächsische.de ist vielen Bürgern bewusst geworden, was bereits vor mehr als 20 Jahren beschlossen wurde. Pollmer bestätigt, dass er daraufhin von vielen Leuten angesprochen wurde. Die meisten lehnten die Erweiterung des Kiestagebaus ab, so der Bürgermeister. Manche forderten ihn auf, nicht nachzugeben und den Verkauf der Flächen an die Firma Holcim zu verhindern.

Und auch im Verwaltungsausschuss meldeten sich einige Bürger zu Wort. So zum Beispiel eine Frau, die sich Sorgen um den Grundwasserspiegel macht. Sie befürchtet, dass er weiter absinkt. Ein Bürger aus Röderau fragt nach der möglichen Lärmbelästigung durch den Schwimmbagger und die Förderbänder. Denn er würde dann mit seiner Familie unmittelbar neben dem neuen Kiessee wohnen.

Pollmer sprach von einer emotional aufgeladenen Diskussion, die es momentan bei den Einwohnern in Röderau und Bobersen gebe. "Das müssen wir berücksichtigen", sagte er. Und auch sein Stellvertreter Dieter Wamser (BIG Zeithain) plädierte dafür, das Naherholungsgebiet um das Röderauer Waldbad zu erhalten.

Doch so einfach ist das nicht. Denn für den jetzigen Baggersee (Abbaufeld 4) sowie die noch ausstehenden Abbaufelder 3 (bei Röderau) und 2 (bei Bobersen) gibt es bereits seit etwa zwei Jahrzehnten einen Planfeststellungsbeschluss. Und der ist rechtlich bindend. Darüber ließ Thomas Steglich, der Geschäftsführer des Zeithainer Holcim-Kieswerks, keinen Zweifel.

"Wir haben Abbaurecht und eine Baugenehmigung", sagte er. Wenn der Grunderwerb nicht zustande komme, würde Holcim notfalls auch gerichtlich dagegen vorgehen. "Das ist das letzte Mittel, das ich gern verhindern würde", so Steglich. Denn es koste nur unnötig Zeit und Geld für Anwälte.

Er verwies darauf, dass es ohnehin nicht zu einem Rechtsstreit zwischen Holcim und Zeithain kommen würde, sondern zwischen der Gemeinde und dem Freistaat Sachsen. Denn dieser habe das Abbaurecht erteilt.

Steglich, der seit 1995 das Kieswerk Zeithain leitet und seit 1997 selbst mit seiner Familie in der Gemeinde lebt, vermied aber weitere Drohgebärden. "Ich kann mir gut vorstellen, dass es Sorgen gibt", sagte er. "Aber in den letzten Jahren ist niemand zu uns gekommen, um darüber zu sprechen." Er machte das Angebot, sich regelmäßig mit Anwohnern zu treffen und über den Abbau-Fortschritt zu informieren.

Es sei klar, dass so ein großer Konzern wie Holcim auf einen möglichen Rechtsstreit gut vorbereitet ist, sagte Pollmer. Dennoch sehe er es als Bürgermeister für seine Aufgabe an, auf die Bedenken der Einwohner einzugehen. Trotz eines Planfeststellungsbeschlusses.

CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Wagner appellierte an alle Ausschussmitglieder, nicht unüberlegt in die "Falle" eines Rechtsstreites zu tappen. Der Planfeststellungsbeschluss sei ein abgeschlossenes Verfahren und gelte 45 Jahre. Das habe er sich von der Rechtsaufsicht des Landkreises Meißen bestätigen lassen.

Chance auf Erfolg einer Klage?

Auch Martina Georgi (ebenfalls CDU) räumt einem Rechtsstreit gegen die Erweiterung des Kiestagebaus keine Chance ein. Zudem findet sie die Aussicht, dass der jetzige Baggersee wieder verfüllt und aufgeforstet wird und das Abbaufeld 3 nach seiner Nutzung zum Bade- und Erholungssee gestaltet werden soll, viel attraktiver als den momentanen Zustand des ehemaligen Waldbads. Außerdem würden bei dieser Gelegenheit die Reste des alten Betonwerks entsorgt. "Das kriegen wir als Gemeinde alleine nicht gebacken", sagte sie.

Dieter Wamser sieht dagegen gute Ansätze für einen erfolgreichen Rechtsstreit. Das Bundesberggesetz § 18 sehe die Möglichkeit eines Widerrufs vor. "Wir sind gerade dabei, es zu prüfen", so der Vorsitzende der BIG Zeithain.

Martina Georgi und auch andere Mitglieder des Zeithainer Verwaltungsausschusses machten den Vorschlag, dass Holcim seine Pläne für den weiteren Kiesabbau und die anschließende Renaturierung noch einmal vorstellen soll. Nicht in einer Gemeinderatssitzung, sondern auf einer öffentlichen Einwohnerversammlung, zu der möglichst zeitnah eingeladen werden soll.

Bürgermeister Pollmer will dazu auch weitere Fachleute einladen, die über die Auswirkungen des Kiesabbaus auf Natur und Umwelt Auskunft geben können. So soll eine Podiumsdiskussion entstehen, an deren Ende sich die Verwaltung ein Meinungsbild erhofft.

Für diese Einwohnerversammlung wird noch ein unabhängiger Moderator gesucht. Wagner schlug dafür Pollmer vor. Schließlich müsse ein Bürgermeister neutral sein. Pollmer lehnte ab.