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AfD-Spitzenkandidat Krah legt Bystron Verzicht auf Wahlkampfauftritte nahe

An diesem Donnerstag soll sich der AfD-Abgeordnete Bystron gegenüber seiner Parteispitze erklären. Ein Zeitungsbericht bringt ihn in Zusammenhang mit prorussischer Propaganda und Geldzahlungen.

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Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron soll seiner Partei Auskunft über Vorwürfe im Zusammenhang mit russischen Desinformationskampagnen gegen ihn geben.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron soll seiner Partei Auskunft über Vorwürfe im Zusammenhang mit russischen Desinformationskampagnen gegen ihn geben. © dpa

Prag/Berlin. In der Affäre um angebliche Geldzahlungen aus Russland wird dem AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron in der Partei nahegelegt, auf Auftritte im Europawahlkampf vorerst zu verzichten. "Petr Bystron sollte bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe keine Wahlkampfauftritte absolvieren", sagte der AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Maximilian Krah, der "Welt". Bystron kandidiert bei der Abstimmung am 9. Juni auf Platz zwei der AfD-Liste.

Bis zu diesem Donnerstag soll er der Parteispitze eine schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen geben. Die Frist hatte ihm Bundesgeschäftsführer Hans-Holger Malcomeß in einem Schreiben am Mittwoch gesetzt.

Dabei nimmt die Parteiführung unter anderem Bezug auf einen Bericht über eine Audioaufzeichnung, die Bystron angeblich belasten soll. Die tschechische Zeitung "Denik N" hatte berichtet, Bystron stehe im Verdacht, mit der prorussischen Internetplattform "Voice of Europe" in Kontakt gestanden zu haben, die das Prager Kabinett vergangene Woche auf die nationale Sanktionsliste gesetzt hatte. Möglicherweise habe er auch Geld entgegengenommen. Auf der Kabinettssitzung soll Bystrons Name gefallen sein, wie die Zeitung unter Berufung auf mehrere Minister berichtete. Ein nicht genanntes Regierungsmitglied sagte demnach mit Bezug auf Bystron unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst BIS: "Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen."

Das Portal "Voice of Europe" hatte unter anderem Interviews mit dem sächsischen AfD-Politiker Maximilian Krah veröffentlicht.
Das Portal "Voice of Europe" hatte unter anderem Interviews mit dem sächsischen AfD-Politiker Maximilian Krah veröffentlicht. © dpa

Bystron: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen"

Bystron hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt, es handele sich "um unbewiesene Anschuldigungen und Behauptungen". Und: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte er: "Ich habe kein Geld angenommen, um prorussische Positionen zu vertreten." Am kommenden Montag soll es ein persönliches Gespräch zwischen ihm, den Parteivorsitzenden und ihren Stellvertretern geben.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sagte den Funke-Zeitungen: "Dass es unter den AfD-Spitzenvertretern solche gibt, deren Russland-Liebe weiter geht, als es als deutscher Abgeordneter politisch vertretbar ist, ist bekannt." Wenn die Berichte über illegale Machenschaften stimmen sollten, werde Bystron die Konsequenzen eines funktionierenden Rechtsstaates spüren. "Es wäre sicherlich hilfreich und ratsam, wenn er selber beziehungsweise seine Partei diesen Sachverhalt selbst aufklären würden."

Sorgen vor Kreml-Propaganda in Deutschland

Die Enttarnung des prorussischen Netzwerks in Europa schürt Sorgen vor Kreml-Propaganda auch in Deutschland. "Auch die Bundesrepublik Deutschland bleibt weiterhin ein wichtiges Ziel russischer Einflussbemühungen", erklärte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Donnerstag auf Anfrage. Die tschechische Regierung hatte zuvor Sanktionen gegen die Betreiber der Internetseite "Voice of Europe" verhängt, weil diese Teil einer russischen Einflussoperation sei. Deren Ziel sei es, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage zu stellen.

"Wieder sehen wir das massive Ausmaß der Lügen und der Desinformation, mit dem Putins Regime das Vertrauen in unsere Demokratie erschüttern, Wut schüren und die öffentliche Meinung manipulieren will", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in der vergangenen Woche dem "Spiegel". "Diese Versuche der Einflussnahme zielen gerade auch auf Deutschland." Die Ministerin sprach von einem "wichtigen Schlag gegen den russischen Propaganda-Apparat". Es sei "wichtig, dass diese Einflussoperation vor der Europawahl aufgedeckt wurde", sagte die SPD-Politikerin.

Auch in Polen gab es Durchsuchungen in Zusammenhang mit der Enttarnung eines prorussischen Netzwerks. Wie der Inlandsgeheimdienst ABW am Donnerstag mitteilte, wurden bei der Aktion am Vortag in Warschau und der schlesischen Stadt Tychy 48.500 Euro und 36.000 Dollar (33.303 Euro) sichergestellt. Es gehe um Aktivitäten zur Organisation prorussischer Initiativen und Medienkampagnen in EU-Ländern. Zweck dieser Kampagne war es demnach, die außenpolitischen Ziele des Kremls umzusetzen.

Oligarch Viktor Medwedtschuk
Oligarch Viktor Medwedtschuk © Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Von den tschechischen Sanktionen betroffen ist unter anderem der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt. Die Zeitung "Denik N" berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Einfluss-Netzwerk seien bei Besuchen in Prag auch Gelder in bar an Politiker aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn gezahlt worden.

Zu Zahlungen an deutsche Politiker äußerte sich das Bundesinnenministerium nicht. Die Sprecherin bestätigte nur, dass länderübergreifende Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden "eine russische Einflussoperation gegen das Europäische Parlament aufgedeckt" habe. Das Netzwerk um den ebenfalls mit tschechischen Sanktionen belegten ukrainischen Staatsangehörigen Artjom Machewskyj übe "im Auftrag Russlands illegitimen Einfluss auf das Europäische Parlament aus. Dazu benutzt es Politikerinnen und Politiker aus mehreren europäischen Ländern und stellt erhebliche Geldmittel zur Verfügung."

Interviews mit AfD-Politikern - auch Maximilian Krah

Das Portal hatte unter anderem Interviews mit den AfD-Politikern Maximilian Krah und Petr Bystron verbreitet, die Platz eins und zwei auf der AfD-Liste zur Europawahl einnehmen. Faeser sagte dazu: "Dass selbst führende AfD-Politiker immer wieder auf dem Desinformationsportal auftauchten, zeigt: Die Putin-Freunde der AfD lassen sich hier immer wieder einspannen und zum Teil des russischen Propaganda-Apparats machen."

Der sächsische AfD-Spitzenpolitiker und Europaparlamentarier Maximilian Krah teilte dem "Spiegel" mit, er habe "Voice of Europe" zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag. "Geld habe ich dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich, noch für die Partei." Auch das Hotel habe er selbst bezahlt. Medwedtschuk und Machewskyj kenne er aus unterschiedlichen Kontexten, erklärte Krah laut "Spiegel" weiter. Auch von ihnen habe er "nie Geld oder geldwerte Leistungen angenommen".

Krahs Büroleiter Jörg Sobolewski bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Aussagen, dass Krah kein Geld für die Interviews bekommen habe. Bei Interviewanfragen behandele man alle Medien gleich: Die Gespräche würden gemacht, sofern Zeit dafür sei, unabhängig von der politischen Ausrichtung des Mediums. Sobolewski bestätigte auch, dass Krah und Medwedtschuk miteinander bekannt seien.

Das Bundesinnenministerium erklärte indes: "Dieser Fall ist ein weiteres Beispiel für die umfangreichen und breit gefächerten Einflussaktivitäten Russlands. Russland hat in den vergangenen Jahren ein komplexes Netzwerk aus Einflussakteuren und -instrumenten aufgebaut, auf das es zurückgreifen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Einflussaktivitäten vor allem darauf abzielen, Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Kompetenz europäischer Institutionen zu untergraben und vorhandene Spaltungspotenziale in der Gesellschaft zu vertiefen." Die deutschen Sicherheitsbehörden würden weiter alles unternehmen, um die Einflussoperationen aufzuklären und zu unterbinden. (dpa)