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Abschiebefall Faisal R.: Landratsamt Bautzen sieht Grenzen verletzt

Die aus dem Gesundheitsamt Hoyerswerda erfolgte Abschiebung eines Pakistaners beschäftigt die Behörden noch immer. Nun sieht es doch so aus, als sei dem Mann eine Falle gestellt worden.

Von Ulrich Wolf
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Die Abschiebung des Pakistaners Faisal R. in Hoyerswerda ist umstritten.
Die Abschiebung des Pakistaners Faisal R. in Hoyerswerda ist umstritten. © dpa/Michael Kappeler

Bautzen/Hoyerswerda. Das Landratsamt Bautzen zieht Konsequenzen aus der Abschiebung des Pakistaners Faisal R. in Hoyerswerda. Der für das Gesundheitsamt zuständige Erste Beigeordnete im Landratsamt Bautzen, Jörg Szewczyk, teilte mit, um Vertrauen wiederherzustellen, werde man künftig Termine für Asylsuchende ausschließlich schriftlich und direkt an die Betroffenen kommunizieren. "Meine klare Botschaft: Niemand muss Angst vor einem Termin im Gesundheitsamt haben."

Der pakistanische Asylbewerber Faisal R. war Mitte Juni am Gesundheitsamt in Hoyerswerda von der Polizei erwartet und zur Abschiebung mitgenommen worden. Während an der Rechtmäßigkeit der Rückführung wenig Zweifel bestehen, sind die Umstände zwischen den involvierten Behörden umstritten und zum Politikum geworden. Szewczyk betonte, das Gesundheitsamt "hat weder einen bestehenden Termin verraten, noch an der Fingierung eines solchen Termins mitgewirkt".

Awo-Mitarbeiterin bittet um einen Termin für Faisal R.

Nach seinen Angaben rief eine Mitarbeiterin der Arbeiterwohlfahrt (Awo), die das Heim betreibt, in dem Faisal R. gemeldet war, am 9. Juni eine Beschäftigte des Gesundheitsamts an, die im Urlaub war. Dieses Telefonat hätten zwei Polizisten, die zur Planung der Abschiebung von Faisal R. just zu diesem Zeitpunkt im Heim waren, mit angehört; der Lautsprecher sei eingeschaltet gewesen.

Die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes sei in dem Telefonat gebeten worden, einen Termin für Faisal R. zu bestimmen. Nach Rücksprache mit einer Kollegin seien beide übereingekommen, dass das Gesundheitsamt bei so etwas nicht mitmacht. Das sei der Awo "auch in deutlichen Worten mitgeteilt" worden.

Eine Mitarbeiterin der Awo Lausitz hat den inzwischen abgeschobenen Pakistaner Faisal R. über den Termin auf dem Gesundheitsamt informiert.
Eine Mitarbeiterin der Awo Lausitz hat den inzwischen abgeschobenen Pakistaner Faisal R. über den Termin auf dem Gesundheitsamt informiert. © SZ-Archiv: Oliver Killig

Dennoch informierte eine Awo-Beschäftigte Faisal R. via E-Mail über einen Termin zur Blutabnahme auf dem Gesundheitsamt. Am Abschiebetag, dem 13. Juni, kontaktierte die Awo nach Darstellung von Szewczyk, erneut das Gesundheitsamt und bat darum, bei Erscheinen des Pakistaners die Polizei zu rufen.

Die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes habe das abgelehnt. Es sei sogar "die sonst geöffnete Tür zum Amt direkt nach dem Telefonat verschlossen worden". Nachdem Faisal R. 20 Minuten nach dem vermeintlichen Termin nicht erschienen war, sei die Tür wieder geöffnet worden. Der Pakistaner sei dann doch noch gekommen und "von der vor dem Amt wartenden Polizei aufgegriffen" worden.

Innenministerium: Polizei hat zufällig vom Termin erfahren

Zuvor hatten die für die Abschiebung zuständige Landesdirektion Sachsen, die Awo Lausitz und das Innenministerium betont, die Polizei habe zufällig von dem Termin des Pakistaners auf dem Gesundheitsamt erfahren. Es habe keine gemeinsame Idee von Polizei und Awo gegeben, einen Termin zu fingieren, hieß es. Die Landesärztekammer und die Stadt Hoyerswerda hingegen hatten vor einem Vertrauensverlust gewarnt.

Nach Angaben des Sächsischen Flüchtlingsrates (SFR) lebte Faisal R. seit 2015 in Deutschland und war gut integriert. In einer Pressemitteilung hatte der SFR dem Landratsamt Bautzen indirekt unterstellt, den Termin auf dem Gesundheitsamt fingiert zu haben. Der Flüchtlingsrat habe diese Darstellung inzwischen jedoch korrigiert, heißt es aus Bautzen. Das Gremium habe jedoch "mit seinem Vorgehen den Asylsuchenden einen Bärendienst erwiesen". Derzeit sagten Asylbewerber reihenweise ihre Termine beim Gesundheitsamt ab.

Kaum Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebung

Die Abschiebung von Faisal R. war nach Auffassung des Landratsamts "ausländerrechtlich korrekt". Faisal R. habe Termine zur Verlängerung der Duldung nicht mehr wahrgenommen, er sei im Heim nicht mehr anzutreffen gewesen und ein durch seinen Bevollmächtigten angestrengtes Eilverfahren am Tag der Abschiebung habe keinen Erfolg gehabt. Das Ausländeramt hätte den Pakistaner "aufgrund von fehlender Mitwirkung bei der Ausreise sanktioniert und die Leistungen gekürzt". Auch für die Landesdirektion Sachsen war der Pakistaner nach seiner erfolglosen Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrags seit 2018 ausreisepflichtig. Er sei zudem "über insgesamt mehr als vier Monate untergetaucht" gewesen.

Die AfD begrüßte die Abschiebung und stellte auch die Art und Weise nicht infrage. Die Landtagsfraktion der Bündnisgrünen hingegen schickte dem Innenministerium einen Fragenkatalog. Auch die Linksfraktion möchte offiziell wissen, wie die Polizei von dem Termin auf dem Gesundheitsamt erfuhr und wer dafür verantwortlich war.