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Flüchtlingsretterin Rackete kandidiert für Sachsens Linke bei Europawahl

Im Jahr 2019 stritt Carola Rackete mit der italienischen Regierung um Flüchtlinge - das machte sie deutschlandweit bekannt. Nun will sie für die sächsische Linke ins EU-Parlament nach Brüssel.

Von Thilo Alexe
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Carola Rackete will für den sächsischen Linkenverband nach Brüssel.
Carola Rackete will für den sächsischen Linkenverband nach Brüssel. © dpa

Berlin. Die Überraschung scheint geglückt. Als Carola Rackete am Montag im Presseraum des Berliner Karl-Liebknecht-Hauses das Wort ergreift, sagt sie, viele hätten nicht erwartet, sie hier, in der Parteizentrale der Linken, zu sehen. "Ich auch nicht", fügt sie hinzu. Um dann auszuführen, wie sehr Klimaschutz ins Europäische Parlament gehört, mit der Linken und mit ihr.

Carola Rackete will für die Linke nach Brüssel, genauer gesagt für die sächsische Linke. Die Aktivistin, die als Kapitänin in der Flüchtlingsrettung auf dem Mittelmeer bekannt wurde, soll Nachfolgerin von Cornelia Ernst werden. Die Dresdner Abgeordnete kandidiert nach 15 Jahren im EU-Parlament nicht mehr und zeigt sich „sehr glücklich“ mit Racketes Kandidatur.

"Ich bin Naturschutzökologin, ich habe freiwillig in der Seenotrettung ausgeholfen", sagt Rackete auf Nachfrage. Vor und nach ihrem Engagement zur Rettung Geflüchteter sei sei neun Mal für Forschungsprojekte in der Antarktis gewesen. "Es ist ganz klar, dass ich im Umweltausschuss arbeiten möchte." Rackete kandidiert für den zweiten Platz der Linkenliste.

Der sächsische Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt hat den Vorschlag begrüßt und bezeichnete die Vorschläge als "sehr gut".

Die angehende Abgeordnete, die 2019 als Kapitänin die "Sea-Watch 3" mit rund 40 im Mittelmeer geretteten und versorgungsbedürftigen Migranten an Bord ohne Erlaubnis der Behörden in den italienischen Hafen Lampedusa steuerte, betont die Ökologie. Doch sie will auch Ansprechpartnerin sein für "Bewegungsakteure" bei den Themen Migration und Klimagerechtigkeit.

Noch ein Promi an der Spitze

Die parteilose Rackete ist nicht die einzige Prominente in der Europariege der Linken, die nicht aus dem Politikbetrieb kommt. Die Parteispitze präsentiert zudem für den vierten Listenplatz Gerhard Trabert. Der Arzt, der sich für Arme engagiert, war bereits parteiloser Kandidat für die Linke bei der Bundespräsidentenwahl. Das Spitzenteam führt, falls ein Parteitag im November erwartungsgemäß den Plan bestätigt, erneut Parteichef Martin Schirdewan an. Auch die EU-Abgeordnete Özlem Demirel gehört wieder dazu.

Doch im Fokus steht vor allem Rackete. Das ist von der Linken wohl auch so gewollt. Den Schlagzeilen um eine mögliche Abspaltung Sahra Wagenknechts und ihrer Anhänger will die Partei etwas entgegensetzen: eine prominente Frau, die die Linke für die Klimabewegung öffnen soll.


Carola Rackete (l) mit Janine Wissler, Bundesparteivorsitzende der Partei Die Linke.
Carola Rackete (l) mit Janine Wissler, Bundesparteivorsitzende der Partei Die Linke. © dpa

Die Naturschützerin sieht sich als Bindeglied zwischen Parlament, Partei und außerparlamentarischen Strömungen. "Überall, wo ich engagiert war", sagt Rackete, "wurde mir aber immer wieder bewusst, dass uns die Unterstützung einer starken parlamentarischen Linken fehlt". Das will sie ändern.

"Die Klimakrise ist die größte Gerechtigkeitskrise der Welt", sagt Rackete. Zudem spricht sie davon, dass sich die Linke verändern müsse, etwa "indem sie inspirierende Personen aus lokalen Initiativen gewinnt". Die Partei solle antifaschistische und antirassistische Positionen einnehmen und ihren Abgeordneten Nebeneinkünfte verbieten. In der Ukraine müsse "die Perspektive der Betroffenen im Zentrum stehen". Kein Zweifel: Rackete schlägt andere Töne an als Wagenknecht – und spricht damit auch ein anderes Klientel an.

Wie sie damit im Osten ankommt? Die sächsischen Linkenchefs Susanne Schaper und Stefan Hartmann empfehlen dem Landesverband jedenfalls die Unterstützung Racketes für die Wahl 2024. Sie selbst sieht ökologische Krisen als Folge "der rücksichtslosen Ausbeutung unserer Natur für Profite". Ganze Regionen "am Rand der neoliberalen Märkte vom Osten Deutschlands bis in den globalen Süden" seien gefährdet – das sei auch ein Grund für ihr Engagement in Sachsen.