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G wie Görlitz statt Gustav?

Ist bald Schluss mit "C wie Cäsar", "G wie Gustav" und "Z wie Zeppelin"? Eine neue DIN-Norm könnte auch einige Städte aus Sachsen in aller Munde bringen.

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Eine Buchstabiertafel aus einem Potsdamer Telefonbuch aus dem Jahr 1964.
Eine Buchstabiertafel aus einem Potsdamer Telefonbuch aus dem Jahr 1964. © Christoph Soeder/dpa

Berlin. "Berlin" statt "Berta", "Cottbus" statt "Cäsar" und "Görlitz" statt "Gustav"? 26 Städte in Deutschland können sich über die mögliche Aufnahme ihres Namens ins Buchstabier-Alphabet der Verwaltung freuen, darunter acht Städte aus den ostdeutschen Bundesländern und die Region Vogtland.

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet an einer neuen Fassung der Buchstabiertafel für Wirtschaft und Verwaltung mit Orts- statt Vornamen. Die DIN 5009 regelt, mit welchen Worten beim Diktieren Buchstaben verdeutlicht werden. Sie wird vor allem in Wirtschaft und Verwaltung genutzt, Rettungsdienste, Polizei oder Luftfahrt sind nicht betroffen. Verpflichtend ist die Nutzung nicht, sie kommt aber in Ausbildung und Lehrbüchern vor.

16 Männer- und nur sechs Frauennamen

Bislang werden vor allem Vornamen ("D wie Dora", "E wie Emil") genutzt - und zwar 16 Männer- und nur sechs Frauennamen. "Das entspricht nicht der heutigen Lebensrealität", teilte das Institut mit. Es sei nicht möglich, alle relevanten ethnischen und religiösen Gruppen und dann auch noch geschlechtergerecht ausgewogen darzustellen. Städtenamen seien ein guter Kompromiss.

In dem Entwurf setzt man vor allem auf Orte, die ein Autokennzeichen mit einem Buchstaben haben. Man habe versucht, alte und neue Bundesländer ausgleichend auszuwählen. Cottbus (für C) und Chemnitz (für CH), Görlitz, Jena, Leipzig, Potsdam, Schwerin (für Sch) und Zwickau vertreten im Entwurf die Bundesländer im Osten. Dazu kommt mit "Vogtland" die einzige Region unter den Bezeichnungen und auch Berlin beim Buchstaben B. Sachsen-Anhalt, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Bremen und Hamburg gehen nach derzeitigem Stand leer aus.

Bei "Eszett" und "Ypsilon" bleibt es bei der einfachen Bezeichnung der Buchstaben. Die Umlaute heißen nicht mehr "Ärger", "Ökonom" und "Übermut", sondern Umlaut-A, Umlaut-O und Umlaut-U.

Relikte aus der Zeit der Nationalsozialisten

Viele Städte zeigten sich erfreut: "Vom damit verbundenen Bekanntheitsgrad würden wir als vergleichsweise kleine Stadt besonders profitieren", hieß es aus Tübingen, das künftig für "T" stehen könnte.

Das DIN arbeitet schon seit vergangenem Herbst an den neuen Diktierregeln. Ausgelöst hat die Reform Michael Blume, Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter. Ihn stört, dass in der aktuellen Tafel noch immer Relikte aus der Zeit der Nationalsozialisten stecken. Die hatten 1934 alle jüdischen Namen entfernt: Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol, aus Samuel Siegfried. Zwar wurde die Tafel nach 1945 einige Male überarbeitet. Doch Nathan blieb draußen, Nordpol drin - jetzt könnte daraus Nürnberg werden. Die Stadt teilte mit, gerade aus der Geschichte der Stadt heraus begrüße man den Vorstoß.

Die Ende Juli vorgestellte Fassung mit den Ortsnamen ist ein Entwurf, Interessierte können sich noch mit Ideen und Kommentaren an das Deutsche Institut für Normung wenden. Die endgültige Fassung wird Mitte 2022 erwartet. (dpa)