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Gut Pesterwitz feiert heiße Premiere

Im November steigt die Nachfrage nach Glühwein. Sachsens Winzer sind im Rekordjahr gut darauf vorbereitet – und läuten die Saison zünftig ein.

Von Gabriele Fleischer
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Marcel Jäpel vom Gut Pesterwitz (l.)  bringt Wein und Gewürze zu  Jens Guhr von der Kelterei Hellerauer Fruchtsäfte. Daraus wird Winzerglühwein.
Marcel Jäpel vom Gut Pesterwitz (l.) bringt Wein und Gewürze zu Jens Guhr von der Kelterei Hellerauer Fruchtsäfte. Daraus wird Winzerglühwein. © Christian Juppe

In der Kelterei "Hellerauer Fruchtsäfte" im Norden von Dresden wird noch einmal Apfelsaft abgefüllt. Doch die Obstsaison geht zu Ende. Inhaber Jens Guhr stellt die Anlage auf die Angebote in der kalten Jahreszeit um. Unter anderem lässt er die Abfüllanlage für Winzerglühwein von Gut Pesterwitz laufen. Marcel Jäpel, Mitglied der Pesterwitzer Guts-Familie, hat den Rebensaft, der im Weingut Schuh gekeltert wurde, bereits nach Hellerau gebracht.

Roséglühwein ist die neue Kreation aus Pesterwitz

Müller-Thurgau für den weißen sowie Regent und Dornfelder für den roten Glühwein. Jeweils etwa 3.000 Flaschen werden davon abgefüllt und zurück nach Pesterwitz in den dortigen Hofladen gebracht. Ein Teil wird auch auf Märkten ausgeschenkt. Und in diesem Jahr gibt es noch eine besondere Premiere.

Wegen der guten Weinsaison, die dem Pesterwitzern 70 Tonnen Trauben bescherte und damit fast 30 Tonnen mehr als in anderen Jahren, wird erstmals ein Winzer-Roséglühwein kreiert. Dafür wird bis 17. November Wein der Sorten Goldriesling und Regent nach Hellerau geliefert. 4.000 Flaschen sollen davon abgefüllt werden.

Seniorchef Lars Folde ist gespannt, wie die neue Sorte angenommen wird. Wie die beiden anderen Winzerglühweine soll auch der in der 0,75-Liter-Flasche 7,50 Euro kosten. Während des Weihnachtsbaumverkaufs ab 28. November ist neben dem Verkauf im Hofladen montags bis freitags 9 bis 17 Uhr sowie sonnabends bis 14 Uhr Ausschank geplant.

Sternanis und Vanille gehören mit in den Glühwein

Doch ehe der Neue zur Verkostung bereitsteht, durchläuft er den gleichen Weg wie die anderen Rebensäfte, die zu Glühweinen werden. Aus 1.000-Liter-Tanks fließt der Wein in der Hellerauer Kelterei in einen sogenannten Ansatzbehälter mit Rührwerk. Hier kommen Gewürze und ein wenig Zucker in den Rebensaft.

Dann wird das Gebräu auf 60 Grad erhitzt und gelangt über Rohrleitungen in die Flaschen, die dann vor dem Abtransport noch verschlossen und etikettiert werden.

Für den Glühwein braucht es die richtigen Gewürze wie Schalen von Orangen und Zitronen, Nelken, Zimtstangen, Sternanis und Vanilleschoten.
Für den Glühwein braucht es die richtigen Gewürze wie Schalen von Orangen und Zitronen, Nelken, Zimtstangen, Sternanis und Vanilleschoten. © Christian Juppe

Jeder Glühwein hat dabei seine eigene Note. Auch wenn für Gut Pesterwitz die Gewürze schon in Konzentraten vorgemischt sind, weiß Marcel Jäpel, was den Geschmack eines guten Glühweins ausmacht: Nelken, Sternanis, Zimt, Zitronen- und Orangenschale sowie Vanillestange gehören für ihn in den Wein.

Zu viel Gewürz im Glühwein ruiniert den Genuss

Doch Vorsicht: Gewürze können den Geschmack auch verderben. Das Deutsche Weininstitut hat ein paar Regeln parat: „Zu viel Gewürznelke macht den Glühwein ungenießbar. Zimt, Sternanis und Piment können bei zu hoher Konzentration die Fruchtaromen des Weins überdecken.“

Und auch beim Süßen sollte man eher zurückhaltend sein, heißt es. Fingerspitzengefühl ist also bei der Mischung angesagt. Beim Erwärmen gilt die Regel: Der Wein darf nicht sieden. Dabei gehen laut Weininstitut die Aromen verloren. Zudem können sich Bitterstoffe entwickeln. Und ab 78 Grad würde der Alkohol entweichen.

Jetzt fehlt nur noch der Rosé. Die anderen Glühweine von Gut Pesterwitz und der Kelterei Hellerauer Fruchtsäfte stehen für die kalte Jahreszeit schon bereit.
Jetzt fehlt nur noch der Rosé. Die anderen Glühweine von Gut Pesterwitz und der Kelterei Hellerauer Fruchtsäfte stehen für die kalte Jahreszeit schon bereit. © Christian Juppe

Freude über die gute Ernte herrscht nicht nur bei Foldes. Immerhin hatten die zurückliegenden Monate im gesamten sächsischen Weinanbaugebiet gegenüber 2022 eine um etwa zehn Prozent höhere Trauben-Ausbeute gebracht.

Finale Erntemeldung liegt im Dezember vor

Weinbauverbandschef Felix Hößelbarth geht derzeit von mindestens 2,85 Millionen Liter aus. Möglicherweise wird das Rekordjahr 2016 mit damals 2,88 Millionen Liter auch noch übertroffen. Die finale Erntemeldung würde aber erst Anfang Dezember vorliegen, so Hößelbarth.

Ob Rekordjahr oder knapp daneben, bei den Radebeuler Winzern, die Glühwein anbieten, ist für den 24. November der Start in die neue Saison geplant. Eingeladen dazu sind Vertreter von Weingütern wie Wackerbarth, Drei Herren, Goldener Wagen, Haus Steinbach, Frédéric Fourré, Karl Friedrich Aust und Hoflößnitz.

Das Weingut Hoflößnitz lässt aus dafür zugekauften Müller-Thurgau und Riesling den weißen sowie aus Dornfelder und Cabernet Sauvignon den roten Glühwein herstellen. Vertriebschefin Susanne Lang spricht von 110.000 Litern weißen und 50.000 Litern roten Glühwein, der in Ein-Liter-Flaschen 8,50 Euro und in Drei-Liter-Boxen 24,50 Euro kostet.

Wackerbarth verwendet historisches Rezept

Neben dem Angebot eines alkoholfreien Glühwürmchen-Punsches führt das Staatsweingut mit „Wackerbarths Weiß & Heiß“ eine besondere Tradition fort. Wie Sprecher Martin Junge berichtet, hätte besagter Raugraf vor fast 190 Jahren das älteste bekannte Glühweinrezept Deutschlands notiert.

Dafür gab er unter anderem Safran, Anis und Granatapfel mit weißem Wein zusammen und erwärmte alles. Wiederentdeckt wurde das Rezept 2013 im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden. Angepasst an den heutigen Geschmack wird es heute bei Wackerbarth wiederverwendet.

„Heiß & Weiß“ ist wiederum ein Cuvée aus sächsischem Weißwein, unter anderem der Rebsorten Müller-Thurgau, Grau- und Weißburgunder sowie Riesling, dazu Traubensaft und Gewürze. Abgefüllt in der Obstkelterei Kurt Heide in Siebenlehn kostet die 0,75-Liter-Flasche 9,90 Euro.