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Grünes Gewölbe Dresden: Wert der Beute ist nicht bezifferbar

Am Mittwoch hat der ehemalige Chef des Grünen Gewölbes, Dirk Syndram, als Zeuge im zweiten Prozess zu dem Einbruch ausgesagt. Er hofft, dass auch der noch fehlende Schmuck wiederkehrt.

Von Alexander Schneider
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Tag 1 nach dem Einbruch ins Grüne Gewölbe Dresden: Der damalige Direktor des Grünen Gewölbes Dirk Syndram (Mitte) und Sachsens Kunstministerin Eva Maria Stange (SPD) besichtigen den abgesperrten Tatort am Dresdner Residenzschloss.
Tag 1 nach dem Einbruch ins Grüne Gewölbe Dresden: Der damalige Direktor des Grünen Gewölbes Dirk Syndram (Mitte) und Sachsens Kunstministerin Eva Maria Stange (SPD) besichtigen den abgesperrten Tatort am Dresdner Residenzschloss. © Ronald Bonß

Dresden. Dirk Syndram ist seit eineinhalb Jahren im Ruhestand, aber wenn er vom Grünen Gewölbe spricht, lässt er die Jahrhunderte sächsischer Macht-Preziosen aufleben wie eh und je. Der 68-jährige Kunsthistoriker war von 1993 bis 2022 Direktor des Grünen Gewölbes und sagt auch schon mal selbstbewusst „Ich bin das Grüne Gewölbe“. Am Mittwoch war der Professor Zeuge im Beihilfe-Prozess am Landgericht Dresden um den Einbruch vom 25. November 2019 in Syndrams Heiligtum.

Angeklagt ist ein 24-jähriger Spross des Berliner Remmo-Clans, Bruder von Bashir Remmo (27), der zusammen mit vier weiteren Verwandten im Mai 2023 als Haupttäter dieses spektakulären Bruchs verurteilt wurde.

Für das Gericht ist Syndrams Aussage wichtig, weil es sich von dem Fachmann eine genauere Einordnung der kunsthistorischen Bedeutung der Schmucksammlung Augusts des Starken und, im Idealfall gerne, eine Bezifferung des Werts der Beute erhofft.

Diamanten mehren die Macht sächsischer Herrscher

Um Ersteres musste man den Ruheständler nicht lange bitten. Aus dem Stand berichtet Syndram, wie es bei seiner Ankunft um die Sammlung bestellt war und wie er sie zurück an den Ursprungsort geholt sowie in das Neue und das Historische Grüne Gewölbe unterteilt habe. Er berichtete, wie es überhaupt dazu gekommen war, dass August der Starke seine schon Anfang des 18. Jahrhunderts beispiellose Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht habe – und wie die Sachsen-Herrscher mit ihren Schätzen ihre Macht vergrößert, also Politik gemacht hatten. Andere Herrscher hätten sich solche Garnituren nicht leisten können.

Die Fülle und die Vollständigkeit seien das Besondere der Sammlung. „Es sind Objekte, die es so auf dem Kunstmarkt nicht gibt“, sagte er – und daher gebe es auch keinen Wert. Wenn die Exponate als Leihgaben für Ausstellungen anderswo versichert wurden, habe man sich auf einen Wert geeinigt, auch da habe es das Problem gegeben, dass sich der Wert nicht habe beziffern lassen.

"Sie können es nicht wiederbeschaffen"

Der große Verlust bestehe darin, dass sie auseinandergerissen wurden: „Sie können es nicht wiederbeschaffen.“ Er hoffe weiter auf eine Möglichkeit, dass auch die noch fehlenden Beutestücke wiederkehren. Zu den Schäden konnte Syndram wenig sagen, er selbst habe davon aus der Zeitung erfahren.

Von den 21 erbeuteten Schmuckgarnituren wurden 18 im Dezember 2022 zurückgegeben. Die angeklagten Haupttäter hatten in ihrem Prozess damit die Voraussetzungen für eine Verfahrensabsprache, einen Deal, geschaffen. Zu den drei noch fehlenden Beutestücken gibt es bis heute keinen Hinweis.

Die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste fehlt
Die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste fehlt © Polizeidirektion Dresden

Für Syndram ist der größte Verlust der "Sächsische weiße Diamant" in einer Epaulette - einer Art Schulterbesatz. Belegt sei, dass Sachsens Kurfürst August der Starke Anfang des 18. Jahrhunderts 200.000 Taler für den einzigartigen Stein bezahlte. "Das waren zwei Tonnen Gold, die Frauenkirche hat 280.000 Taler gekostet." Was er jetzt kosten würde, sei nicht klar.

Ob der Prozess dabei hilft, dass die drei fehlenden Garnituren zurückkehren? Bislang jedenfalls sieht es danach nicht aus. Der Angeklagte, der seine Verwandten in der Nacht vor der Tat zu ihren Tatfahrzeugen gefahren und möglicherweise Zivilstreifen der Polizei abgelenkt haben soll, wurde in der zweimonatigen Beweisaufnahme mehr ent- als belastet. Im Juni wird ein Urteil erwartet.