Dresden/Leipzig. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vermisst noch immer ostdeutsche Positionen in den gesamtgesellschaftlichen Debatten. Auch Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung würden die Beiträge von Ostdeutschen viel zu wenig berücksichtigt, sagte Kretschmer der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag). Dabei könnten sie erwarten, "dass ihre Argumente ernst genommen werden".

Es brauche "mehr Breite in den Diskussionen". Menschen aus Ostdeutschland hätten seit dem Jahr 2000 zum Beispiel viele Ohnmachtserfahrungen gemacht. "Anstatt die ostdeutschen Positionen als Bereicherung zu begreifen, wird eine Einheitsmeinung formuliert. Falls man davon abweicht, muss man sich verteidigen", sagte Kretschmer. Die Ostdeutschen müssten sich aber im Diskurs wiederfinden, sonst seien sie anfällig für Populisten.

Kretschmer gegen Kiss

Die "Leipziger Volkszeitung" befragte in dem Interview auch den Autor Dirk Oschmann, der den Bestseller "Der Osten: eine westdeutsche Erfindung" geschrieben hatte. Seine teils provokanten Thesen sorgen seit Wochen für Diskussionen. Oschmann findet: "Es wird vieles nicht mehr unter den Teppich der westdeutschen Normalgeschichte gekehrt." Jedoch sei Deutschland "weit davon entfernt, die deutsch-deutsche Geschichte als gemeinsame Geschichte zu begreifen."

Der viel diskutierten Vier-Tage-Woche erteilt Kretschmer eine Absage: "Wir müssten mehr und nicht weniger arbeiten, um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen." In den neuen Bundesländern seien 40 Arbeitsstunden in der Woche "kein Problem". Die Diskussion über eine Vier-Tage-Woche sei "absurd". (epd)