Michael Kretschmer wünscht sich mehr Beschäftigte in Vollzeit. Mit Teilzeitarbeit lasse sich Deutschlands Wohlstand nicht halten, so die Begründung von Sachsens Ministerpräsident.

Das ist zu kurz gedacht. Denn ja, für Wohlstand muss gearbeitet werden. Allerdings spricht der Ministerpräsident immer nur über Lohnarbeit. Dabei ist die längst nicht die einzige Form von Arbeit, die es braucht. Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege von kranken Angehörigen: Auch das ist Arbeit, die wichtig für unseren Wohlstand ist. Auch, wenn sie oft nicht bezahlt wird.

Diese sogenannte Care-Arbeit wird in Deutschland immer noch vor allem von Frauen übernommen. Und Frauen machen auch den Großteil der Teilzeitbeschäftigten aus. Über ihre Arbeitsleistung und deren Notwendigkeit spricht der Ministerpräsident nicht. Doch wer, wie Kretschmer, mehr Vollzeit fordert, der verlangt vor allem von Frauen, noch mehr zu schaffen. Dabei sind viele, vor allem Mütter, schon jetzt am Limit.

Kretschmer hingegen erweckt mit seinen Aussagen den Eindruck, dass viele Bürgerinnen und Bürger einfach nicht mehr richtig arbeiten wollen. Freilich, es gibt sie: Junge Menschen, denen ihre Gesundheit und ein glückliches Privatleben wichtiger sind als Geld und beruflicher Erfolg um jeden Preis. Ihr nachhaltigerer Umgang mit den eigenen Ressourcen wird der Wirtschaft langfristig eher helfen als schaden.

Kretschmer wird diese Gruppe mit seinen Forderungen ohnehin nicht überzeugen. Stattdessen zieht er den Ärger vieler Bürgerinnen auf sich, die trotz Teilzeit beeindruckend viel leisten - unbezahlt.

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