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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Innenminister will schärfer gegen illegale Böller vorgehen + AfD-Chefin: Ab 2024 in Sachsen mitregieren + Viel mehr übervolle Klassen + Debatte um Kohleausstieg

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Sachsens Innenminister Armin Schuster spricht sich klar gegen ein Böllerverbot zu Silvester aus. Handlungsbedarf sieht er aber trotzdem.
Sachsens Innenminister Armin Schuster spricht sich klar gegen ein Böllerverbot zu Silvester aus. Handlungsbedarf sieht er aber trotzdem. © xcitepress

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Guten Morgen,

eine überflüssige Silvester-Ansprache gepaart mit peinlicher Unerfahrenheit in Social Media sind Gift für die Karriere von Politikern. Zumal wenn sie sich ohnehin schon vor längerer Zeit durch ungeschicktes Handeln selbst auf den letzten Millimeter der eigenen politischen "Abschussrampe" manövriert haben.

Bundesverteidigungsminister Christine Lambrecht ist so ein Fall, wo wirklich alles zusammenkommt. Da stellt sich die SPD-Ministerin am Silvester-Abend an einen viel befahrenen Platz und jammert und klagt über ihre ganz besonderen Erlebnisse zum Ende des Jahres 2022.

Ein, zwei oder vielleicht sogar drei Sekunden könnte – nein, man möchte – sogar noch denken, sie sei zu einem überraschenden, nächtlichen Blitzbesuch nach Kiew gereist, um an den grausamen Krieg in diesem Land zu erinnern. Laute, dumpfe Schläge wie Kriegsdonner im Hintergrund scheinen die dramatische Situation zu unterstreichen. Bis ein paar lustig-leuchtende Silvester-Raketen am Himmel allzu hohe Erwartungen an die Spitzenpolitikern hart erden. Frau Lambrecht steht mitten in Berlin, die Haare fliegen zerzaust durchs Gesicht, die Tonqualität ist miserabel. Und die Ministerin ist es auch.

Es gibt Bilder, die man nicht sehen möchte von Politikern. Die so unpassend sind, dass man sie (die Politiker) künftig einfach nicht mehr sehen möchte. Vielleicht wird sich mancher noch an den verliebt mit seiner Gräfin im Pool planschenden Rudolf Scharping erinnern, ebenfalls ein SPD-Bundesverteidigungsminister. Im Sommer 2001 ging er mit den Fotos auf der Titelseite eines Hochglanz-Magazins baden. Während die Bundeswehr vor einem schwierigen Einsatz in Mazedonien stand, bemühte sich Scharping, sein Image aufzupolieren mit seiner Turtelei im Badeurlaub auf Mallorca. Nun, er blieb nicht mehr allzu lang im Amt danach. Und das lag nicht am Amt.

Manchmal würde es schon helfen, nicht in jede Kamera hineinzulächeln und munter loszuplappern, nur weil gerade ein Video gedreht wird. Aber es gehört eben auch Willensstärke und Klugheit dazu, diesem reichen Verführungsangebot zu widerstehen.

Freuen wir uns also auf ein politisch ereignisreiches Jahr – hoffentlich friedlicher und ruhiger als das vergangene.

Das wünsche ich Ihnen und Ihren Familien,

herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Innenminister: Schärfer gegen illegale Böller vorgehen

Während in Berlin nach den dortigen Ausschreitungen über Böllerverbote oder die Ausweitung von Böllerverbotszonen diskutiert wird, ist Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) gegen strikte Regelungen. Die meisten Menschen würden verantwortungsvoll mit Feuerwerkskörpern zum Jahreswechsel umgehen. "Was wir aber besser im Blick haben müssen, ist die Verbreitung von illegalen Sprengmitteln. Sie richten jedes Jahr auch in Sachsen verheerenden Schaden an – von tragischen Unglücksfällen, die leider auch tödlich enden können, ganz zu schweigen", betont der Minister. Auch in Dresden gab es deutlich mehr Verletzte durch Böller als in den zwei Jahren zuvor. Zugleich verurteilt Schuster Angriffe auf Einsatzkräfte und Rettungsfahrzeuge. Dies zeuge von Respektlosigkeit. "Deshalb müssen die Tatverdächtigen schnell und wirkungsvoll strafrechtlich verfolgt werden. Auch sollte über den Einsatz von Dashcams bei der Feuerwehr nachgedacht werden."

Weidel: AfD will 2024 in Sachsen mitregieren

AfD-Parteichefin Alice Weidel sieht für ihre Partei - zehn Jahre nach deren Gründung - eine baldige Chance aufs Mitregieren, auch in Sachsen. 2024 werden in Sachsen, Brandenburg und Thüringen neue Landtage gewählt. "Das ist natürlich strategisch relevant, weil wir da die erste Regierungsverantwortung in einem ostdeutschen Bundesland avisieren", sagt Weidel im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Sie halte eine Regierungsbeteiligung "absolut für realistisch". In Sachsen repräsentierten AfD und CDU zusammen zwei Drittel der Wählerschaft. "Sich dem weiter zu verweigern, das kann man nicht ewig machen." Die CDU widerspricht aber vehement und auch ein Experte sieht für ein Bündnis schlechte Chancen.

Zahl der übervollen Klassen verdoppelt

Steigende Schülerzahlen kombiniert mit Lehrer- und Platzmangel sorgen vermehrt für übervolle Klassen in Sachsen. Nach Daten aus der Schulstatistik besuchen derzeit etwa 429.700 Kinder und Jugendliche eine allgemeinbildende Schule – das sind etwa 13.000 mehr als im vergangenen Schuljahr. Ein Großteil geht auf Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine zurück. Insgesamt wird die Obergrenze von 28 Kindern pro Klasse in sechs Klassen an Grundschulen, 50 an Oberschulen sowie 39 an Gymnasien überschritten - insgesamt etwa doppelt so viele wie 2021. Vor allem in den drei sächsischen Großstädten wird es eng.

Günther: Ökonomische Gründe für Kohleausstieg

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat mit seinem Statement zu einem früheren Kohleausstieg in Ostdeutschland eine Debatte in der sächsischen Landespolitik ausgelöst. Während Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) den Vorschlag via Bild-Zeitung kritisiert, kommt Unterstützung aus den eigenen Reihen. Die Leipziger Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta (Grüne) twittert: "Ostdeutschland sollte bei seiner Energieversorgung nicht die internationale Entwicklung weg von den Fossilen verschlafen. Das würde nur die Menschen hier einmal mehr am stärksten treffen." Kritik kommt hingegen von FDP und AfD.

Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther (Grüne) geht indes von einem früheren Ausstieg aus der Braunkohle aus. "Die Braunkohleverstromung in Mitteldeutschland und in der Lausitz wird aus ökonomischen Gründen deutlich vor 2038 enden. Die Unternehmen kommen an den Punkt, wo es sich einfach nicht mehr rechnet", sagt er. Das sei schon vor Beginn der aktuellen Energiepreiskrise klar absehbar gewesen. "Das gilt weiter nach der Überwindung der Krise."


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