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Habeck bringt früheres Braunkohle-Aus ins Gespräch - und erntet Kritik

Nach einem Vorstoß des Wirtschaftsministers zum Kohle-Ausstieg gibt es Widerspruch aus Sachsen. Ministerpräsident Kretschmer sieht ein Energieproblem in Deutschland.

Von Thilo Alexe
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Wirtschaftsminister Robert Habeck bringt 2030 für das Braunkohle-Aus im Osten ins Gespräch - allerdings nur "im Konsens".
Wirtschaftsminister Robert Habeck bringt 2030 für das Braunkohle-Aus im Osten ins Gespräch - allerdings nur "im Konsens". © dpa/Patrick Pleul

Aussagen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu einem früheren Kohleausstieg in Ostdeutschland lösen Debatten in der Landespolitik aus. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) reagierte im Gespräch mit der Bild-Zeitung mit Kritik. Er verstehe nicht, warum Habeck diese Diskussion eröffne. "Deutschland hat ein Energieproblem", sagte Kretschmer.

Habeck hatte in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur den um acht Jahre vorgezogenen Ausstieg 2030 ins Gespräch gebracht: "Das wird nicht par Ordre du Mufti entschieden werden, sondern es muss in einer breiten Allianz als guter Plan empfunden werden." Ein früheres Aus für den fossilen Energieträger müsse im Konsens vereinbart werden. Habeck verwies auf Nordrhein-Westfalen. Dort habe es weitgehenden Konsens für das Vorziehen auf 2030 gegeben. "In Ostdeutschland ist die Skepsis deutlich größer. Und dann muss man schauen, ob so eine Verabredung möglich ist", ergänzte der Minister.

Sachsens Grüne offen für Ideen

Kretschmer hielt dagegen und fordert Handeln an anderer Stelle: "Dringend notwendig ist zum jetzigen Zeitpunkt, neue Brennstäbe für die deutschen Atomkraftwerke zu bestellen."

Die Leipziger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Paula Piechotta, zeigte sich offen für Habecks Ideen. "Ostdeutschland sollte bei seiner Energieversorgung nicht die internationale Entwicklung weg von den Fossilen verschlafen. Das würde nur die Menschen hier einmal mehr am stärksten treffen", schrieb sie auf Twitter.

Skepsis kam dagegen von der FDP. Der Dresdner Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst sieht Deutschland von sicherer Grundversorgung ohne Braunkohle "noch weit entfernt": "Die vergangenen Monate zeigen eindrucksvoll, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus der Braunkohle verheerend für die Energie-Versorgungssicherheit in unserem Land wäre", twitterte er.

Kritik äußerte auch die AfD in Sachsens Landtag. "In Zeiten von massivem Strommangel unsere heimischen Kohlekraftwerke ausschalten zu wollen, ist Wahnsinn. Selbst der geplante Ausstieg 2038 ist noch viel zu zeitig", betonte der energiepolitische Fraktionssprecher Jan Zwerg.

Energieminister geht auf Distanz zu Kretschmer

Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther (Grüne) geht indes von einem früheren Ausstieg aus der Braunkohle aus. "Die Braunkohleverstromung in Mitteldeutschland und in der Lausitz wird aus ökonomischen Gründen deutlich vor 2038 enden. Die Unternehmen kommen an den Punkt, wo es sich einfach nicht mehr rechnet", sagte er am Montag. Das sei schon vor Beginn der aktuellen Energiepreiskrise klar absehbar gewesen. "Das gilt weiter nach der Überwindung der Krise." Günther vertritt damit eine andere Position als Kretschmer.

"Wenn Sachsen ein wirtschaftlich erfolgreiches Industrie- und Energieland bleiben soll, müssen wir diesen marktgetriebenen Kohleausstieg aktiv begleiten. Tun wir das nicht, droht Sachsen die Deindustrialisierung. Es geht um die Frage: Bleiben wir Energie- und Industrieland oder nicht", stellte Günther klar. Beim Kohleausstieg vor 2038 geht es nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie. "Die Kohle fliegt aus den Märkten. Der Kohleausstieg lässt sich aber politisch gestalten, damit er sozial gerecht ist und wirtschaftliche Perspektiven bietet."

Günther sieht für Sachsen zwei Großaufgaben: "Wir müssen die Erneuerbaren beschleunigt ausbauen, mit allen Kräften. Und wir müssen die Instrumente für den Strukturwandel an den marktgetriebenen Kohleausstieg anpassen." Er wolle, dass Sachsen ein Energie- und Industrieland bleibe und dass die Wirtschaft verlässlich auf sicheren, preiswerten Strom aus Erneuerbaren Energien bauen könne. "Und ich will, dass Sachsen die wirtschaftlichen Riesenchancen der Energiewende erntet - vom Handwerk bis zur sächsischen Solar- und Halbleiterindustrie." Ohne den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren drohe Sachsen der Verlust von Industrie.

"Unverändert gilt: Wir müssen auch aus klimaschutzpolitischen Gründen so schnell wie möglich raus aus der Kohle. Wir haben ein nationales Klimaschutzgesetz zu erfüllen", sagte Günther. (mit dpa)