Dresden
Merken

Silvester in Dresden: Zahl der Verletzten durch Böller steigt deutlich an

Verbrennungen im Gesicht, amputierte Finger: Dieses Jahr mussten auffallend viele Dresdner mit Böllerverletzungen im Krankenhaus behandelt werden. Die Hälfte war jünger als 18.

Von Moritz Schloms
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Ein Jugendlicher ist in Dresden bei einem Feuerwerk schwer verletzt worden. Die Operation am frühen Neujahrsmorgen dauerte mehrere Stunden.
Ein Jugendlicher ist in Dresden bei einem Feuerwerk schwer verletzt worden. Die Operation am frühen Neujahrsmorgen dauerte mehrere Stunden. © Sebastian Kahnert/dpa

Dresden. In Dresden hat es in der Silvesternacht mehr Böllerverletzungen gegeben als in den Jahren zuvor. Das teilte das Universitätsklinikum am Montag mit. Von Freitagmorgen bis Montagmorgen wurden dort in der Zentralen Notaufnahme insgesamt 20 Patienten mit Böllerverletzungen versorgt. Das ist eine Vervierfachung gegenüber der beiden letzten Jahre, in denen der Verkauf von Böllern verboten war. Sorgen macht dem Uniklinikum, dass die Anzahl der verletzten Kinder und Jugendlichen stark gestiegen ist.

Die Hälfte der verletzten Personen war demnach unter 18 Jahre alt, das jüngste Kind gerade einmal ein Jahr. Das passt ins Muster. Laut der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie sowie für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) sind die meisten Silvester-Patienten Männer, vor allem zwischen 15 und 30 Jahren sowie zwischen 50 und 60.

Ein Feuerwerkskörper detoniert anlässlich eines Pressetermins zu Silvesterfeuerwerk und illegaler Pyrotechnik auf dem Gelände des Landeskriminalamtes in Sachsen. Die Polizei warnte schon vor der Silvesternacht vor dem nachlässigen Umgang mit Böllern.
Ein Feuerwerkskörper detoniert anlässlich eines Pressetermins zu Silvesterfeuerwerk und illegaler Pyrotechnik auf dem Gelände des Landeskriminalamtes in Sachsen. Die Polizei warnte schon vor der Silvesternacht vor dem nachlässigen Umgang mit Böllern. ©  dpa/Sebastian Kahnert

Und noch immer kommen neue Fälle am Uniklinikum hinzu, auch wenn das Abbrennen von Feuerwerken nun wieder untersagt ist beziehungsweise beim Ordnungsamt beantragt werden muss. Am Montag wurde zum Beispiel ein Elfjähriger in die Kinderchirurgie gebracht. Er hatte einen Knaller auf der Straße gefunden und aufgehoben. Dieser explodierte in seiner rechten Hand. Der Junge musste noch am Montag operiert werden.

"Die letzten beiden Jahre gab es deutlich weniger Verletzungen an Silvester, das hat man gemerkt", sagt Professor Guido Fitze, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie am Uniklinikum.

Gesichtsverbrennungen, Handverletzungen, Knalltrauma

Insgesamt, berichtet die Klinik für Kinderchirurgie, wurden zu diesem Silvester herum neun Kinder im Alter von einem bis zwölf Jahren in der Zentralen Notaufnahme behandelt. Dabei handelte es sich um Verletzungen der Hände und der Kopf-Hals-Region.

Zwei dieser Kinder mussten stationär aufgenommen und operativ versorgt werden. Bei diesen Fällen handelte es sich um eine Handverletzung mit Teilamputationen von Fingern beziehungsweise um Verletzungen der Hals- und Gesichtsregion. Letztere wurden zusammen mit der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie versorgt.

Sekunden vor der Explosion: Diese Gummihand verdeutlicht, welche Schäden Böller bei falschem Gebrauch anrichten können.
Sekunden vor der Explosion: Diese Gummihand verdeutlicht, welche Schäden Böller bei falschem Gebrauch anrichten können. ©  dpa/Sebastian Kahnert

Unter den jugendlichen Patienten ab 16 Jahren erlitt einer schwerste Explosionsverletzungen an der Hand. Ein Handchirurg operierte ihn am Neujahrsmorgen über mehrere Stunden. Eine Teilamputation von Fingern war nötig.

Darüber hinaus gab es vier stationäre Aufnahmen von Schwerverletzten zur operativen Behandlung aufgrund von Verbrennungen des Gesichts und der Hände durch Feuerwerkskörper. Dies entspreche den typischen Verletzungsmustern zum Jahreswechsel, so das Klinikum.

Ein Jugendlicher muss an der Hand operiert werden

Schon vor Silvester gab es schwere Verletzungen durch Feuerwerkskörper. Anfang Dezember verletzte sich der 14-jährige Felix schwer. Seine linke Hand wurde durch einen unerwartet explodierten Knaller für immer entstellt. Mehrere Finger und Teile der Hand wurden abgerissen. Die anschließende Operation am Uniklinikum dauerte elf Stunden.

Erstmals seit Pandemiebeginn war das das private Abbrennen von Feuerwerken außerhalb des eigenen Gartens wieder erlaubt. Viele Dresdner nutzten das. Am ersten Tag des Verkaufs bildeten sich bei einem Händler schon um Mitternacht eine lange Schlange. Mehrere Händler berichteten, dass die Nachfrage nach Böllern und Raketen enorm gewesen sei.

Der Direktor der Klinik für Kinderchirurgie im Uniklinikum hatte schon vor Silvester die Befürchtung geäußert, dass viele Menschen Versäumtes nachholen wollen. Daher rechnete er für den Jahreswechsel mit besonders vielen Verletzungen. Die hohen Zahlen bestätigen nun seine Befürchtung.

Heranwachsende sind für ihr ganzes Lebens gezeichnet

Der Chirurg meint, ein Böllerverbot für private Feuerwerke könne durchaus sinnvoll sein. Noch wichtiger sei aber der richtige Umgang mit Feuerwerken: "Böller gehören nicht in Kinderhände." Der nicht sachgerechte Umgang mit Pyrotechnik, gerade von Jugendlichen und Kindern, sorge immer wieder für Probleme.

Das Problem sei, dass bei den Verletzungen, die die Jugendliche erleiden, oft Schäden entstehen, die "medizinisch nicht mehr rekonstruierbar sind" - also bleibend. Somit würden Heranwachsende für ihr ganzes Leben gezeichnet. Tatsächlich dürfen Kleinfeuerwerke zu Silvester nur von volljährigen Personen abgebrannt werden, betont die Stadtverwaltung.

Der 14-jährige Felix wird von Arzt Seyed-Arash Alawi am Universitätsklinikum Dresden untersucht.
Der 14-jährige Felix wird von Arzt Seyed-Arash Alawi am Universitätsklinikum Dresden untersucht. © Jürgen Lösel

Der 14-jährige Felix, der schon vor einigen Wochen operiert werden musste, würde dem Chirurgen wohl zustimmen. Gegenüber Sächsische.de hatte er vor Silvester gesagt: "Finger weg von Böllern, wenn Alkohol im Spiel ist!"

Nicht nur gegenüber den Corona-Jahren ist die Zahl der Silvester-Verletzungen gestiegen. Zum Jahreswechsel 2019/2020 mussten am Uniklinikum 16 Personen verarztet werden. Im Jahr davor waren es elf Menschen. Das Städtische Klinikum, zu dem die Krankenhäuser Friedrichstadt und Neustadt gehören, teilt die Beobachtung des Uniklinikums, dass diesmal mehr Personen mit Böllerverletzungen medizinisch versorgt werden mussten.