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Morgenlage in Sachsen: Grenzkontrollen; Neue Asylheime; Baustopp an Großprojekt

Stationäre Grenzkontrollen in Sachsen gestartet + Landkreis Görlitz plant mit zwei neuen Asylheimen + Großgefängnis: Freistaat wirft Generalplaner raus

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In Sachsen gibt es seit Montagabend wieder stationäre Grenzkontrollen.
In Sachsen gibt es seit Montagabend wieder stationäre Grenzkontrollen. © Matthias Weber/photoweber.de

Guten Morgen,

erst monatelanges Hin und Her, dann geht’s plötzlich quasi über Nacht. Noch bis gestern Mittag hätte der politische Laie vermutlich gedacht, dass es nicht so leicht ist, mal eben feste Grenzkontrollen einzuführen. Dass es wohl noch ein paar Wochen dauern wird, bis sich nach dem Umschwenken von Bundesinnenministerin Nancy Faeser – von der entschiedenen Gegnerin zur halb genötigten Befürworterin solcher Verkehrskontrollen – tatsächlich etwas auf den Straßen in Grenznähe tun würde. Doch weit gefehlt.

Es geht auch schneller. Ohne dass jemand etwas merkt. Bis kurz vor Beginn der ersten neuartigen, verschärften Grenzkontrolle an der A17. Und so wurde es nicht nur für uns Journalisten gestern am Spätnachmittag nochmal ein wenig "eng". Kurz nachdem die Bundespolizeidirektion in Pirna stolz verkünden ließ, dass man noch am gleichen Tag mit der ersten Grenzkontrolle loslegen werde.

Da schoss mir kurz eine der schönsten politischen Kommunikationspannen in der deutschen Geschichte durch den Kopf. Als am 9. November 1989 Günther Schabowski nach der Vorstellung der künftigen Reiseregeln für DDR-Bürger auf Nachfrage, ab wann die denn in Kraft treten würden, den herrlichen Satz sagte: "Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich." Nun ja, ein grammatikalisch richtiger Satz war das gerade nicht. Aber doch hatte sich die Welt durch ihn entscheidend verändert.

So war’s denn auch mit den Grenzkontrollen im Jahre 2023 – ja, jetzt sofort, unverzüglich, hieß es. Mal wieder. Ja, ein ganz schön schiefer Vergleich, ich weiß. Keine Sorge.

Dass nicht einmal der sächsische Innenminister zuvor in Kenntnis gesetzt worden war, spricht nach dem monatelangen Streit zwischen Dresden und Berlin allerdings Bände. Hätte man ja auf Arbeitsebene zwischen Berlin und Dresden vielleicht erwarten können, dass da mal kurz miteinander gesprochen wird. Ein politischer Laie könnte so etwas glatt vermuten. Aber nein. Auch in diesen Zeiten, auch bei diesem hochsensiblen Thema wird nur zu gerne an einem neuen Kapitel verfehlter (Nicht-)Kommunikationspolitik geschrieben. Oder lag es etwa daran, dass sich die Brieftaube mit der Nachricht der Bundesinnenministerin noch auf dem Flug nach Dresden befindet?

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Nach Faeser-Entscheid: Start für stationäre Grenzkontrollen

Nach einem Umschwenken von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat es bereits gestern Abend an der A17 und in Zittau die ersten stationären Grenzkontrollen an den Außengrenzen von Sachsen gegeben. Faesers Ministerium hatte die Kontrollen zuvor, wie vorgeschrieben, bei der EU angemeldet. Dies gilt für zunächst zehn Tage. Die sogenannte Notifizierung kann bis zu insgesamt zwei Monate verlängert werden - oder später auch für einen längeren Zeitraum angemeldet werden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte in den vergangenen Monaten immer wieder stationäre Grenzkontrollen gefordert. Daran halte er fest, sagte er vergangene Woche nach seinem Besuch bei der Bundespolizei gegenüber Sächsische.de. Noch vor kurzem hatte Faeser dies mehrfach abgelehnt. Nun soll an allen Grenzübergängen nicht rund um die Uhr, sondern punktuell und lageangepasst kontrolliert werden. Selbst Sachsens Innenministerium war von der Entwicklung im Laufe des Montags überrascht.

In Sachsen löst die Entscheidung Faesers ein geteiltes Echo aus. Der Generalsekretär der Landes-CDU, Alexander Dierks, betont: "Die Bundesinnenministerin schlägt endlich einen vernünftigen Weg ein, um die Zahlen illegaler Migration zu reduzieren." Kritik kommt dagegen von der sächsischen Europaabgeordneten der Grünen, Anna Cavazzini. Sie forderte die EU-Kommission auf, die Pläne nicht zu genehmigen. Die stationären Kontrollen sollen auch dazu beitragen, Schleuser zu schnappen. Der MDR erzählt anhand des Fluchtweges eines Asylbewerbers, wie eine Flucht abläuft und wie der Kontakt zu den Schleusern entsteht.

Landkreis Görlitz plant mit zwei neuen Asylheimen

In Görlitz sowie in Weißwasser sollen neuen Unterkünfte für Flüchtlinge entstehen. Das ist einer der Punkte im Asylkonzept des Landkreises Görlitz, das am Montag vorgestellt wurde. Offen ist aber, ob bestehende Gebäude genutzt werden können oder ein Neubau günstiger ist. Weil nun vermehrt Flüchtlinge ankommen, brauche man mindestens eine weitere Asylunterkunft, hieß es. Unterdessen muss die Stadt Dresden bis Jahresende noch 114 Plätze schaffen. Um alle Menschen unterbringen zu können, hat die Stadt nun ein neues Gebäude im Stadtteil Leubnitz-Neuostra für fünf Jahre angemietet. 44 Plätze gibt es dort. Ab Mitte November beginnt Dresden außerdem mit dem Aufbau von sechs Containerdörfern. Sie sollen zum Jahresanfang 2024 bezugsfertig sein.

Der neue Leiter des Ausländeramtes des Landkreises Bautzen, Robert Domanja, weist derweil darauf hin, dass Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel zuweilen Plätze in Gemeinschaftsunterkünften blockieren. "In der Kürze der Zeit und auf dem angespannten Wohnungsmarkt sind Wohnungen zwar verfügbar, aber nicht immer kurzfristig beziehbar", sagt er im Interview mit Sächsische.de. "Bei vielen Vermietern herrscht Renovierungsstau. Und oft sind es Alleinstehende, denen lediglich eine Einraumwohnung zusteht, aber diese sind rar." Der MDR berichtet derweil über eine Flüchtlingswohnung in Dresden, die wegen bürokratischer Hürden seit einem Jahr leersteht.

Großgefängnis: Freistaat wirft Generalplaner raus

Die Eröffnung des neuen Großgefängnisses in Zwickau verschiebt sich auf unbestimmte Zeit. Zugleich wird der Bau für die Länder Sachsen und Thüringen offensichtlich noch teurer. Das Land Sachsen als Bauherr habe dem Generalplaner gekündigt, um weiteren Schaden von dem Vorhaben abzuwenden, informiert der Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement. Begründet wurde dieser Schritt mit einer "zunehmend mangelhaften Leistungserbringung". Dadurch habe sich die Bauausführung vieler Gewerke und insbesondere des Innenausbaus erheblich verzögert. Zuletzt war die Inbetriebnahme für Anfang 2025 geplant. Ein neuer Termin könne erst nach Erstellung eines neuen Bauablaufplans eingeschätzt werden, heißt es. Zugleich haben sich die Kosten in den vergangenen Jahren von den ursprünglich geplanten 150 Millionen Euro bereits mehr als verdoppelt. Nun wird ein weiterer Anstieg erwartet.

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