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Morgenlage in Sachsen: Kretschmer & AfD; Bauernprotest; Wagenknecht-Partei

Kretschmer grenzt sich von AfD ab + Wagenknecht-Partei mit nächster Stadtratsfraktion in Sachsen + Trendumkehr bei Autozulassungen

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Beim Neujahrsempfang des katholischen Bischofs von Görlitz, Wolfgang Ipolt, hat sich Ministerpräsident Michael Kretschmer auch zur AfD geäußert.
Beim Neujahrsempfang des katholischen Bischofs von Görlitz, Wolfgang Ipolt, hat sich Ministerpräsident Michael Kretschmer auch zur AfD geäußert. © Bistum Görlitz/Pawel Sosnowski

Guten Morgen,

die neue Woche beginnt wie die alte zu Ende gegangen ist: heiß. Und das liegt vor allem an den anhaltenden Bauernprotesten. Tausende Landwirte wollen heute Mittag mit ihren Traktoren am Brandenburger Tor in Berlindemonstrieren - darunter auch etliche aus Sachsen. Gleichzeitig gibt es Gespräche zwischen Bauernverbänden und Spitzen der Fraktionen der Berliner Ampelregierung. Ob es dabei wohl zu einem neuen Kompromiss kommt, der beide Seiten zufrieden stellt? In unserem ständig aktualisierten Newsblog halten wir Sie heute und die nächsten Tage auf dem Laufenden.

In Sachsen steht vor allem Agrarminister Wolfram Günther unter Druck. Das liegt nicht an den Steuererleichterungen für den Agrardiesel, um die es beim Bauernprotest vermeintlich geht, sondern an der in Sachsen verspäteten Auszahlung von EU-Direktzahlungen. Der Landesbauernverband hat Günther nun ein Ultimatum gestellt. Wenn bis Ende Januar den Bauern kein Geld überwiesen werde, müsse er zurücktreten oder andernfalls von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) entlassen werden, sagt Bauernpräsident Torsten Krawczyk. Und weiter: Sein Berufsstand werde dazu einen aus seiner Sicht geeigneten Alternativkandidaten aus den Reihen der Grünen vorschlagen. Man könnte das anmaßend nennen. Man sieht aber auf jeden Fall: Der Zuspruch zu den Bauernprotesten hat das Selbstbewusstsein der Bauernvertreter gestärkt.

Wie dringend die Bauern auf die EU-Gelder angewiesen sind, verdeutlicht Landwirt Patrick Rückert von der Großdrebnitzer Agrarbetriebsgesellschaft. Für Sächsische.de hat er vorgerechnet, was ein Bauer eigentlich so verdient. Er sagt: 2023 habe er nach zwei Jahren mit Gewinn wieder ein Minus eingefahren - wegen der verzögerten Agrarzahlungen des Freistaats. Rückert sagt, an seinen Zahlen sehe man, dass die Rücklagen aus zwei Jahren, in denen gut gewirtschaftet wurde, in einem Jahr aufgezehrt werden können. Um ein komplexes Bild der Bauernproteste zu bekommen, möchte ich Ihnen aber auch noch einen anderen Text ans Herz legen: über einen Bauern, der nicht protestiert. "Die Forderungen sind nicht eindeutig", kritisiert er. "Wenn auf Protestschildern zu lesen ist, die Regierung soll abgeschafft werden, hilft das dem Landwirt jedenfalls nicht." Seine Kritik richtet sich auch gegen die eigene Branche, die immer mehr von Großbetrieben dominiert wird.

Ich wünsche Ihnen einen gut informierten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Kretschmer grenzt sich von AfD ab

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat den Neujahrsempfang des Bistums Görlitz genutzt, um sich erneut von der AfD abzugrenzen. Er berichtete dazu von einer Diskussionsrunde mit Bauern in der vergangenen Woche. Da hätte auch ein Vertreter der AfD teilgenommen und gesagt: "Nicht alle in unserer Partei sind Extremisten". Dem hätte er zugestimmt, sagte Kretschmer. "Es gibt in jeder Organisation, die man sich vorstellen kann, anständige Menschen. Aber nicht in jeder Partei gibt es Rechtsextremisten. Und das macht den Unterschied." Kretschmer erinnert die derzeitige Lage an das Ende der Weimarer Republik. "Auch die Nationalsozialisten sind in Wahlen in den Reichstag" und später an die Macht gekommen. "Wir müssen aufpassen", sagte Kretschmer, "dass wir den großen Wohlstand, Frieden und Sicherheit erhalten können". Auch CDU-Parteichef Friedrich Merz findet klare Worte gegen die AfD und strebt einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Werteunion an. Sächsische.de gibt einen Überblick, welche "Kampfbegriffe" Rechte und Rechtsextreme nutzen und was Experten dazu meinen.

Der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, der sächsische CDU-Politiker Marco Wanderwitz, hat seine Partei unterdessen aufgerufen, ihr Verhältnis zur Linkspartei zu überdenken. "So wie sich die Linkspartei sich in den letzten Jahren entwickelt hat, müssen wir als Union noch einmal neu ausbuchstabieren, ob im Unvereinbarkeitsbeschluss tatsächlich die Linke mit der AfD in einem Atemzug und mit dem gleichen Ergebnis behandelt werden sollte", sagt der Bundestagsabgeordnete dem Berliner "Tagesspiegel".

Derweil ist bekannt geworden, dass auch AfD-Bundesparteichef Tino Chrupalla an rechten Geheimtreffen teilgenommen haben soll. Wie zeit.de und spiegel.de berichten, war das "Düsseldorfer Forum", bei dem in Potsdam AfD-Politiker und Rechtsextreme die massenhafte Vertreibung von Migranten besprochen hatten, nicht die erste Zusammenkunft dieser Art. So fand bereits Anfang Oktober 2021 ein Treffen statt, bei dem es darum ging, Geld für rechtsextreme Projekte einzuwerben. Zu Gast bei dieser Veranstaltung war offenbar unter anderem Chrupalla. Auch der MDR berichtet.

Wagenknecht-Partei mit Stadtratsfraktion in Zwickau

Die neue Partei von Sahra Wagenknecht ist jetzt mit einer weiteren Stadtratsfraktion in Sachsen präsent. Nach einer Neuformierung in Werdau haben auch vier Mitglieder der Linken in Zwickau ihre bisherige Fraktion verlassen. Wie sie mitteilen, schlossen sie sich zur Fraktion "Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) zusammen. Vorsitzender ist Bernd Rudolph. "Was wir wollen, ist eine progressive Politik nah an den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt", sagt er. Zwickaus Linkenchef Frank Dittrich kritisierte den Wechsel als "opportunistischen Akt". Auch in Riesa steht ein Wechsel bevor. Zum Jahresanfang gab die dortige Linksfraktion ihre Umbenennung bekannt. In Zittaus Stadtrat schließt sich der Ex-Fraktionschef der Linken, Jens Hentschel-Thöricht, dem BSW an.

Trendumkehr bei Autozulassungen

In Sachsen sind im vergangenen Jahr 89.180 Autos neu zugelassen worden. Das sind laut neuer Regionalstatistik des Kraftfahrtbundesamts (KBA) 3.386 mehr als 2022. Bemerkenswert ist, dass sich ein Trend umgekehrt hat: Erstmals seit Jahren entschieden sich Kunden wieder häufiger für einen Neuwagen mit Verbrennungsmotor. Der Zuwachs von rund 1.300 Fahrzeugen in diesem Marktsegment kommt nur durch Benziner zustande. Diesel-Zulassungen sind weiterhin rückläufig. Insgesamt hätten es sogar noch mehr verkaufte Verbrenner sein können, sagt Michael Schneider, Präsident im Landesverband des Kfz-Gewerbes. "Doch das Angebot ist zu gering."

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