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Morgenlage in Sachsen: Müller-Interview + Geheimtreffen + Flughafen + Windkraft

CDU reagiert auf Müller-Interview + Geheimtreffen: Dombaumeister wehrt sich gegen Kritik + Leipzig steuert Dresdner Flughafen + Windradbesitzer sollen Gemeindekassen füllen

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Gibt in Sachsen bald eine CDU-Minderheitsregierung? Molkerei-Unternehmer Theo Müller hat diese Variante ins Spiel gebracht.
Gibt in Sachsen bald eine CDU-Minderheitsregierung? Molkerei-Unternehmer Theo Müller hat diese Variante ins Spiel gebracht. © Foto: dpa

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Guten Morgen,

manchmal läuten die Totenglöckchen für ein politisches Vorhaben bereits so lange und derart laut, dass sie eigentlich niemand überhören kann. Doch der Trennungsschmerz, den ein so lange herbei gesehnter Gesetzentwurf hinterlässt – auch wenn er so umstritten ist, dass er für die breite Öffentlichkeit gefühlt längst beerdigt ist - übertönt eben manchmal jede Vernunft. Oder kürzer gesagt: Die sächsische Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD macht höchstwahrscheinlich bis zum letzten politischen Atemzug ihrem Ruf als zerstrittener Haufen mit kolossalen Fliehkräften alle Ehre. Nicht dass man den Erfolg einer Landesregierung an der Anzahl der von ihr vorgelegten Gesetzentwürfe bemessen könnte.

Aber kurz vor entscheidenden Wahlen ist für jede Partei eben das extrem wichtig, was sie ihrem Wahl-Kern-Klientel im Koalitionsvertrag versprochen hat, unbedingt durchzusetzen. Und da steht auf der grünen Seite nun mal das Agrarstruktur-Gesetz und im SPD-Katalog das Vergabe-Gesetz. Die breite Bevölkerung wird damit zwar kaum etwas anfangen können. Aber dennoch gelten die beiden inzwischen als fast „tot“. Und das liegt vor allem daran, dass man in der CDU längst erkannt hat, dass ohnehin fast nichts mehr gemeinsam durchzusetzen ist – nun ja, da kann auch jeder seins machen. Und das bedeutet in diesen beiden Fällen eben, Nein zu sagen zu den beiden politischen Vorstößen. Denn das wiederum als starker Ausdruck der Macht in die CDU-Klientel. Nach dem Motto – „wir lassen uns doch von denen nicht sagen, was wir zu tun haben“.

Und so beeilten sich Grün und Rot gestern noch zu bekräftigen, dass beide Gesetzentwürfe längst nicht vom Tisch seien. Dabei steht die schwarze Trauergemeinde längst schmerzfrei daneben und will das Ganze nun endgültig einäschern. Wir sind gespannt auf die nächsten Totentänze. Doch zunächst sieht es so aus, als würden die nächsten parteipolitischen Wiederbeatmungs-Versuche gerade erst beginnen. Warten wir also ab, was überlebt von den schon sehr alten politischen Vorstößen.

Und auch wenn ich es gestern versehentlich schon gewünscht habe – hiermit wünsche ich Ihnen nochmal ein schönes, erholsames Wochenende. Hoffentlich ohne Streit.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger,
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de


Das Wichtigste am Morgen:

Minderheitsregierung: CDU reagiert auf Müller-Interview

Was passiert, wenn die AfD der CDU Unterstützung bei der Wahl des Ministerpräsidenten anbietet? Nach einem viel beachteten Interview von Milch-Milliardär Theo Müller mit der Neuen Zürcher Zeitung, in dem dieser eine CDU-Minderheitsregierung ins Spiel gebracht hat, stellt CDU-Generalsekretär Alexander Dierks gegenüber Sächsische.de klar: "Die Haltung der Sächsischen Union ist eindeutig: Keine Zusammenarbeit mit der AfD." Doch rund um den Landtag ist auch ein zweites Szenario im Umlauf. Es ähnelt der Müller-Variante, weicht in einem entscheidenden Punkt aber ab. Was passiert, wenn die AfD als stärkste Kraft der CDU anbietet, von sich aus auf den Ministerpräsidentenposten zu verzichten und die Wahl eines Christdemokraten in Aussicht stellt? Dies lehnt wiederum AfD-Landes- und Fraktionschef Jörg Urban ab.

Geheimtreffen: Dombaumeister wehrt sich gegen Anschuldigungen

Der Meißner Dombaumeister Knut Hauswald kommt gerade nicht dazu, den Dom zu sanieren. Er muss kritische E-Mails beantworten und anonyme Briefe lesen. Seine Mitarbeiter und er sehen sich Anschuldigungen ausgesetzt. Sie würden für eine rechtsgerichtete Bauherrin arbeiten, die in Zusammenhang mit dem Geheimtreffen in der Adlon-Villa in Potsdam zu bringen sei. Grund für den Ärger ist das Schloss Reinsberg bei Siebenlehn. Deren Inhaberin ist Mathilda Martina Huss, die in der Adlon-Villa in Potsdam als Geschäftsführerin aktiv ist und nach Medienberichten bei dem Geheimtreffen dabei war. Hauswald wiederum war der bauausführende Architekt für die Sanierung des Schlosses Reinsberg. Er wehrt sich gegen die Angriffe. "Alle Versuche, mich mit den Ereignissen in Verbindung zu bringen, sind Versuche, eine Kontaktschuld zu konstruieren, die auf Ruf- und Geschäftsschädigung abzielen", sagt er gegenüber Sächsische.de. Derweil baut der Bürgermeister von Reinsberg darauf, dass das Schlossprojekt wie geplant von Huss umgesetzt wird.

Leipzig übernimmt Steuerung des Dresdner Flughafens

Der Dresdner Flughafen wird ab Ende 2025 vom Airport Leipzig/Halle aus fernüberwacht, drei Jahre später als geplant. Das erfuhr Sächsische.de auf Anfrage von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Demnach ist Klotzsche der dritte ferngesteuerte Flughafen Deutschlands – nach dem in Saarbrücken, der seit Ende 2018 unter den Fittichen der Leipziger ist, und seit April 2022 jenem in Erfurt. Die DFS plane die Inbetriebnahme der Remote Tower Control (RTC) für den Flughafen Dresden nach Abschluss aller Freigabeprozesse und Ausbildungsmaßnahmen im 4. Quartal 2025, sagt eine Sprecherin des Bundesunternehmens. Lieferkettenprobleme und Coronamaßnahmen zu Beginn des Projekts hätten einen negativen Einfluss auf die Zeitplanung gehabt.

Windradbesitzer sollen Gemeindekassen füllen

Um in den sächsischen Gemeinden die Akzeptanz für den Neubau und den Betrieb leistungsstärkerer Windkraftanlagen zu erhöhen, setzt die Dresdner Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD nun auf einen starken finanziellen Hebel: Noch vor der Sommerpause will man ein Gesetz beschließen, das die Betreiber von künftig neugebauten Windrädern dazu zwingt, den Kommunen im Freistaat, in denen ihre Anlagen stehen, eine jährliche Prämie zu zahlen. Laut Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) könnten – je nach Leistungsstärke der jeweiligen Anlage – für jedes Windrad jährliche Beträge zwischen 20.000 und 40.000 Euro in die jeweilige Gemeindekasse fließen. Schon ein kleiner Windpark innerhalb des eigenen Gemeindegebiets würde damit zu einer wichtigen kommunalen Einnahmequelle, mit deren Hilfe sich Projekte finanzieren lassen, für die ansonsten in der Gemeinde das Geld fehlt. Vor wenigen Tagen hat die Linksfraktion jedoch einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der genau das vorsieht, was die Regierungskoalition erst noch plant.

Derweil sieht Sachsen in der spanischen Region Andalusien einen engen Partner für die Energiewende. Der sächsische Energieminister Wolfram Günther (Grüne) sagte am Donnerstag bei einem Besuch in Sevilla, man teile dabei ehrgeizige Ziele – die europäische Solarindustrie beim Hochlauf zu unterstützen und marktfähige Anwendungen und Infrastruktur für grünen Wasserstoff aufzubauen. Für beide Bereiche vereinbarte Günther mit seinem andalusischen Amtskollegen eine engere Kooperation.

Vergabegesetz: Dulig will nicht aufgeben

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hat Spekulationen über einen Verzicht auf das geplante Vergabegesetz im Freistaat widersprochen. "Wir werden den Gesetzentwurf im nächsten Kabinett verabschieden", sagte er am Donnerstag. Der Entwurf werde zur Anhörung freigegeben, danach folge erstmals eine formale Beteiligung aller Beteiligten. "Wenn manche denken, es ist vom Tisch - es liegt auf dem Kabinettstisch." Der Zeitplan sei sehr ambitioniert. Nachdem Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) aber öffentlich Dinge abgesagt habe, sei er noch einmal in die Bütt gegangen. "Der Koalitionsvertrag gilt - uns zwar für alle Beteiligten." Dulig räumte zwar ein, dass der Landtag in dieser Wahlperiode kein Gesetz mehr beschließen kann, es könne aber "eine Grundlage für eine Gesetzesnovelle in der nächsten Wahlperiode entstehen", so seine Hoffnung. Hinter diesem Vorgehen stehe auch der Ministerpräsident, sagte Dulig auf Nachfrage.

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