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Sachsen schickt junge Asylbewerber in die Ausbildung statt in die Schule

Jugendliche Geflüchtete ohne Schulbildung sollen keine reguläre Schule in Sachsen mehr besuchen. Stattdessen werden sie auf einen Beruf vorbereitet.

Von Andrea Schawe
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Im zweiten Jahr erwerben die jungen Asylbewerber  berufspraktische Kompetenzen in den Werkstätten des Berufsschulzentrums oder in Betrieben vor Ort.
Im zweiten Jahr erwerben die jungen Asylbewerber berufspraktische Kompetenzen in den Werkstätten des Berufsschulzentrums oder in Betrieben vor Ort. © dpa

Dresden. Jugendliche Asylbewerber sollen künftig nicht mehr in allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden. Das Kultusministerium hat ein Pilotprojekt gestartet, bei dem minderjährige Asylbewerber gleich eine praktische Ausbildung beginnen. Ziel ist, geflüchtete Jugendliche ab 15 Jahren innerhalb von drei Jahren sprachlich und fachlich gepaart mit intensivem Praxislernen zur Ausbildungsreife oder in Beschäftigung zu führen, teilt das Kultusministerium mit.

"Das ist zugegeben ein sehr ehrgeiziges Unterfangen", sagte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). "Aber wenn wir die Anstrengungen nicht unternehmen, werden die Probleme später noch viel größer."

Viele der unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber, die nach Sachsen kommen, haben in ihrem Heimatland nur selten eine Schule besucht oder gar keine Schulbildung. Eine Integration in eine reguläre Oberschule oder ein Gymnasium sei in diesen Fällen wegen des Alters kaum möglich. Die Schulpflicht endet mit 16 Jahren. Das betrifft in Sachsen etwa 500 Jugendliche, schätzt das Kultusministerium.

Fast keine Chance einen Schulabschluss zu machen

"Diese Jugendlichen haben durch fehlende Sprach- und schulische Basiskenntnisse kaum Anschlussperspektiven", sagte Piwarz. Um ihnen eine Perspektive für die Zukunft zu geben, seien kreative Ideen nötig.

Schon im Oktober 2023 hatte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) angekündigt, dass ein Teil der unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber künftig nicht mehr in Regelschulen unterrichtet werden soll, sondern gleich eine praktische Ausbildung beginnen könnten. Kretschmer versprach sich davon eine Entlastung des Schulsystems.

Auch Kultusminister Piwarz hat wiederholt darauf hingewiesen, dass das Schulsystem bei der Integration an der Belastungsgrenze ist. Die Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die aus anderen Ländern stammten, habe sich in weniger als zehn Jahren verdreifacht. "Das geht nicht spurlos am Bildungssystem vorüber." Dafür wurde der Minister von Gewerkschaft, Grünen, SPD und FDP kritisiert. Hauptgründe für die Probleme im Schulsystem seien Personalmangel, Überlastung der Lehrkräfte und fehlende Unterstützungssysteme.

Das neue Bildungsangebot soll sich an der Integrationskonzeption und am zweijährigen Berufsvorbereitungsjahr orientieren. Im ersten Jahr werden die Jugendlichen nach Angaben des Kultusministeriums in speziellen Vorbereitungsklassen an Berufsschulzentren intensiv in Deutsch als Zweitsprache unterrichtet. In dieser Zeit könnten schon erste Praktika absolviert werden.

Angebot ab Schuljahr 2024/25 an fünf Berufsschulzentren

Im zweiten und dritten Jahr haben die Geflüchteten nur noch an zwei Tagen Unterricht in Deutsch und für schulische Basiskenntnisse. An den weiteren Tagen erwerben die Jugendlichen berufspraktische Kompetenzen in den Werkstätten des Berufsschulzentrums oder in Betrieben vor Ort.

Unterstützt wird das Bildungsangebot durch die Berufsagentur für Arbeit und Unternehmen in der jeweiligen Region, teilt das Kultusministerium mit. Außerdem stehen den Jugendlichen neben den Lehrkräften auch Praxisbegleiter und Sozialpädagogen zur Verfügung.

Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres im Februar ist das Bildungsangebot "Lernen durch Praxis" an drei Berufsschulzentren in Hoyerswerda, Leipzig und Pirna gestartet. Im kommenden Schuljahr 2024/2025 sollen zwei weitere Berufsschulzentren in Chemnitz und Zwickau dazukommen.