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Mehr Polizeischutz für Politiker und Wahlkampfhelfer in Sachsen

Nicht erst seit dem Angriff auf Matthias Ecke in Dresden hat die Sicherheit von Wahlkämpfern hohe Priorität. Sachsens Landesregierung reagiert nun - und bekommt Unterstützung auch vom Bund.

Von Karin Schlottmann
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Ein zerstörtes Wahlplakat im sächsischen Weinböhla: Die Polizei soll Politiker und auch Wahlkampfhelfer besser schützen.
Ein zerstörtes Wahlplakat im sächsischen Weinböhla: Die Polizei soll Politiker und auch Wahlkampfhelfer besser schützen. © Norbert Millauer

Dresden. Die sächsische Landesregierung setzt in diesem Jahr mehr Polizei zum Schutz von Politikern und ihren Wahlkampfhelfern ein.

Das Landeskriminalamt habe die politischen Parteien aufgefordert, dem Staatsschutz Termine und Veranstaltungen mitzuteilen, sodass die Polizei vor Ort für mehr Sicherheit sorgen kann, sagte Innenminister Armin Schuster (CDU) am Dienstag nach der Kabinettsitzung in Dresden. "Wir wollen noch näher an die Wahlhelfer heranrücken." Auch für spontane Aktionen soll es kurze Informationswege geben, damit die Polizei rasch vor Ort sein kann.

Laut Sonja Penzel, Präsidentin des Landeskriminalamtes (LKA), bereitet sich die Polizei bereits seit Anfang des Jahres auf die Sicherheit der Wahlkämpfe vor. Den Parteien und Fraktionen seien entsprechende Beratungsangebote unterbreitet worden. Lagebilder und Informationssammelstellen sollen dem LKA einen Überblick über das Phänomen verschaffen. Eine zentrale Anlaufstelle für Hasskriminalität beim Staatsschutz biete Amts- und Mandatsträgern auf kurzem Weg Hilfe an.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU und Sonja Penzel, Leiterin Landeskriminalamts, wollen Wahlkämpfer und Politiker besser schützen.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU und Sonja Penzel, Leiterin Landeskriminalamts, wollen Wahlkämpfer und Politiker besser schützen. © dpa/Sebastian Kahnert

Unterdessen gehen die Ermittlungen nach dem Angriff auf den Europa-Kandidaten der SPD, Matthias Ecke, in Dresden weiter. Weiteren Aufschluss über das Motiv der Täter erhofft sich die Staatsanwaltschaft von der Sichtung der Handys.

Weitere Auskünfte gaben die Behörden mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht, es gibt aber Hinweise auf eine mögliche rechtsextremistische Gesinnung.

Bedrohung von Politikern soll Straftat werden

Den Schutz von Amts- und Mandatsträgern will Sachsen zudem mit einer weiteren Gesetzesverschärfung erhöhen. Da gezielte Einschüchterung als solche nach derzeitiger Rechtslage nicht vom Strafrecht erfasst werde, bringt Sachsen einen Entwurf gegen „politisches Stalking“ in den Bundesrat ein.

Wolfgang Schwürzer, Leitender Oberstaatsanwalt, sitzt bei der Kabinetts-Pressekonferenz neben Sachsens Justizministerin Katja Meier (Bündnis90/Die Grünen)
Wolfgang Schwürzer, Leitender Oberstaatsanwalt, sitzt bei der Kabinetts-Pressekonferenz neben Sachsens Justizministerin Katja Meier (Bündnis90/Die Grünen) ©  Archiv: dpa/Sebastian Kahnert

Wenn der Bundesgesetzgeber die Initiative aufnimmt, können psychischer Druck, unzulässige Einflussnahme bis in den privaten Raum und subtile Beeinflussung unterhalb der Schwelle zur Nötigung künftig strafrechtlich verfolgt werden, sagte Justizministerin Katja Meier (Grüne).

Es komme immer häufiger vor, dass ehrenamtlich engagierte Menschen und gewählte Mandatsträger in den Kommunen zur Zielscheibe von Hass und Gewalt würden. Dies gefährde die Demokratie insgesamt, warnte Meier.

Strafrecht sei allerdings kein Allheilmittel für gesellschaftliche Probleme, sagte die Ministerin. Gegen Gewalt seien weiterhin verstärkt Anstrengungen im Bildungs- und im zivilgesellschaftlichen Bereich nötig.

Innenminister wollen schärfere Strafen prüfen

Die Innenminister von Bund und Ländern halten zum besseren Schutz von Politikern und Wahlkämpfern die Verschärfung des Strafrechts für sinnvoll. Das sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen (CDU), am Dienstag nach einer Videokonferenz.

Die Ressortchefs unterstützten die sächsische und bayerische Bundesratsinitiativen, um unter anderem gegen Körperverletzung und Nötigung härter vorgehen zu können.

Die Innenminister verurteilten die Angriffe. "Die erneuten Übergriffe stehen für eine gesellschaftliche Entwicklung, mit der die Menschen nicht nur mit Worten, sondern mit Gewalt, Hass und Hetze politische Ziele durchzusetzen versuchen", sagte Stübgen. "Das gefährdet unsere Demokratie, unseren freiheitlichen Rechtsstaat insgesamt." Es könne Menschen Angst machen, ihre Meinung zu sagen und sich einzusetzen. "Die Polizei kann dabei die Verrohung im politischen Diskurs nicht alleine verhindern." Nötig sei eine breite gesellschaftliche Diskussion, die weit über die Zuständigkeit der Innenminister hinausgehe.

Die Innenminister stellten sich hinter eine Bundesratsinitiative von Bayern aus dem vergangenen Jahr, die eine höhere Strafzumessung zum besseren Schutz von ehrenamtlich aktiven Menschen vorsieht. Sie warben auch für eine Bundesratsinitiative Sachsens, die das Kabinett erst am Dienstag beschlossen hatte. Im Kern geht es dabei um einen neuen Straftatbestand, der die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch politisches Stalking ahnden soll. Damit sollen Entscheidungsträger gerade auch auf kommunaler Ebene vor bedrohlichen Übergriffen auf ihr Privatleben geschützt werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: "Wir erleben hier eine Eskalation antidemokratischer Gewalt." Die Polizei könne nicht überall sein. "Aber sie kann Schutzkonzepte anpassen." (mit dpa)