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So reagieren Politik und Wirtschaft auf den Sachsen-Monitor

Die AfD sieht sich durch die Ergebnisse des Sachsen-Monitors in ihrer Arbeit bestätigt. Wirtschaftsvertreter sehen vor allem ein Teilergebnis kritisch.

Von Tobias Winzer
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Aus Sachsens Politik und Wirtschaft kommen unterschiedliche Reaktionen zum "Sachsen-Monitor".
Aus Sachsens Politik und Wirtschaft kommen unterschiedliche Reaktionen zum "Sachsen-Monitor". © SZ/Uwe Soeder; Veit Hengst; dpa

Die Sachsen haben nur geringes Vertrauen in die Arbeit der Bundesregierung, Asylpolitik wird als drängendstes Thema gesehen, und knapp die Hälfte der Menschen im Freistaat fordert eine starke Einheitspartei – das sind zentrale Erkenntnisse aus dem am Dienstag vorgestellten "Sachsen-Monitor", den die sächsische Landesregierung durch das Meinungsforschungsinstitut dimap seit 2016 erstellen lässt. So reagieren Vertreter aus Sachsens Politik und Wirtschaft auf die Ergebnisse:

Der Sachsen-Monitor gebe großen Anlass zur Beunruhigung. Allerdings überrasche das Ergebnis auch nicht, sagt Demokratieministerin Katja Meier (Grüne): "Sie beschreibt, was wir in den vergangenen Jahren beobachten: Immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die Demokratie, neigen zu populistischen, rassistischen und verschwörungstheoretischen Ansichten und unterstützen antidemokratische Kräfte."

Als Demokratieministerin sehe sie diese Entwicklung mit großer Sorge. "In unserem Land dürfen nicht die Rechtsextremen den politischen Ton angeben. Dagegen hilft nur klare Kante und klare Ansagen. Die Regierung müsse konstruktiv und sachlich zusammenarbeiten und "wir müssen die Zivilgesellschaft noch deutlicher stärken, staatliche Institutionen effektiv vor Verfassungsfeinden schützen und als Politik gemeinsam deutlich machen: Eine Zusammenarbeit mit Verfassungsfeinden darf es von der Kommunal- bis zur Bundesebene nicht geben". Bürgerinnen und Bürger müsse wieder mehr Mitsprache vor Ort ermöglicht werden.

CDU-Fraktionschef: "Negativ-Propaganda der AfD verfängt"

Sachsens SPD-Chef Henning Homann äußert sich zunächst ähnlich: "Ja, die Zahlen sind erschreckend, aber leider auch keine Neuigkeit. Dafür braucht man den Sachsen-Monitor nicht. Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit sind mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen. Das ist so, das bleibt so."

Homann geht vor allem auf das Umfrageergebnis ein, wonach zwei Drittel der Sachsen finden, es gehe ungerecht zu. "Hauptgrund dafür ist der Lohnunterschied zwischen Ost und West. Da ist doch eigentlich klar, was zu tun ist: Wir müssen die Lohnmauer endlich vollständig einreißen", so Homann. Daran arbeite die SPD gemeinsam mit den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften jeden Tag.

Der CDU-Fraktionschef Christian Hartmann zeigt sich enttäuscht von den Ergebnisse: "Der Sachsen-Monitor zeigt, dass die Negativ-Propaganda der AfD leider verfängt. Es ist ein gefährliches Gift, das über Soziale Medien den Menschen täglich ins Ohr geträufelt wird." Der Freistaat leide unter Hass, Hetze und Lügen der AfD! "Viele Bürger sind verunsichert und haben Angst. Das ist die direkte Folge des permanenten Schlechtredens des Staates, der Medien und der Institutionen." Man müsse den Menschen wieder Hoffnung machen. "Es reicht aber nicht, nur gegen die AfD zu demonstrieren. Wer wirklich etwas bewegen will, muss sich für unser Land dauerhaft engagieren – in Parteien, Gewerkschaften, Vereinen und Verbänden", so Hartmann.

Die Landtagsabgeordnete der Linken, Kerstin Köditz, meint ebenfalls, dass die Zahlen "keine Überraschung" seien. "Sie zeugen von tiefsitzender Verunsicherung, die einerseits soziale Ursachen hat – darunter Teuerung und Ungerechtigkeit, Lücken in der medizinischen Versorgung oder Lehrkräftemangel – und andererseits die Folge stümperhafter Regierungspolitik ist." Die Studie sei ein neuerlicher Weckruf an die Regierenden.

Köditz sagt weiter: "Der massive Vertrauensverlust, mit dem viele Institutionen, Massenmedien und die Demokratie konfrontiert sind, korrespondiert mit der Ausbreitung von Verschwörungsmythen und Zweifeln an der Meinungsfreiheit, die von denjenigen gesät werden, die den politischen Systemsturz wollen." Die Regierenden müssten die Zivilgesellschaft stärken und deren Impulse aufnehmen. Zugleich kritisiert Köditz die Zuständigkeiten bei der Umfrage: "Der Sachsen-Monitor ist als Instrument wichtig und muss stetig verbessert werden. Deshalb gehört er in die Hände eines unabhängigen wissenschaftlichen Instituts, nicht in die Hände der Staatskanzlei."

Sachsen Linken-Parteichef Stefan Hartmann, kritisiert die Bundes- und die Landesregierung. "Statt mit klugen Entscheidungen den Krisen unserer Zeit zu begegnen wird vor allem Klientelpolitik für Reiche gemacht." Die Regierenden müssten endlich die Scheindebatten, etwa um die Höhe des Bürgergelds beenden und stattdessen anpacken. "Eine Investitionsoffensive in die öffentliche Daseinsvorsorge und in unsere Industrie muss die Wirtschaft in Schwung bringen, gleichzeitig braucht es ein starkes Eintreten für gute Arbeitsbedingungen und Löhne." Hartmann wirbt unter anderem für eine Vermögenssteuer, "um die Krisen des Bildungs- und Gesundheitssystems zu überwinden".

AfD sieht sich in Politik bestätigt, Wirtschaft warnt

AfD-Sachsen-Chef Jörg Urban sieht sich hingegen bestätigt. "Die Umfrage bestätigt unsere Politik auf breiter Linie: Die Bürger wollen mehr direkte Demokratie, weniger Migranten, weniger Bevorzugung von Minderheiten und weniger Propaganda im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Reaktionen zum Sachsen-Monitor kommen auch aus der Wirtschaft. Der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Jörg Dittrich, sagt zur weit verbreiteten Angst vor Zuwanderung: "Ohne eine gesteuerte Zuwanderung – neben der Aktivierung inländischer Potenziale – werden wir das Fachkräfteproblem nicht lösen." Man brauche den Zuzug von leistungsbereiten Arbeits- und Fachkräften aus dem Ausland. "Es bringt nichts, dass wir uns einmauern."