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Sachsens Apotheken erwarten Engpässe

Mit Beginn der Erkältungssaison werden wieder mehr Fiebersäfte verkauft. Doch Sorgen bereiten derzeit andere Medikamente.

Von Sylvia Miskowiec
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Eine Mutter verabreicht ihrer Tochter eine Dosis Fiebersaft.
Eine Mutter verabreicht ihrer Tochter eine Dosis Fiebersaft. © Hendrik Schmidt/dpa (Symbolbild)

Leipzig. Noch ist es recht ruhig in Sachsens Kinderarztpraxen und damit auch in Apotheken. Eltern im Freistaat kaufen noch nicht übermäßig Ibuprofen- und Paracetamolsäfte ein, die bei den Kleinsten gegen Fieber und Schmerzen helfen. „Es gibt zwar eine erhöhte Nachfrage nach diesen Medikamenten“, sagt Apotheker Sebastian Michael, Vorstandsmitglied des Sächsischen Apothekerverbandes in Leipzig. „Diese liegt aber am normalen Anstieg der Erkältungskrankheiten zum Herbstbeginn. Bislang ist kein Engpass an Fiebersäften in Sachsen zu beobachten.“ In der vergangenen Saison hatten besonders viele Krankheitsfälle bei Kindern die Planung der Produktion wie auch bei der Bevorratung in den Apotheken an ihre Grenzen gebracht. Es gab teils massive Engpässe.

Auch die Sächsische Landesapothekerkammer sieht die Lage noch entspannt. „Wir haben in Sachsen bisher keine große Erkältungswelle“, sagt Sprecher Göran Donner. „Zudem konnten sich unsere Apotheken über den Sommer mit Fiebermitteln bevorraten. Die Hersteller haben auch ihre Kapazitäten erweitert. Diesen Winter dürfte die Versorgungslage mit Ibuprofen, Paracetamol und Acetylsalicylsäure (ASS) also besser aussehen als in der vergangenen Erkältungssaison.“

Eltern sollten nicht hamstern

Eltern sollten jetzt dennoch unter keinen Umständen Hamsterkäufe starten, raten Kammer und Verband – aus Solidarität anderen kleinen Patienten gegenüber und um nicht künstlich Lieferprobleme zu verursachen. „Wenn jemand fünf, sechs Packungen Fiebersaft kauft, fragen wir auch schon mal nach, ob er wirklich so viele kranke Kinder zu Hause hat“, sagt Donner, der im osterzgebirgischen Dippoldiswalde selbst eine Apotheke betreibt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte nach einem Treffen mit Apothekern, Ärzten und Pharmaherstellern in der vergangenen Woche von einer stabileren Versorgung mit Kinderarzneimitteln gesprochen. Dank Produktionssteigerungen sei man nun deutlich besser aufgestellt als im Vorjahr. Wenn die kommende Infektwelle nicht viel stärker als üblich sei, werde man aus seiner Sicht des Problems Herr werden können. Zugleich appellierte Lauterbach an Eltern, von Vorratskäufen abzusehen.

Fieber muss nicht immer bekämpft werden

Fiebersenker sind auch nicht immer notwendig. „Wenn es dem Kind so weit gut geht, ist das kein Muss“, sagt Jakob Maske, Kinderarzt und Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Denn Fieber sei prinzipiell erst einmal nicht schlimm, sondern eine normale Abwehrreaktion des Körpers auf eine Infektion. Erst wenn sich der Allgemeinzustand des Kindes verschlechtert, könnten fiebersenkende Mittel zur Linderung eingesetzt werden. Dabei seien Zäpfchen eine Alternative, sollte kein Saft erhältlich sein. Es sollte aber keinesfalls mehr Wirkstoff ins Kind gelangen, als ausgehend von dessen Körpergewicht empfohlen wird. „Eine Überdosierung schadet der Leber – und das ist viel schlimmer als das Fieber des Kindes“, warnt Maske.

Antibiotikamangel macht Sorgen

Während bei der Fieberbekämpfung oft auch Hausmittel wie Wadenwickel helfen, existiert bei einer Gruppe von Medikamenten keine wirkliche Alternative: Antibiotika. Und genau hier sind Sachsens Apotheker äußerst beunruhigt. „Bei Antibiotika, egal ob für Kinder oder Erwachsene, sehen wir seit Wochen und teils Monaten Lieferengpässe, etwa bei Präparaten mit dem Wirkstoff Amoxicillin“, sagt Sebastian Michael. Das Breitbandantibiotikum aus der Familie der Penizilline hilft als Sirup oder Saft ebenso wie in Form von Tabletten, eines Pulvers oder Granulats bei bakteriellen Infektionen der Atemwege, Harnwege, des Verdauungstrakts oder der Haut. „Wir haben zwar versucht, Vorräte anzulegen, aber es dürfte wieder knapp werden“, sagt Donner. Als Grund nannte der Kammersprecher die unsicheren Lieferketten aus dem außereuropäischen Ausland.

Bei Importarzneimitteln könne es zu Wartezeiten von mehreren Tagen kommen – sofern sie überhaupt verfügbar seien, sagt Michael vom Sächsischen Apothekerverband. Die Krux: „Während Patienten Fieber auch mal eine Zeit lang ohne Medizin aushalten können, wird es bei Antibiotika schnell gefährlich, denn Infektionen breiten sich im schlimmsten Fall weiter aus“, so Donner.

Hamsterkäufe fürchten die Apotheker nicht, da Antibiotika verschreibungspflichtig sind. „Aber wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Situationen haben, in denen Apotheken selbst Dosierungen für Kinder aus Erwachsenenmedikamenten herstellen und mit Ärzten über Ausweichpräparate reden müssen.“ (mit dpa)