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Sachsens Landkreise sind finanziell an ihren Grenzen

Alle Kreise in Sachsen müssen derzeit deutlich mehr Geld ausgeben als sie einnehmen. Kostentreiber sind vor allem Ausgaben in sozialen Bereichen. Vom Bund fordert der Landkreistag nun neue Hilfen.

Von Sven Heitkamp
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Steigende Sozialausgaben bringen Sachsens Landkreise immer stärker in finanzielle Schieflage.
Steigende Sozialausgaben bringen Sachsens Landkreise immer stärker in finanzielle Schieflage. © Claudia Hübschmann

Dresden. Steigende Sozialausgaben bringen Sachsens Landkreise immer stärker in finanzielle Schieflage. Trotz wachsender Einnahmen sei mittlerweile keiner der zehn sächsischen Landkreise mehr in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. „Wir stehen finanziell unter Wasser“, sagte André Jacob, Geschäftsführer des Landkreistages der Sächsischen Zeitung. Die Lücken müssten durch Rücklagen oder neue Kredite gestopft werden.

Für dieses und nächstes Jahr sei nach aktuellen Planzahlen ein Loch von insgesamt mehr als 200 Millionen Euro jährlich zu erwarten. Schon voriges Jahr habe ein Minus von 100 Millionen Euro zu Buche geschlagen, 2021 ein Defizit von 90 Millionen. Allein der Landkreis Görlitz rechnet derzeit mit einer Finanzierungslücke von mehr als 40 Millionen Euro, Nordsachsen will dieses Jahr elf Millionen Euro neue Kredite aufnehmen. In finanziell etwas besser gestellten Haushalten fehlten zumindest einstellige Millionenbeträge, so Jacob.

Die Ursache seien nicht etwa Einmaleffekte, sondern ein strukturelles Defizit durch Neuregelungen und steigende Standards der Bundesregierung. Kostentreiber seien vor allem Mehrausgaben in sozialen Bereichen. Allein in der Jugendhilfe etwa für Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen in Not seien die Ausgaben seit 2015 von rund 250 auf fast 400 Millionen Euro gestiegen.

Bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung hätten sich die Kosten binnen zehn Jahren von etwa 350 Millionen auf mehr als 600 Millionen Euro erhöht. Ein weiterer Grund seien gestiegene Löhne im Pflegebereich sowie die Unterstützung für Flüchtlinge. Hinzu kämen wachsende Ausgaben für den Nahverkehr und durch den zu erwartenden Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst, der zurzeit verhandelt wird.

Bisher hätten die Belastungen der ostdeutschen Kommunen noch unter denen westdeutscher Landkreise gelegen. Inzwischen gebe es aber eine Ost-West-Angleichung, die die kommunalen Haushalte zunehmend belaste. „Eine Sozialgesetzgebung des Bundes nach der anderen führt dazu, dass bei der kommunalen Familie die Lasten steigen, ohne dass der Bund die vollen Kosten übernimmt“, kritisierte Jacob. „Der Bund darf uns keine zusätzlichen Aufgaben mehr übertragen, ohne dafür aufzukommen.“

Zugleich sei der Freistaat als Treuhänder in der Pflicht, die Interessen der Landkreise gegenüber dem Bund deutlich zu vertreten oder für finanziellen Ausgleich zu sorgen. Die Mehrbelastung soll auch am 18. April bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung der Landesregierung mit den Landräten und Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte verhandelt werden.