Bröckelnde Fassaden, marode Dächer und verwaiste Häuser: In Königstein gibt es zahlreiche Gebäude, die in den vergangenen Jahren zu Ruinen verkommen sind. Aber auch immer mehr positive Entwicklungen. Zum Beispiel für das einst vom Abriss bedrohte Gebäude an der Goethestraße 1. Die ehemalige Bäckerei wurde von drei Investoren saniert und soll Ende März als Aparthotel "Alte Bäckerei" wiedereröffnen. Auch an der Bienermühle im Königsteiner Malerwinkel tut sich etwas. Auf dem denkmalgeschützten Areal soll noch in diesem Jahr mit der Sanierung begonnen werden. Das war bereits für 2022 und 2023 im Gespräch.
Vorreiterprojekte, denen nun ein weitere folgen will - wenn auch in kleinen Schritten. Gemeint ist die verfallene Zeibigmühle an der Bielatalstraße, kurz vor der Königsteiner Papierfabrik. Das Areal erstreckt sich links und rechts der Fahrbahn. Das Herzstück ist das markante Mühlengebäude mit dem Mühlenturm. Daran schließt sich ein einst stattliches Herrenhaus an. Schräg gegenüber am Hang gelegen befindet sich die Villa Zeibig, darunter am Straßenrand die ehemaligen Pferdeställe samt Getreidespeicher. Auch der einstige Gasthof zum Bielatal gehört zu dem historischen Ensemble.
Es braucht keinen Experten um zu sehen, dass die Gebäude in einem teils desolaten Zustand sind. Das betrifft vor allem das Mühlengebäude. Ab 1721 wurde hier Getreide gemahlen. Anfangs als Hamischmühle, benannt nach dem ersten Besitzer, später als Zeibigmühle, benannt nach dem zweiten Besitzer. Vermutlich bis in die 1950er-Jahre wurde hier Mehl produziert. Danach wurde das Gebäude als Kinderferienlager genutzt. Mit der Wende verlor die Mühle ihre Lebendigkeit, was folgte, waren Leerstand und zunehmender Verfall.
Eigentümer will ein Stück Stadtgeschichte retten
Dieser soll nun gestoppt werden. Darum kämpft der aktuelle Eigentümer der Mühle, Markus Zeibig, Nachfahre des einstigen Mühlenbesitzers. "Es ist nicht nur ein Teil meiner Familiengeschichte, sondern auch ein Teil der Königsteiner Stadtgeschichte, den ich erhalten möchte", sagt Zeibig, der als Jurist für Immobilienrecht in Dresden arbeitet und lebt.
Ein ambitioniertes Vorhaben, das wohl in die Millionen gehen wird. Mehrere Jahre kämpfte Markus Zeibig zusammen mit seinem Partner Gunnar Baumann um Fördermittel, um den Anfang machen zu können. Ende 2023 dann die positive Nachricht - quasi als Weihnachtsgeschenk. Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen überreichten ihm einen Fördermittelbescheid über 690.000 Euro. Das Geld stammt aus dem Sonderprogramm des Freistaates "Denkmalpflege 2023". Damit soll die Notsicherung des Mühlengebäudes finanziert werden.
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Fast 800.000 Euro für Notsicherung nötig
"Wir sind sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung. Die Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz läuft unglaublich gut", sagt Zeibig, der als Eigenanteil weitere 90.000 bis 100.000 Euro in die Notsicherung investieren wird. Die vorbereitenden Bauarbeiten haben zum Jahreswechsel begonnen. Ende Februar beziehungsweise im März soll dann großes Gerät aufgefahren werden, um das Gebäude zu sichern. "Wir hoffen sehr, dass die Mauern halten werden", sagt Gunnar Baumann, der den Bau mit genauso viel Herzblut vorantreibt wie Markus Zeibig.
Die Mühle sei sehr stabil gebaut worden. Auch, weil im Innern mit schwerer Technik hantiert wurde. Davon zollen die massiven Holzbalken, die auf den insgesamt fünf Etagen verbaut sind. Sie konnten dennoch nicht verhindern, das weite Teile des Daches eingestürzt sind und auch darunter liegende Etagen mit sich gerissen hat. Bis ins Erdgeschoss verteilen sich die Trümmer.
Bei der nun beginnenden Notsicherung soll das Gebäude quasi komplett leer geräumt werden. "Es wird ein hohler Vogel", sagt Bauunternehmer Alexander Walla. Ein Kran wird von oben ins Dach greifen und alles herausziehen. So vorsichtig wie möglich, denn niemand weiß, wie stabil die Außenmauern wirklich sind. Ist die Mühle innen leer gezogen, werden Aussteifungen angebracht, um der Hülle wieder die nötige Stabilität zu geben. Außerdem wird eine Noteindeckung aufgebracht, um das Haus künftig vor Wind und Wetter zu schützen.
"Es ist ein erster kleiner Schritt", sagt Markus Zeibig, der ausschließlich Firmen aus der Region beauftragt hat. Und ein wichtiger noch dazu. Er und Bauexperten gehen davon aus, dass das Mühlengebäude ansonsten in den nächsten zwei bis fünf Jahren von allein eingefallen wäre.
Wie es nach der Notsicherung weitergeht, ist offen. Alles steht und fällt mit der nötigen Finanzierung. Markus Zeibig und Gunnar Baumann hätten viele Ideen für das Areal, wollen damit aber noch nicht an die Öffentlichkeit gehen. "Wir wollen erst darüber sprechen, wenn die nächsten Schritte gesichert sind", sagt Zeibig.
Sanierung der Villa Zeibig läuft parallel
Er und sein Partner leben aktuell noch in Dresden, wollen aber perspektivisch nach Königstein ziehen. Schon jetzt verbringen sie fast jedes Wochenende in der Festungsstadt, um die beginnende Notsicherung zu überwachen. Ihre neue Heimat wird ein nicht weniger geschichtsträchtiger Ort - die Villa Zeibig, die zum Mühlengelände gehört. Die privat finanzierte denkmalgerechte Sanierung läuft bereits. "Wir hoffen, dass wir Weihnachten in unserem neuen Zuhause in Königstein feiern können", sagt Gunnar Baumann.
Zur Geschichte der Zeibigmühle in Königstein
- 1721: Gründungsjahr, seitdem in Familienbesitz: erst durch die Familie Hamisch, dann durch die Familie Zeibig
- um 1860: Erweiterung und Umbau der Mühle
- vermutlich bis in die 1950er-Jahre: Mühle als Getreidemühle in Betrieb
- ab den 1960er-Jahren: Mühlengebäude als Kinderferienlager genutzt
- seit der Wende: Leerstand und zunehmender Verfall
- um das Jahr 2000: Sanierung des Daches am Herrenhaus, um den dortigen Verfall zu stoppen