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Stolpen: Hier gibt es Pflanzensamen kostenlos

Auf diese positive Nachricht haben viele gewartet, vor allem Hobbygärtner wird es freuen. In Stolpen geht die erste Saatgutbibliothek im Kreis an den Start.

Von Anja Weber
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Marita Zellmer betreut die Saatgutbibliothek im Alten Amtsgericht in Stolpen.
Marita Zellmer betreut die Saatgutbibliothek im Alten Amtsgericht in Stolpen. © Steffen Unger

Wollten Sie schon immer eine neue Bohnensorte in ihrem Garten haben oder einen anderen Tomatengeschmack? Oder sind ihre Radieschen nur ins Kraut geschossen und den Salat haben die Schnecken gefressen? Vielleicht haben Sie ja auch ihre Liebe zu vom Aussterben bedrohten Erbsensorten entdeckt. In Stolpen gibt es jetzt einen ganz besonderen Anlaufpunkt für Hobbygärtner.

Vor wenigen Tagen wurde die erste Saatgutbibliothek in Stolpen eröffnet. Vorbilder gibt es bereits in der Landeshauptstadt. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dürfte eine solche Einrichtung bislang einmalig sein. Möglich wurde das durch eine Kooperation des Gogelmosch-Vereins Stolpen mit der Stadtverwaltung. Mit dem Projekt "mitEINander - Stolpener Land" hatte man sich an dem neuen Förderprogramm Soziale Orte beteiligt. Das Projekt wurde so auch durch die Landesregierung bestätigt. Und in Stolpen ist man mitten in der Umsetzung. Das Vorhaben "Grünes Stolpen" ist eine von insgesamt sechs Soziale-Orte-Ideen.

Wer mehr Grün haben will, braucht eben auch den entsprechenden Samen und kreative Köpfe dazu. Marita Zellmer kam im Corona-Lockdown die zündende Idee. Als Stadtführerin in und um Dresden gab es für sie nichts zu tun. Aber nichts tun ist nicht ihr Ding. Und so hat sich Marita Zellmer mit Saatgut beschäftigt, nach alten Sorten gesucht und überlegt, was man damit noch alles machen könnte und vor allem wie man andere davon begeistern könnte. "Die Idee ist ja nicht ganz neu. In Dresden gibt es schon so etwas. Aber hier in der Region nicht", sagt sie. Ihr geht es darum, alte und vom Aussterben bedrohte Sorten und die traditionelle Sortenvielfalt zu bewahren.

Oder es werden eben auch neue Geschmackserlebnisse vermittelt. "Gerade alte Sorten, die an unserer Region und unser Klima angepasst sind, überstehen vielleicht eher Dürre, Hitze, Dauerregen und auch die leidigen Schneckeninvasionen", sagt sie. In Stolpen gibt es jetzt übrigens gleich zwei Saatgutbibliotheken. Eine im Alten Amtsgericht Markt 26 und eine im Gogelmosch-Haus Am Schafbergblick1. Betreut werden diese von Marita Zellmer beziehungsweise Eszter Miletics vom Gogelmosch-Verein.

So funktioniert eine Saatgutbibliothek

Marita Zellmer hat sich schlaugemacht und speziell nach alten Sorten gesucht. Den Samen, sozusagen den ersten Bibliotheksbestand, hat sie in Brandenburg gekauft. Und das ganze funktioniert ganz einfach. Wer Interesse hat, geht in die Saatgutbibliothek und bekommt eine kleine Tüte mit Samen, kostenlos wohlgemerkt. Man muss auch kein Mitglied werden. Bedingung ist, man bringt den Samen im heimischen Garten oder auf dem Balkon in die Erde und lässt immer ein paar Früchte blühen bis sie erneut Samen ansetzen. Diese sollen dann getrocknet wieder in die Bibliothek gebracht werden. So haben dann auch andere Gartenliebhaber noch etwas davon."

Der Grundbestand ist noch nicht allzu groß. Aber wir freuen uns natürlich, wenn uns Hobbygärtner Samen vorbeibringen, den wir dann weiter ausleihen können", sagt Marita Zellmer. Am besten wären Starterpakete die einfach reproduzierbar sind. Wer das möchte, sollte den Samen verpacken, beschriften und in der Bibliothek abgeben. Es ist auch möglich, Name und Adresse hinterlegen. Damit habe man die Möglichkeit, mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Denn das ist der eigentliche Hauptgedanke des Projektes. Miteinander ins Gespräch zu kommen, sich austauschen und gemeinsam zu experimentieren.

Außerdem kann man sich vor Ort auch über die richtige Gewinnung von Saatgut informieren. Der Grundbestand die Bibliothek besteht derzeit fast ausschließlich aus Gemüsesamen. Aber der hat es in sich und manche Namen sind auch etwas ausgefallen, wie zum Beispiel ein Rattenschwanzrettich. Dieser Rettich bildet nach der Blüte lange Samenschoten, die würzig-scharf schmecken. Sie werden für Rohkostplatten, als Dip in Soßen und für Salate verwendet. Im Angebot ist auch der Samen von einem runden schwarzen Winterrettich, dessen Ursprung bis ins 16. Jahrhundert reicht. Drei verschiedene Sorten Radies kann Marita Zellmer anbieten, darunter auch gelbe. Experimentierfreudigen empfiehlt sie Kichererbsen.

Zudem kann sie Samen von drei Erbsensorten verleihen, darunter polnische und französische oder auch drei Sorten Buschbohnen die sich Aramis, Hinrichs Riesen und Regina nennen. Letztere ist ebenfalls eine sehr alte Sorte. Und wer sich ranhält und jetzt noch Tomatensamen säen möchte, kann in der Bibliothek zwischen einer großen Riesentomate und Black Zebra wählen. "Am besten ist es, wenn die Leute selbst vorbeikommen. Ich denke auf jeden Fall, dass noch einige mehr mitmachen und unseren Bibliotheksbestand vergrößern", ist sie optimistisch. Eine Langenwolmsdorferin hat davon bereits Gebrauch gemacht und den Samen von Bartnelken vorbeigebracht.

Kontakt:

  • Altes Amtsgericht, Markt 26 in Stolpen Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr
  • Gogelmosch-Haus Stolpen, Am Schafbergblick 1, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 bis 15 Uhr.