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Spargel in Sachsen wird kaum günstiger

Der erste Spargel aus Sachsen ist teuer - und wird im Verlauf der Saison wohl kaum günstiger. Warum der Anbau kaum wirtschaftlich und das Wetter auch für die Konkurrenz aus Spanien ein Problem ist.

Von Sylvia Miskowiec
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Jede Spargelstange muss per Hand gestochen werden. Auch deswegen ist das edle Gemüse so teuer.
Jede Spargelstange muss per Hand gestochen werden. Auch deswegen ist das edle Gemüse so teuer. © Julian Stratenschulte/dpa

Während Westsachsen schon sticht, muss Mittelsachsen noch warten: Die Spargelernte im Freistaat kommt aufgrund der kalten Temperaturen nicht so recht in Gang. „Daher sind die Preise auch noch hoch“, sagt Frank Saalfeld, Geschäftsführer des Verbandes der Ostdeutschen Spargel- und Beerenobstanbauer.

So kostet derzeit Spargel der ersten Handelsklasse aus einem der wichtigsten sächsischen Anbaugebiete, Kyhna bei Leipzig, 15,90 Euro pro Kilo. Jedoch soll dieser bereits nächste Woche einen Euro billiger angeboten werden, heißt es bei der Gemüsebau Kyhna KG. Auch Verbandschef Saalfrank ist optimistisch: „Ich gehe davon aus, dass die heimischen Spargelpreise sich im Laufe der Saison auf dem Vorjahresniveau einpegeln. Da lagen wir zwischen zehn und zwölf Euro pro Kilogramm – was im Schnitt sogar etwas weniger war als das Jahr zuvor.“

Wenig Optimismus bei sächsischen Spargelbauern

Im Elbland zwischen Nieschütz und Nünchritz ist man weniger optimistisch. „Diese Preise sind nicht realistisch, zumindest nicht für Handelsklasse eins“, sagt René Heidig von der Nieschützer Spargel GmbH, die ab Mittwoch ihren Verkauf sowohl im Hofladen als auch an Ständen in der Region beginnt. Wie viel die Kunden letztlich für die höchste Güteklasse zahlen müssen, möchte der Spargelbauer nicht sagen, betont aber: „Ab 9,90 Euro gibt es bei uns Spargel aus der Region.“

Mathias Schertenleib vom Bio-Spargelhof Schertenleib in Ostrau erklärt dagegen klar: „Für die Handelsklasse eins werden wir voraussichtlich 15 Euro pro Kilogramm aufrufen. Bruchspargel gibt es aber schon ab rund vier Euro.“ Allerdings müssen sich die Spargelliebhaber in Mittelsachsen noch gedulden, da die Temperaturen wohl erst Ende der Woche für eine erste Ernte hoch genug sein werden, so Schertenleib.

Preisdumping aus Südeuropa

All diese Angebote für die weißen Stangen liegen noch deutlich über den Kampfpreisen der Konkurrenz aus Südeuropa, gibt Verbandschef Saalfeld zu bedenken. „Wir hatten es hier im vergangenen Jahr mit Dumpingpreisen von teils sechs Euro pro Kilo Stangenspargel zu tun“, sagt Saalfeld. „Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass das in diesem Jahr wieder passiert. Vor allem Spanien hat momentan noch Probleme, es war auch dort bisher zu kalt für eine Massenproduktion.“

Nichtsdestotrotz blicken die deutschen Spargelbauer besorgt gen Süden. „Wir kämpfen mit der Importware“, sagt der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs. Neben dem Spargel aus sächsischer Produktion ist es vor allem der Beelitzer Spargel aus Südbrandenburg, der an vielen Verkaufsständen in Sachsen zu haben ist – laut Jakobs zu einem Preis zwischen neun und 15 Euro. „Seit der Einführung des Mindestlohns in Deutschland ist es schwer, Spargelanbau in Deutschland wirtschaftlich zu betreiben“, so Jakobs und spricht damit Bauern wie den Nieschützern aus dem Herzen. „Die Lohnsteigerung von 9,82 Euro pro Stunde in der letzten Saison auf nun zwölf Euro schlägt in diesem Jahr ordentlich ins Kontor“, sagt Heidig. Denn Spargelernte sei nun mal größtenteils Handarbeit. Jede Stange wird sorgfältig freigelegt und aus der Erde herausgestochen. Hinzu kämen noch gestiegene Ausgaben für Maschinen, Betriebsmittel und Co.

Spargel in Sachsen: Weniger Anbauflächen, weniger Ernte

„Einige Bauern sagen, wir gehen aus der Produktion raus“, schildert der Beelitzer Jakobs die aktuelle Situation in Brandenburg. Fakt ist: Auch in Sachsen gehen bereits seit acht Jahren die Spargelanbauflächen zurück. Zu Hochzeiten wie im Jahr 2015 bewirtschafteten die sächsischen Spargelbauer 324 Hektar, 2022 waren es nur noch knapp 174 Hektar. Mit der Anbaufläche sinkt auch die Menge der Ernte: von 1.051 Tonnen 2015 auf rund 442 Tonnen im vergangenen Jahr.

Langwieriger Spargelanbau

Spargel ist kein einfaches Gemüse, nicht nur, weil es per Hand geerntet werden muss. Bis Stangen aus der Erde geholt werden, die in den Handel gehen können, dauert es drei Jahre. Dann aber wächst Spargel rapide mit bis zu 0,75 Zentimetern pro Stunde. Oft wird sogar zwei Mal pro Tag geerntet – vorausgesetzt, es ist warm genug. „Am besten gedeiht Spargel bei 18 bis 22 Grad Celsius“, sagt Landwirt Heidig. „Die momentanen elf Grad sind etwas wenig, erst bei neun Grad fängt er überhaupt an zu wachsen.“ Damit der Spargel früh aus dem Boden sprießt, wird er fast überall unter Plastik aufgezogen. Mit den Folien, die bei Naturschützern wegen des Artenschutzes umstritten sind, lässt sich die Temperatur im Spargeldamm beeinflussen und eine schnellere Ernte hervorbringen. „Ohne Folie gäbe es keinen marktfähigen Spargel“, meinte Jakobs. Der Preis wäre deutlich höher, zudem würden sich die Spargelspitzen ohne Abdeckung grün oder blau färben, was Verbraucher wiederum verschmähten.

Transport reduziert Aroma

Auch der Untergrund spielt eine Rolle. „Sandiger Boden wie in Beelitz erwärmt sich schneller als feuchter, schwerer Boden und bringt früher Spargel hervor“, erklärt Saalfrank. Der Vorteil der schweren, meist mineralischeren Erde: „Sie verleiht dem Gemüse ein tolles würziges Aroma.“ Doch genau das gehe nach dem Stechen schnell verloren, so Saalfrank. „Spargel trocknet auf langen Transportwegen zudem leicht aus, man muss ihn dann mehr schälen, was wiederum die essbare Menge reduziert.“ So werde der vermeintliche Billigspargel dann schnell eine teure Angelegenheit, die noch nicht einmal mehr schmecke.

Güteklassen für Spargel

Die Kennzeichnungen sind nicht verpflichtend, aber üblich.

  • Extra 1: gerade Stangen mit 12 bis16 mm Dicke und 17 bis 22 cm Länge, unbeschädigt sowie fest verschlossenen Köpfen, eher selten
  • Klasse 1: darf leicht gebogen sein, mit 10 bis 16 mm Dicke und 12 bis 22 cm Länge, fest verschlossene Köpfe, leichte Verfärbungen zulässig
  • Klasse 2: darf weniger gut geformt sein mit mindestens 8 mm Dicke und 12 cm Länge, leicht geöffnete Köpfe und stärkere Verfärbungen erlaubt
  • Bruch- oder Suppenspargel: gebrochene Stangen und solche, die keine Norm erfüllen