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Warum sich die SZ zum 77. Geburtstag weniger Papier wünscht

Die Sächsische Zeitung feiert in schweren Zeiten heute für die gedruckte Zeitung ihren Geburtstag. Warum das vieles ändert, nur unseren Journalismus nicht, erklärt Chefredakteur Uwe Vetterick.

Von Uwe Vetterick
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© SZ

Liebe Leserinnen und Leser,

die Sächsische Zeitung möchte heute mit Ihnen feiern. Wahrscheinlich liegt Ihr 77. Geburtstag noch vor Ihnen, vielleicht liegt er auch schon hinter Ihnen. Egal, denn eines ist gewiss: Ohne SIE, ohne Ihre Neugier, Ihr Vertrauen, Ihre Lesefreude, könnte es den heutigen Tag für die SZ nicht geben.

Dafür Danke. Von unseren Redakteuren, den Mitarbeitern im Verlag, den Druckern und natürlich unseren Zustellern.

Heute ist ein guter Tag, unser Geburtstag eben – allerdings einer in herausfordernden Zeiten. Warum?

Man wünscht sich zum Geburtstag ja meist, was man gerade nicht hat. Oder nicht mehr. Das ist bei einer Zeitung nicht anders. Man hofft, dass sie doch mal wieder verlässlich früh im Briefkasten steckt. Oder günstiger wird statt teurer. Oder aktueller. Dass sie ohne Papier auskommt. Oder wieder ohne Brille zu lesen ist.

Gibt’s nicht? Gut, heute ist Geburtstag, da dürfen wir uns doch gemeinsam etwas wünschen, oder?

Die Welt wird lauter, ausschließlicher, gespaltener

Zunächst müssen wir leider festhalten: Der gedruckten Zeitung geht es fast nirgendwo mehr richtig gut. Auch der gedruckten SZ nicht. Papierpreise um 200 Prozent rauf, Energiekosten verdoppelt, mehr als 100 fehlende Zusteller. Die SZ auf Papier hat’s schwer, und Sie als Leser haben’s deshalb oft schwer mit ihr. Wir wissen das.

Was können wir tun, gemeinsam? Es fällt mir nach über 30 Jahren in diesem Beruf nicht leicht, dies zu schreiben, aber: Vielleicht müssen wir langsam wirklich Abschied nehmen vom Papier. Kein Abschied von der Zeitung, das auf keinen Fall! Aber Abschied vom Papier.

38.000 Leser sind diesen Schritt in den vergangenen Jahren bereits gegangen. Jeden Monat kommen etwa 1.000 hinzu. Sie haben sich für die elektronische Zeitung entschieden. Sie lesen die SZ inzwischen auf einem Tablet als E-Paper. Das funktioniert wie gedruckt. Außerdem verlässlich und pünktlich. Und ist deutlich günstiger, 24,90 Euro. Es ist auch aktueller, weil schon am Vorabend ab 20 Uhr verfügbar. Und: Tatsächlich ohne Brille zu lesen, dank Zoom-Funktion.

Allerdings, es gibt etwas, das bleibt auch auf dem Tablet, was es auf Papier war und ist: unser Journalismus. Die Welt um uns herum mag eine andere werden: lauter, ausschließlicher, gespaltener. Dies können wir nicht ändern. Wir müssen aber auch nicht mittun. Und die allermeisten von Ihnen wollen dies wahrscheinlich auch nicht.

Gern auch ein wenig gelassener

Warum wir da so sicher sind? Die Sächsische Zeitung startet regelmäßig repräsentative Umfragen unter Ihnen, unseren Lesern. Wir tun dies nicht selbst. Wir beauftragen unabhängige Wissenschaftler des Instituts für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden. Die Ergebnisse sind oft überraschend, aber zumeist auch ermutigend. So bewerten aktuell 64 Prozent von Ihnen die Sächsische Zeitung mit den Schulnoten 1 oder 2.

Darüber freuen wir uns bei der SZ. Und wissen doch zugleich um die Unzulänglichkeit, um die Begrenztheit unserer Arbeit. Dabei geht es häufig gar nicht um die Frage von falsch und richtig. Sondern eher um die persönliche Perspektive des Schreibers wie des Lesers. Das mag theoretisch klingen, wirkt aber ganz praktisch: Natürlich schaut ein junger Mensch anders auf das große Thema Klima als ein älterer. Und umgekehrt schaut ein Älterer auf das große Thema Frieden anders als ein Jüngerer.

Die Sächsische Zeitung begreift sich als Zeitung für Jüngere wie Ältere, Linke wie Konservative, hier Großgewordene wie Zugezogene. Als ein Zuhause für durchaus unterschiedliche Sichten auf die manchmal gleichen Dinge. Als ein Ort, wo man mit anderen Auffassungen sachlich umgeht, interessiert umgeht, gern auch ein wenig gelassener.

Dass dies so bleibt, das wäre unser Geburtstagswunsch zum 77. der SZ. Einer, den wir uns übrigens gemeinsam erfüllen können. Wir von der SZ, Sie als Leser. Ganz gleich, ob auf Papier oder Tablet.