Thomas Beier hat als Menschenfresser angefangen. Im "Zauberer von Oz". Das war seine ersten Rolle. Den Satz "Nach dem Essen schmeckt das Schlafen umso besser", hat er damals auf der Bühne rausgehauen - statt andersherum. An diesen Versprecher von vor 30 Jahren kann er sich bis heute erinnern. "Das war mein Einstand", sagt er.

Der Pfarrer hatte den jungen Thomas Beier damals zu der Sebnitzer Schülertheatergruppe geschickt, die gerade aus einer Hort-AG hervorgegangen war. Der Junge galt als hibbelig und konnte im Gottesdienst nie stillsitzen. Vom Theaterspielen erhoffte man sich Besserung. Das war 1992.

Jetzt feiert das Theatre Libre sein 30-jähriges Bestehen. Der Verein hat heute über 50 Mitglieder, eine eigene Spielstätte am Schillerplatz in Sebnitz und bringt pro Jahr im Schnitt sechs Inszenierungen auf die Bühne. Thomas Beier ist als letztes Urgestein von Anfang an dabei, als Schauspieler, Regisseur und seit vielen Jahren als Vereinsvorsitzender.

Professionell und ehrenamtlich

Das Theatre Libre ist ein Amateurtheater - und das bedeutet genau das Gegenteil von dem, was man vermuten könnte. Zwar passiert hier alles ehrenamtlich, niemand verdient mit der Schauspielerei sein Geld, aber viele der erwachsenen Mitglieder haben eine professionelle Ausbildung genossen, in der es um Theaterhandwerk wie Dramaturgie, Sprache und Bewegung geht, aber auch um Pädagogik.

Entsprechend ist das Theatre Libre nicht nur im Bund Deutscher Amateurtheater organisiert, sondern auch im Jugendring Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und als Verein anerkannter Träger der Jugendhilfe. Die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist ein wesentlicher Bestandteil des ganzen Projekt.

Jugendliche erfahren Anerkennung

Viele Kinder flüchten sich ins Theater, wenn es Stress zu Hause gibt oder in der Schule, erzählt Thomas Beier, der von Beruf Sozialpädagoge ist. Im Theaterverein lernen sie, dass es auf Gemeinschaft und Dialog ankommt, welche Bedeutung Sprache hat und das es wichtig ist, sich vor jemanden zu stellen und den Mund aufzumachen, wenn eine Ungerechtigkeit passiert. Und ganz wichtig: Sie erfahren Anerkennung, wenn das Publikum nach der Vorstellung applaudiert.

Wenn Jugendliche mit dem Traum von der großen Hollywood-Karriere beim Theatre Libre aufschlagen, dann konfrontiert Thomas Beier sie mit der Realität: Dass das Schauspielfach viel mit Quälerei zu tun hat und in den allermeisten Fällen wenig mit einer guten Bezahlung. In 30 Jahren Theatre Libre ist ein früheres Ensemblemitglied professionelle Theater- und Filmschauspielerin geworden. Bei den aktuellen Mitgliedern sind die Berufe bunt gemischt, wobei der Anteil der Pädagogen groß ist.

Wie alle Vereine hat auch das Theatre Libre damit zu kämpfen, den Nachwuchs zu halten. Die Kindertheatergruppe ist in de Regel ausgebucht, der Bruch passiert dann im Übergang zu Ausbildung und Studium, wenn die Zeit knapper wird und oft ein Ortswechsel ansteht. Umso stolzer ist Vereinschef Thomas Beier auf Eigengewächse, die teils im Kindesalter von neun Jahren beim Theatre Libre angefangen haben und heute als Regisseure selbst Stücke inszenieren.

Premieren immer ausverkauft

In Sebnitz ist das Theatre Libre eine feste Größe. Die Premieren im eigenen Haus sind immer ausverkauft, zum "Weihnachten im Wald", das das Theater gemeinsam mit dem Sachsenforst gestaltet, kommen tausend Besucher von überallher, auch die Sebnitzer Museumsnacht und der Kultursommer sind ohne die Theatergruppe undenkbar. "Wir sind unglaublich dankbar für dieses Publikum", sagt Thomas Beier. Es gibt sogar Stammgäste aus Berlin, die einst im Sächsische-Schweiz-Urlaub eine Vorstellung sahen und seitdem regelmäßig anreisen.

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Der Applaus ist das, was die Theatermacher nach wie vor antreibt. Der Stress der wochenlangen Proben, der Aufwand für Organisation und Technik hinter der Bühne sind dann vergessen. "Wenn man nach der Vorstellung, in lauter lächelnde Gesichter im Saal schaut, dann weiß man, warum man das macht", sagt Thomas Beier. Das sei Anerkennung in höchster Form.

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