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Land unter in Sebnitz

Der Hertigswalder Bach und die Sebnitz überfluten die Schillerstraße in Sebnitz in nur wenigen Minuten. Woanders ist da noch alles ganz entspannt - noch.

Von Anja Weber
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Auf der Schillerstraße in Sebnitz kam das Wasser von allen Seiten. Hier wurde zuerst Land unter gemeldet.
Auf der Schillerstraße in Sebnitz kam das Wasser von allen Seiten. Hier wurde zuerst Land unter gemeldet. © Tom Weber

Die Bilder erinnern an das schlimme Hochwasser 2010. Binnen weniger Stunden waren damals mehrere Teile von Sebnitz überflutet worden. Eine Situation, die sich an diesem Wochenende wiederholte.

Am Sonnabend lag der Pegel der Sebnitz gegen 16 Uhr noch bei 64 Zentimetern. Nur eine Stunde später erreichte er mit 106 Zentimeter die Hochwasser-Alarmstufe 1. Im Penny-Markt an der Schillerstraße herrschte noch reger Kundenbetrieb, als das Wasser plötzlich von allen Seiten strömte. Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Dabei sollte es aber nicht bleiben.

Aufgrund des Starkregengebietes, das aus der Oberlausitz über der Sächsischen Schweiz hereinbrach, stiegen die Pegel der Polenz und Sebnitz innerhalb weniger Stunden stark an. Die Scheitelpunkte wurden mit 1,97 Meter um 20 Uhr an der Polenz/Pegel Neustadt (im Jahr 2010 zwei Meter) und um 22 Uhr mit 1,97 Meter an der Sebnitz/Pegel in Sebnitz (im Jahr 2010 drei Meter) erreicht.

Die Erinnerungen an die Flut 2010 kamen bei vielen Anwohnern hoch. Damals wurde die Sebnitzer Innenstadt komplett geflutet. Der steigende Pegel trieb dann auch entsprechend viele Neugierige an die kritischen Stellen der Sebnitz. Die Flussanwohner wussten was zu tun ist, stapelten im Eiltempo Sandsäcke vor Eingänge, Kellerfenster und Ladentüren. Doch woher so schnell an Sandsäcke kommen?

Auf dem Marktplatz wurden große Stapel mit leeren Säcken angeliefert. Die TDS kippte tonnenweise Sand auf den Markt. Über die sozialen Netzwerke wurden durch Jugendliche eiligst Hilferufe gestartet. Aktionen, die schnell Wirkung zeigten. Denn im Handumdrehen wurden von Dutzenden Freiwilligen Säcke gefüllt, auf Hänger und Quads geladen und im Krisengebiet verteilt - bis in die späten Abendstunden hinein. Manche Grundstücke waren da bereits geflutet. Und der Pegel stieg weiter an.

Sebnitz kurz vor Alarmstufe 4

Kurzzeitig flammte Hoffnung auf. Gegen 19 Uhr schien sich die Situation zu entspannen. Für die Sebnitz war da bereits die Alarmstufe 3 ausgerufen. Einige Keller wurden bereits ausgepumpt. Doch schon kurze Zeit später sollte sich die Arbeit als umsonst erweisen. Bis 22 Uhr stieg das Wasser weiter an. An der Brücke Lange Straße wurde von Feuerwehr, Rettungssanitätern und vielen freiwilligen Helfern mit Folien und Sandsäcken eine Sperre errichtet, um den Marktplatz vor neuerlichen Überflutungen zu schützen. Gegen 22 Uhr dann der Höchststand des Flusses mit 1,97 Metern. Bei einem Pegel von 2,10 Metern wird die Alarmstufe 4 ausgerufen.

Obwohl die schlimmen Fluten von 2010 zum Glück ausblieben, ist der Schaden bei einigen Betroffenen dennoch groß. Vollgelaufene Keller, überflutete Grundstücke - eine genaue Bilanz für Sebnitz liegt noch nicht vor.

Hertigswalder Bach und Sebnitz ergießen sich über die Hertigswalder Straße und Schillerstraße in Sebnitz.
Hertigswalder Bach und Sebnitz ergießen sich über die Hertigswalder Straße und Schillerstraße in Sebnitz. © Tom Weber
Da ist kein Halten mehr. Die Kanalisation schafft die Regenmengen nicht. Hier ergießt sich das Wasser von Weberstraße, Bergstraße und Friedhofstraße in die Sebnitz.
Da ist kein Halten mehr. Die Kanalisation schafft die Regenmengen nicht. Hier ergießt sich das Wasser von Weberstraße, Bergstraße und Friedhofstraße in die Sebnitz. © Tom Weber
Binnen kurzer Zeit stehen einige Grundstücke entlang der Sebnitz unter Wasser. Bis 22 Uhr stieg der Pegel immer weiter an.
Binnen kurzer Zeit stehen einige Grundstücke entlang der Sebnitz unter Wasser. Bis 22 Uhr stieg der Pegel immer weiter an. © Tom Weber
Angespannte Situation auch in den Abendstunden. Hoffentlich bleiben der Feuerwehr weitere Einsätze erspart.
Angespannte Situation auch in den Abendstunden. Hoffentlich bleiben der Feuerwehr weitere Einsätze erspart. © Tom Weber
Bis in den späten Abend wurde Sandsäcke verteilt und gestapelt.
Bis in den späten Abend wurde Sandsäcke verteilt und gestapelt. © Tom Weber
An der Brücke Lange Straße wird eine Schutzwand aus Folien und Sandsäcken errichtet.
An der Brücke Lange Straße wird eine Schutzwand aus Folien und Sandsäcken errichtet. © Tom Weber
Am Tag danach das große Aufräumen. Schlamm und Geröll müssen entsorgt werden.
Am Tag danach das große Aufräumen. Schlamm und Geröll müssen entsorgt werden. © Tom Weber
Wo Stunden vorher die Sandsäcke gefüllt wurden, können sie wieder abgegeben werden. Sammelstelle für gebrauchte Sandsäcke auf dem Sebnitzer Marktplatz.
Wo Stunden vorher die Sandsäcke gefüllt wurden, können sie wieder abgegeben werden. Sammelstelle für gebrauchte Sandsäcke auf dem Sebnitzer Marktplatz. © Tom Weber

Hohnstein, Neustadt und Kirnitzschtal stark betroffen

Wer am späten Sonnabendnachmittag nach Ulbersdorf wollte, musste wieder umkehren. Die Straße nach Sebnitz hatte sich in einen reißenden Fluss verwandelt. In einigen Hohnsteiner Ortsteilen war die Feuerwehr bereits im Dauereinsatz, wie Bürgermeister Daniel Brade (SPD) berichtet. In Ulbersdorf kam es zu Erdrutschen, die Staatsstraße S165 zwischen Lohsdorf und Ulbersdorf ist teilweise unterspült. Das Gasthaus zum Polenztal musste evakuiert werden. In Ulbersdorf stehen Häuser unter Wasser. Auch die Straße von Rathmannsdorf Höhe nach Kohlmühle ist stark beschädigt. "Ab Montag werden wir uns ein genaues Schadensbild an der kommunalen Infrastruktur machen. Es ist unklar, ob die Wanderwegbrücken im Sebnitztal, Polenztal und Schwarzbachtal noch stehen", sagt Bürgermeister Brade.

Erdrutsche und unpassierbare Straßen

In Neustadt, Langburkersdorf und Polenz war die Situation ebenfalls dramatisch. Innerhalb weniger Stunden stieg der Pegel der Polenz von 25 Zentimeter auf 1,97 Meter. Hier wurde gegen 19 Uhr die höchste Alarmstufe 4 ausgerufen. Die Feuerwehr wurde ebenfalls an vielen Orten gleichzeitig gebraucht. Bereits am Nachmittag stand die Kreuzung an der Wilhelm-Kaulisch-Straße und am Kaufland in Neustadt unter Wasser.

Besonders kritisch wurde es im Ortsteil Polenz selbst. Gnadenlos bahnte sich der sonst kleine Fluss hier seinen Weg durch Häuser und Grundstücke. Straßen und Brücken waren überflutet. Bis gegen Mitternacht verzeichnet die Feuerwehr an die 50 Einsätze in Neustadt und den Ortsteilen.

Laut Landeshochwasserzentrums hatte es im Einzugsgebiet der Kirnitzsch und der Sebnitz innerhalb von 24 Stunden teils mehr als 100 Liter pro Quadratmeter geregnet. In Lichtenhain-Mittelndorf seien es sogar 110 Liter Niederschlag gewesen.

Inzwischen sind die Pegel überall wieder rapide abgefallen. Das Wasser ist zumeist in die Elbe abgeflossen. Die kann die Wassermassen derzeit noch aufnehmen. Es gibt keine Warnmeldung des Hauptstroms. Allerdings führt auch die Elbe seit Tagen aus Tschechien viel Wasser mit sich. Der Pegel in Schöna liegt am Sonntagnachmittag bei 3,12 Metern. Ab einer Höhe von vier Metern wird für die Elbe die Alarmstufe 1 ausgerufen.