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So vermögend sind die Sachsen

Jeder Sachse besitzt im Schnitt rund 37.000 Euro. Dennoch wird wenig investiert und mehr gespart. Das hat unterschiedliche Gründe.

Von Maximilian Helm
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© Pixabay

Es sei eine einfache Rechnung, sagt Gabriele Widmann: „Wenn die Inflation im Jahr rund 1,5 Prozent beträgt, es auf ein Sparbuch aber nur 0,5 Prozent Zinsen gibt, dann schwindet das Vermögen.“ In ganz Deutschland seien es immerhin 37 Milliarden Euro, die so verloren gingen. Widmann ist Volkswirtin bei der Deka, dem Wertpapierhaus der Sparkasse. Sie hat aus Daten der Bundesbank und der Sparkassen, aus Steuerdaten und aus Umfragen einen recht genauen Datensatz erstellt, der die Vermögensverteilung in Deutschland widerspiegelt. Das macht es möglich, regionale Unterschiede sehr fein darzustellen.

Jeder Sachse hat im Durchschnitt ein reines Geldvermögen von 37.700 Euro, dabei zählt jeder Bürger, ob Kleinkind oder Komapatient. Extrem hohe Privatvermögen werden nicht einberechnet – sie würden das Ergebnis verfälschen. Zum Vergleich: Der Durchschnittsdeutsche besitzt knapp 52.000 Euro. Sachsen liegt damit bundesweit im hinteren Viertel.

„Es wird zu viel gespart“

Der „reichste“ Landkreis, der Kreis Leipzig (ohne die Stadt selbst), kommt mit 42.500 Euro pro Person bundesweit auf Platz 315 von insgesamt 401 ausgewerteten Kreisen. Freud und Leid liegen nah beieinander: Das niedrigste Geldvermögen pro Einwohner findet sich im Stadtgebiet Leipzig mit durchschnittlich 33.700 Euro, das macht Platz 396. Bundesweite Spitze sind die üblichen Verdächtigen: der Kreis Starnberg mit 91.000 Euro pro Kopf, gefolgt vom Kreis München und dem Hochtaunuskreis.

Gabriele Widmann präsentiert diese Zahlen in der Sparkassen-Filiale in Radebeul, sie ist live aus Frankfurt zugeschaltet. Daniel Höhn, Direktor der Sparkasse Meißen, hört interessiert zu. „Rund 40.000 Euro pro Einwohner sind ein guter Wert“, sagt er und meint damit den Kreis Meißen. Dass es auch hier nur für Platz 330 gereicht hat, stört ihn wenig. Wichtiger sei eher, was die Sachsen mit ihrem Geld machen. Vor allem: Wie sie es anlegen.

© SZ Grafik

Auch dazu hat Widmann Daten. Und sie fasst ihre Meinung in einem Satz zusammen: „Es wird zu viel gespart und zu wenig investiert.“ Über die Hälfte des Privatvermögens, in ganz Deutschland immerhin über sechs Billionen Euro, liegt in niedrig verzinsten Bankeinlagen. Die Europäische Zentralbank hält seit Jahren den Leitzins sehr niedrig, das führt einerseits zu günstigen Krediten für Unternehmen und soll der Wirtschaft helfen, andererseits auch zu extrem niedrigen Zinsen für Sparer, die dann von der Inflation aufgefressen werden. Jeder Sachse verliere dadurch im Jahr 323 Euro, so die Deka-Bänkerin. Gerade einmal sieben Prozent ihres Vermögens investieren die Sachsen in Aktien, etwa 13 Prozent in Fonds. Dabei sei die Rendite mit solchen Wertpapieren deutlich höher. In Sachsen sei man dabei noch etwas zurückhaltender als im Bundesdurchschnitt.

Die Gründe sind vielschichtig. „Grundsätzlich waren die Deutschen immer sehr zurückhaltende Anleger“, sagt Widmann. Am wichtigsten sei für die Sparer Sicherheit. Das Vertrauen in Wertpapiere fehlte, gelegentliche Kursschwankungen verunsicherten die Deutschen. Und letztlich hätte ein großer Teil der Sparer kaum Erfahrung in diesem Bereich – und auch wenig Muße, sich dieses Wissen anzueignen.

Nachhaltigkeit ist zweitrangig

Doch das ändert sich. Langsam investieren immer mehr Menschen in Aktien und Fonds – das belegen auch die Zahlen von Gabriele Widmann. Lange hätten viele gar nicht daran gedacht, sich mit Wertpapieren zu beschäftigen, doch nun gibt es niedrige Zinsen und Unsicherheiten bei der Rente. „Viele fangen ja auch erst an, gesund zu leben, wenn schon die ersten Wehwehchen da sind“, sagt die Volkswirtin.

Daniel Höhn von der Sparkasse Meißen kann diese Einschätzung bestätigen. „Heute eröffnet kaum noch jemand ein Sparbuch für ein Kind, da wird eher in einen Fonds eingezahlt“, sagt er. Auch in Beratungsgesprächen werde häufiger als früher nach Wertpapieren gefragt. Einzig die Bürokratie sei bei Kleinanlegern häufig eine Hürde, klagt Höhn.

Einen Trend zu „grünen“ Anleihen nimmt er jedoch nicht wahr. Das sind Anteile an Unternehmen, die gezielt Umwelt- und Klimaschutzprojekte finanzieren oder zumindest klare Umweltkriterien erfüllen. „Das ist derzeit eher noch ein Medienthema“, sagt Höhn. Dass jemand gezielt nach solchen Anlagemöglichkeiten frage, sei die absolute Ausnahme.

Gabriele Widmann nennt das Geschäft mit den grünen Wertpapieren ein „zartes Pflänzchen“ – zwar ein klar identifizierbarer Trend, der aber in der großen Finanzwirtschaft kaum eine Rolle spiele. „Einsteiger investieren fast immer in große Unternehmen, die sichere Anlagen sind“, sagt sie. Umwelt-Anleihen seien dagegen meist frisch auf dem Markt und gelten daher als risikoreich. Doch das könne sich ändern, Bundesregierung und EU pumpen viel Geld in den Sektor, sagt die Bänkerin. „Dann kommen Öko-Anleihen vielleicht noch richtig in Schwung.“

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