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Dresdens Footballer haben einen Trainer, den sie sich nicht leisten können

Nach schwerem Infarkt zog sich der langjährige NFL-Coach Paul Alexander aus dem millionenschweren Football-Geschäft zurück. Bis er seine Liebe für Dresden und die Monarchs entdeckte.

Von Alexander Hiller
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Paul Alexander, neuer Trainer der Dresden Monarchs, lebt seit vier Jahren mit einem Stent in seiner Brust.
Paul Alexander, neuer Trainer der Dresden Monarchs, lebt seit vier Jahren mit einem Stent in seiner Brust. © ronaldbonss.com

Dresden. Auf dem saftigen grünen Rasen im Rudolf-Harbig-Stadion werden gerade gewöhnungsbedürftige Linien eingezogen. Das Saisonende von Fußball-Drittligist Dynamo Dresden nutzt ein anderes Team für den eigenen Saisonhöhepunkt – zumindest in puncto Zuschaueraufkommen.

Die Footballer der Dresden Monarchs bestreiten ihr erstes Heimspiel der laufenden Spielzeit in der German Football League (GFL) am Sonntag, 15 Uhr, in der modernsten Arena der Stadt – und wollen rund um das Duell gegen die Berlin Rebels eine Riesenparty zelebrieren. Dabei könnte sogar der bisherige Zuschauerrekord der Monarchs geknackt werden. Der wurde 2002 bei der Aufstiegs-Relegation zur GFL noch im alten Harbig-Stadion aufgestellt. 8.360 Besucher trieben die Dresdner Footballer damals zum Aufstieg.

In dem 2009 eröffneten modernisierten Fußball-Tempel versuchen die Monarchs seither vergeblich, mit jährlich einem Spiel im Harbig-Stadion und einem dazugehörigen Event-Charakter, der vor allem Familien anziehen soll, diese Marke zu knacken. „Der Vorverkauf hat eine Dimension erreicht, die uns hoffen lässt, dass wir einen neuen Rekord erreichen“, sagt Vereins-Präsident Sören Glöckner und hofft: „Das wird ein richtig großes Fest.“ Das könnte wiederholt werden. Denn am 17. Juni treten die Footballer dank Spieltagssponsoren erneut im Harbig-Stadion an.

"Ich bin derselbe Trainer wie vor dem Infarkt", sagt Paul Alexander.
"Ich bin derselbe Trainer wie vor dem Infarkt", sagt Paul Alexander. © kairospress

Damit es nach einer Seuchensaison im Vorjahr – die Dresdner verpassten erstmals seit 2011 den Einzug in die Play-offs um die Meisterschaft – auch sportlich wieder rund läuft, haben die Sachsen einen weltweit renommierten Fachmann für ihre Ziele gewinnen können. Der 63-jährige US-Amerikaner Paul Alexander führt diese Saison die Geschicke als Headcoach. Mit 27 Jahren auf den verschiedensten Posten als Positionstrainer in der National Football League (NFL) hat Alexander nicht nur einen riesigen Wissensschatz angehäuft, sondern ist nach einem persönlichen Schicksalsschlag auch menschlich geerdet. Finanziell hat der erfahrene Trainer dank seiner Arbeit in der stärksten und wirtschaftlich potentesten Footballliga der Welt ausgesorgt, ist auf den Job in Dresden nicht angewiesen.

„Einen NFL-Trainer könnten wir unter normalen Umständen nie verpflichten“, gesteht Geschäftsführer Jörg Dreßler ein. Was nichts anderes heißen soll, dass für Paul Alexander die Summe seines monatlichen Salärs bei den Monarchs nebensächlich ist. Nur zur Einordnung: 2022 führte das US-Magazin Sportico insgesamt 21 NFL oder College-Football-Trainer unter den Top 25 der bestverdienenden Trainer im US-Sport – Positionstrainer dürften allerdings deutlich weniger verdienen, aber sicher mehr als normale Fußballzweitliga-Trainer in Deutschland. Ein Angebot der Wroclaw Panther, die in der europäischen EFL spielen, dort 70-Stunden-Wochen zu absolvieren, lehnte Alexander nach SZ-Informationen dankend ab.

Nach einem Herzinfarkt 2019 – seither hat Paul Alexander einen Stent – entschloss sich der inzwischen 63-Jährige, sein umfangreiches Footballwissen im Rahmen von europa- und weltweiten Seminaren als Teil des Trainerweiterbildungs-Projektes ProCoach.Network weiterzugeben. Mehrere dieser Auftritte führten Paul Alexander auch nach Deutschland und im November 2022 nach Dresden. „Für ihn ist das eine Leidenschaft. Wir haben uns kennengelernt, verliebt – für ihn ist das eine Passion“, unterstreicht Jörg Dreßler sinnbildlich.

Der in Rochester geborene Paul Alexander vermittelt glaubhaft den Eindruck, sein Fachwissen weitertragen zu wollen. Bei den Monarchs hat er mit diesem Ansinnen offene Türen eingerannt. „Ich hatte vor vier Jahren diesen massiven Herzinfarkt. Wir haben es schnell genug geschafft, dass ein Stent eingesetzt wurde“, sagt er und unterstreicht: „Die Zeit, die mir noch bleibt, will ich die Geheimnisse des Footballs vermitteln. Das ist das, was ich liebe.“