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Das Leiden des Ex-Weltmeisters aus Dresden

Die letzte Chance für eine WM-Nominierung hat Johannes Vetter zuletzt verpasst. Auch eine Olympia-Teilnahme ist für den einstigen Speerwurf-Weltmeister derzeit ein ferner Traum.

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Ex-Speerwurfweltmeister Johannes Vetter beim Istaf 2021 in Berlin. Den Wettkampf gewann der Dresdner damals mit einer Weite von 88,76 Metern. Von solchen Ergebnissen ist der 30-Jährige derzeit weit entfernt.
Ex-Speerwurfweltmeister Johannes Vetter beim Istaf 2021 in Berlin. Den Wettkampf gewann der Dresdner damals mit einer Weite von 88,76 Metern. Von solchen Ergebnissen ist der 30-Jährige derzeit weit entfernt. © Archiv: dpa/Andreas Gora

Von Robert Semmler

Dresden. Sein Name fehlt im deutschen Aufgebot für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Wenn die Speerwerfer am 27. August in Budapest am finalen WM-Abend um die Medaillen kämpfen, kann Johannes Vetter nur wehmütig aus der Ferne zuschauen. Schon im vorigen Jahr in Eugene war der Titelträger von 2017 nicht dabei, und ein Start bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris ist ungewiss.

Derzeit ist Vetter froh, einen Wettkampf mit sechs Würfen so zu überstehen, dass seine lädierte Schulter danach nicht behandelt werden muss. So wie am vergangenen Samstag in Leverkusen, als der 30-jährige Dresdner die letzte Chance auf eine WM-Nominierung klar verpasste, obwohl er erstmals in dieser Saison über 80 Meter weit warf.

"Der Gesamtkörper jammert"

Vier Tage zuvor konnte er erstmals seit langer Zeit wieder mehrere Würfe aus vollem Anlauf absolvieren, ohne dass die Schulter extrem reagierte. Das war anderthalb Jahre lang nicht möglich. „Bis vor einigen Wochen konnte ich nicht einmal einen Stein intuitiv ins Wasser werfen. Ich musste mich darauf konzentrieren, dass die Bewegung sauber ausgeführt wird“, berichtete Vetter in einem Interview des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.

85,20 Meter wären für ein WM-Ticket nötig gewesen. Das sind für Vetters Maßstäbe eigentlich lächerliche Weiten: Vor knapp drei Jahren schleuderte er den Speer auf 97,76 Meter und damit fast auf Weltrekordweite. Das ist derzeit undenkbar, denn: „Der Gesamtkörper jammert natürlich, weil die Wettkampf-Belastung so groß war“, sagte Vetter. Ihm fehlen die früher gewohnten harten Reize und Belastungen.

Dass er nach einigen Absagen für andere Wettkämpfe kurzfristig überhaupt antreten konnte, war an sich schon ein Erfolg. Doch Vetter war deutlich anzusehen, wie sehr es in ihm rumorte. Nach manchem Versuch im Leichtathletik-Stadion von Bayer Leverkusen schien ein wenig Resignation aus seinen Gesichtszügen zu sprechen, weil der Speer einfach nicht so weit flog, wie Vetter es sich insgeheim wohl gewünscht hatte.

Der nächste Fixpunkt: der 6. August 2024

„Frustrierend ist, wenn man daran denkt, aus welchen Leistungsbereichen ich 2020 und 2021 gekommen bin. Der Weg zurück ist gerade extrem hart und wird auch zu den Olympischen Spielen in Paris hart werden“, sagte Vetter. „Wo soll es auch herkommen nach der langen Pause? Es ist einfach ein schmaler Grat, dass alles zusammenpasst.“

Wenige Monate nachdem Vetter als Olympia-Favorit in Tokio mit einem für ihn zu weichen Belag nicht zurechtgekommen war, begannen im folgenden Winter seine Schulterprobleme. Nach langer Ursachenforschung geht er mittlerweile von einer Verdickung in der vorderen Gelenkkapsel aus. Zu viel Physiotherapie ist allerdings nicht gut, ebenso wenig wie zu viel Training – auf diesem schmalen Grat bewegt sich Vetter.

In diesem Jahr hofft er, sich an die 85 Meter herantasten zu können: „Es geht darum, mit einem guten Gefühl die Olympia-Vorbereitung für Paris zu beginnen.“ Der 6. August 2024, der Tag der Qualifikation, ist sein nächster Fixpunkt. (dpa)