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Trauer um DDR-Auswahl-Kapitän Bernd Bransch

Es ist kein gutes Jahr für den Fußball-Osten und seine einstigen Idole. Mit Bernd Bransch verstarb nach Dixie Dörner und Joachim Streich bereits der dritte prominente Akteur der "Goldenen Siebziger".

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Fußball-WM 1974, BRD - DDR 0:1: Jürgen Croy (vorn) liegt nach einer Parade am Boden, links ist DDR- Kapitän Bernd Bransch zu sehen.
Fußball-WM 1974, BRD - DDR 0:1: Jürgen Croy (vorn) liegt nach einer Parade am Boden, links ist DDR- Kapitän Bernd Bransch zu sehen. © dpa/Roland Witschel

Halle. Die einzige WM-Teilnahme einer DDR-Fußball-Nationalmannschaft ist untrennbar mit dem Namen Bernd Bransch verbunden. Zunächst schoss der Libero und Kapitän das damals von Georg Buschner trainierte Team mit seinen zwei Toren beim 2:0 im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Rumänien fast im Alleingang zur Endrunde, dann führte er die DDR-Mannschaft in der Bundesrepublik als Kapitän aufs Feld.

Die Bilder vom Wimpel-Tausch mit BRD-Kapitän Franz Beckenbauer vor dem einzigen innerdeutschen Länderspiel in Hamburg gingen um die Welt. Am Samstag ist Bernd Bransch im Alter von 77 Jahren nach langer Krankheit gestorben, wie sein Heimatverein Hallescher FC von der Familie erfuhr.

Franz Beckenbauer (l.) und Bernd Bransch (r.) am 22. Juni 1974 im Hamburger Volksparkstadion.
Franz Beckenbauer (l.) und Bernd Bransch (r.) am 22. Juni 1974 im Hamburger Volksparkstadion. © dpa/Heinrich Sanden

Es ist ein trauriges Jahr für den Fußball-Osten und seine einstigen Idole. Mit Bernd Bransch verstarb nun bereits der dritte äußerst prominente Akteur der "Goldenen Siebziger". Vor dem Hallenser hatten bereits Hans-Jürgen Dörner und Joachim Streich sowie der beliebte Trainer Gerd Schädlich diese Welt verlassen.

Bransch war bis zuletzt ein echter Hallenser. Mit einer Ausnahme: Vor der WM-Saison 1973/74 war sein HFC abgestiegen. Um für die Nationalmannschaft weiter interessant zu sein, wechselte "Branscher" für eine Saison zum FC Carl Zeiss Jena und wurde mit den Thüringern FDGB-Pokalsieger - sein einziger Titel auf Clubebene. Ansonsten spielte er knapp 300 Mal für den SC Chemie Halle und dem daraus hervorgegangenen HFC Chemie in der Oberliga. Seine schwärzeste Stunde im Fußball erlebte Bransch 1971 bei der Tragödie von Eindhoven, als der HFC beim verheerenden Hotel-Brand Mitspieler Wolfgang Hoffmann verlor.

"Im Namen aller Mitglieder, Aktiven, Fans, Sponsoren, Mitarbeiter und Gremienvertreter spreche ich der Familie von Bernd Bransch unser herzlichstes Beileid aus. Es liegt an uns allen, die Erinnerung an unser Ehrenmitglied, einen der bedeutendsten Persönlichkeiten des Vereins und wichtigsten Botschafter der Stadt Halle in Ehren zu halten und sein Vermächtnis fortzuführen", sagte HFC-Präsident Jens Rauschenbach.

Die ostdeutschen Fußballidole Bernd Bransch (l) und Klaus Urbanczyk stehen im Januar 2016 beim spiel zwischen dem Hallescher FC und dem 1. FC Magdeburg auf der Tribüne nebeneinander.
Die ostdeutschen Fußballidole Bernd Bransch (l) und Klaus Urbanczyk stehen im Januar 2016 beim spiel zwischen dem Hallescher FC und dem 1. FC Magdeburg auf der Tribüne nebeneinander. © dpa/Jens Wolf

Bransch, der als Stürmer begann und später in die Abwehr rückte, verkörperte einen selbstbewussten Abwehrchef mit dem Auge für entstehende Lücken. Mit seinem starken linken Bein markierte er so manch wichtiges Tor, wie beim 3:1-Pokalsieg gegen Dynamo Dresden 1974 für Jena oder die beiden Treffer gegen Rumänien jeweils nach indirekten Freistößen auf listige Vorarbeit von Peter Ducke. Insgesamt traf er 43 Mal in der Oberliga und dreimal für die Nationalmannschaft.

Mit der erlebte er seine Karriere-Höhepunkte. Nicht nur die WM-Teilnahme 1974 steht in seiner Vita. 1972 wurde er Olympia-Dritter, ehe der Olympiasieg 1976 in Montreal seiner Laufbahn die Krone aufsetzte. Allerdings war er da schon kein Stammspieler mehr, Dörner hatte ihn als Libero und Kapitän abgelöst. 1977 beendete der zweimalige "DDR-Fußball des Jahres" dann seine Karriere.

Danach nahm er ein Studium zum Ingenieurökonom auf, war Stadtrat für Jugend und Sport in Halle und später Vizepräsident des Stadtsportbundes Halle. Seinem HFC blieb er treu: Von 1983 bis 1992 war er Vorsitzender beziehungsweise Präsident des Halleschen FC, zeitweise auch Manager. Ab 2007 war er Berater des Clubs und saß auch mit 70 Jahren noch im Verwaltungsrat. (dpa)