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Spielen Aue und Dynamo finanziell auf Augenhöhe?

Dynamo-Trainer Markus Anfang findet, dass Aue die gleichen wirtschaftlichen Möglichkeiten hat wie Dynamo Dresden. Der Einspruch aus dem Erzgebirge folgt prompt. Ein Faktencheck.

Von Daniel Klein
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Sportlich endete das Sachsenderby in dieser Saison unentschieden, Aue und Dresden gewannen je ein Spiel. Und wirtschaftlich?
Sportlich endete das Sachsenderby in dieser Saison unentschieden, Aue und Dresden gewannen je ein Spiel. Und wirtschaftlich? © dpa/PA/Robert Michael

Dresden/Aue. Anderthalb Wochen liegt das vergangene Sachsenderby schon zurück, für Gesprächsstoff sorgt es jedoch noch immer. Das liegt weniger an der verdienten 1:2-Niederlage von Dynamo in Aue, sondern vielmehr an den Nebengeräuschen. So hatte die Social-Media-Abteilung der Schwarz-Gelben zur Einstimmung auf das Duell den eigenen Profis nach einer Trainingseinheit die wenig originelle Frage gestellt: „Warum ist Dresden schöner als die Stadt im Erzgebirge?“

Die Antworten der Spieler fielen zum Teil ebenfalls wenig originell aus. „Ich wusste gar nicht, dass das eine Stadt ist“, meinte etwa Verteidiger Lars Bünning. Das war wohl augenzwinkernd gemeint, kam aber eher überheblich rüber.

Traditionsreiche Duelle wie die zwischen Dynamo und Aue laden immer wieder dazu ein, nach Gemeinsamkeiten, vor allem aber nach Unterschieden zu suchen. Das macht für Dresdens Trainer Markus Anfang den Reiz dieser Spiele aus.

„Ein Derby hat immer mit Nähe zu tun und auch mit Vergleichbarkeit in gewissen Dingen“, erklärte er im Vorfeld und beteiligte sich gleich mit einem Beitrag: „Ich habe gehört, dass wir einen Bombenkader und viel, viel Geld haben. Da muss ich aber auch sagen, dass Erzgebirge Aue von den vergangenen zehn Jahren acht in der 2. Bundesliga war, wir dagegen nur sechs. Wir sind gemeinsam abgestiegen, haben die gleichen Ambitionen. Da ist eine gewisse Vergleichbarkeit da – auch wirtschaftlich.“

Dynamo-Trainer Markus Anfang sieht Aue wirtschaftlich auf Augenhöhe mit Dynamo.
Dynamo-Trainer Markus Anfang sieht Aue wirtschaftlich auf Augenhöhe mit Dynamo. © dpa/Robert Michael

Die Reaktion aus dem Erzgebirge ließ etwas auf sich warten, erst am vergangenen Montag äußerte sich Aue-Sportchef Matthias Heidrich dazu gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Und er hat eine gänzlich konträre Meinung. „Nein, wir haben nicht die gleichen Möglichkeiten. Allein der Blick auf die Zuschauer-Einnahmen und die Mitgliederzahl genügt, um Unterschiede zu erkennen. Da braucht man kein Mathe-Genie zu sein oder die Größe der Städte zu vergleichen“, sagte er.

Anfang war das Thema offenbar wichtig, er legte unmittelbar nach der 1:2-Niederlage noch mal nach: „Aue will mit Sicherheit auch aufsteigen, sagt es aber nicht. Sie haben dieselben Möglichkeiten wie Dynamo Dresden, das wird immer ein bisschen verfälscht“, erklärte er im Interview bei Magenta Sport.

Heidrich widersprach dem entschieden. „Zu sagen, dass wir die gleichen Möglichkeiten haben, auch wirtschaftlich, stimmt einfach nicht. Nur weil wir eine Zeit lang die Liga geteilt haben, heißt das nicht, dass die Möglichkeiten identisch sind. Das wäre so, als würde Mainz behaupten, die gleichen Möglichkeiten wie die Bayern zu haben, nur weil sie in der gleichen Liga zu Hause sind.“ Doch wer hat nun recht?

Die nackten Zahlen (siehe Tabelle) sprechen für Aues Sportchef, in allen wesentlichen Punkten steht Dynamo besser da – mehr Mitglieder, mehr Zuschauer, größeres Stadion, mehr Sponsoren-Einnahmen. Die Unterschiede liegen nicht im Kommabereich, sie sind vielmehr beachtlich. Das hat zur Folge, dass Dresden deutlich mehr Geld für den Drittliga-Kader ausgeben kann, im Profifußball ein entscheidender Faktor.

Während die Schwarz-Gelben gegenüber der vorigen Saison zwei Millionen Euro mehr in die Spieler investieren, kürzt Aue den ohnehin niedrigeren Etat für die erste Männermannschaft um 800.000 Euro. Das wirkt sich auch auf den Wert der jeweiligen Kader aus, den die Plattform Transfermarkt.de regelmäßig berechnet.

Bei Dynamo gibt die Homepage zurzeit 8,38 Millionen Euro an, bei Aue 4,93 – also fast die Hälfte. Die Gründe für die wirtschaftliche Überlegenheit von Dynamo liegen auf der Hand: In Dresden ist alles zwei Nummern größer – nicht nur die Stadt selbst.

Die größere Anziehungskraft resultiert auch aus der erfolgreichen Tradition. Und hat ein Verein mehr Mitglieder und mehr Zuschauer als die Konkurrenten, setzt das eine Kettenreaktion in Gang: Der Klub ist attraktiv für Sponsoren, die Medien berichten ausführlich, Bekanntheit und Einnahmen steigen.

Aues Sportdirektor Matthias Heidrich sieht eklatante wirtschaftliche Unterschiede zwischen seinem Verein und Dynamo.
Aues Sportdirektor Matthias Heidrich sieht eklatante wirtschaftliche Unterschiede zwischen seinem Verein und Dynamo. © dpa/Robert Michael

Deshalb ist es umso erstaunlicher, dass Aue in den 2000er-Jahren deutlich erfolgreicher war als der Erzrivale aus der Landeshauptstadt. Seit 2010 war der FC Erzgebirge lediglich in drei Spielzeiten kein Zweitligist, die aktuelle inbegriffen. Zum Vergleich: Bei Dynamo sind es sechs.

Dadurch konnten die Veilchen deutlich mehr TV-Gelder einstreichen, der Unterschied zwischen zweiter und dritter Liga ist bei den Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte eklatant, er liegt bei rund acht Millionen Euro pro Saison und Verein. So gesehen ist der Hinweis von Trainer Anfang auf die Ligazugehörigkeit der beiden sächsischen Klubs in der jüngeren Vergangenheit richtig.

Und er zeigt, wie wichtig der Aufstieg am Ende dieser Saison aus wirtschaftlicher Sicht wäre – für Dynamo und Aue. „Die zweite Liga stellt eine wirtschaftliche Basis dar, in der man eher mal mit einer schwarzen Null arbeiten kann als in der dritten Liga“, prognostizierte Heidrich. Dem würde auch Anfang sicher nicht widersprechen.