Pferde, Wetten, Sport - die Faszination Galopprennbahn in Dresden

Herr Becker, diese Frage muss Ihnen als Präsident gestellt werden: Saßen Sie jemals auf einem Pferd?
Als ich 17 war, durfte ich in Berlin-Grunewald mal reiten, aber das war weder für das Pferd noch für mich ein Genuss. Ich habe mich einfach zu dumm angestellt. Auf der Rücktour hatte das Pferd so einen Speed bekommen, dass ich um mein Leben bangte. Ich bin kein Reiter, und das ist für das Pferd ganz gut – und für mich auch.
Woher kommt dann aber Ihre Liebe zum Galopprennsport?
Ich war seit Mitte der 1990er-Jahre regelmäßiger Gast auf der Rennbahn. Dann hat man mich mal gefragt, ob ich mich als – da ich Notar bin – um einige juristische Dinge des Rennvereins kümmern kann. Das habe ich gemacht, und dann meinte man: „Ach, das hast du so schön gemacht, da kannst du auch gleich Präsident werden.“ Und das bin ich seit 2014 – eine lieb gewonnene Tätigkeit.
Nach Dynamo Dresden locken Ihre Renntage die meisten Zuschauer in der Stadt an. Wie erklären Sie sich die Faszination Galopprennbahn?
Ich glaube, die Schnelligkeit, dieser Speed, dann kurz emotional Partei für ein Pferd oder einen Reiter zu ergreifen, das hat eine unglaubliche Faszination. Ich erinnere mich, dass ich mal mit meinen Kindern auf dem Stampede Festival in Calgary war und sie sich die Seele aus dem Leib gebrüllt hatten, als sie ihren Favoriten gesehen haben. Das Faszinosum ist, dass ich mich für eine kurze Zeit auf meinen Favoriten konzentriere und ihm alles geben will.
Sind Sie dann auch jemand, der am Renntag wettet?
Ja, ich wette immer ein oder zwei Euro und verliere sie auch ständig, weil ich sehr emotional wette, zum Beispiel bei eigenen Pferden. Und die sind natürlich nicht immer die Sieger. Wenn ich meine Kinder und Enkelkinder so betrachte: Das Wetten ist schon Kernpunkt unseres Events.
Sie besitzen also selbst auch Pferde?
Mittlerweile schon. Insgesamt sind es sieben Pferde, die wir zu zweit oder dritt besitzen. Sie stehen in Dresden und Tschechien, und am Samstag laufen auch drei mit.
Wie viele Dresdner Pferde gehen zum Auftakt am Samstag an den Start?
Acht. Wir haben 70 Pferde, die in Dresden im Training sind. Das ist der Teil, den der Besucher nicht sieht. Jeden Morgen ab sieben Uhr werden die Pferde ausgeritten, auf Sand müssen sie dann schnell rennen, das ist Krafttraining wie in der Muckibude. Die Funktion unserer Bahn ist auch, dass Besitzer ihre Pferde vor Ort trainieren lassen können und so mit relativ wenig Kosten die Pferde auf die Rennen vorbereiten lassen können. Ein Pferd muss Leistungsprüfungen bestehen, damit es später in die Zucht aufgenommen werden kann. Das ist bei fast allen Besitzern das große Ziel.
Wo steht die Dresdner Rennbahn im Vergleich zu anderen in Deutschland?
Im Ranking der knapp 30 Rennbahnen liegt Dresden zwischen Platz acht und zehn. Wir gehören mittlerweile ins obere Drittel, weil wir neben verschiedenen Listenrennen seit meiner Präsidentschaft auch ein Gruppen-Rennen anbieten; derartige Rennen sind höher qualifizierte Rennen für bessere Pferde. Ich hoffe, wir haben mittlerweile einen guten Ruf in Deutschland.

Wie hoch sind die Wettgewinne für Ihren Klub an einem Renntag?
Bei Wettumsätzen ist es ja so, dass wir den größten Teil wieder ausschütten müssen. Wie beim Lotto. Eine relativ überschaubare Quote davon verbleibt uns. Damit können wir teilweise unsere Aufwendungen refinanzieren. Im letzten Jahr haben wir durch coronabedingt Sonderumstände sogar Wettumsätze zwischen 250.000,00 und 300.000 Euro an einem Renntag gemacht, was sich aber in diesem Jahr nicht mehr wiederholen lassen wird.
Ist das die Summe, die direkt an der Galoppbahn umgesetzt wird?
In unseren Totalisator wetten die Besucher (Bahnwette) und auch Personen, die über Portale oder Wettanbieter ihre Wetten aufgeben (Außenwette). Das Verhältnis an Wetten außen und Bahn ist etwa 60:40.
Was war Ihr höchster Wettgewinn?
Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn. Ich habe in Bad Harzburg mal 1.200 Euro gewonnen – bei zehn Euro Einsatz.
Wie ist Ihr Verein durch die Pandemie-Zeit gekommen?
Wir haben noch Glück gehabt. Das negative Merkmal, ohne Besucher zu veranstalten, hat an den Renntagen zu einer Kostenreduzierung geführt. Da aber unsere Sponsoren uns weitestgehend unterstützt haben, konnten wir die Rennpreise doch recht ansehnlich dotieren. Besonders hervorzuheben ist, dass alle Wettanbieter bundesweit immer in unseren Totalisator die Wetten eingespeist haben und zusätzlich immer jede Rennbahn Alleinveranstalter gewesen ist. Das erklärt die eben schon erwähnten hohen Umsätze, mit denen wir die Rennpreise weitestgehend finanzieren konnten. Für die laufenden Kosten mussten wie aber auch staatliche Hilfen in Anspruch genommen, weil die Kosten gigantisch sind, um eine Rennbahn zu erhalten.
Viele Klubs beklagen die Schwierigkeit, wieder volle Hallen zu bekommen. Wie zufrieden sind Sie mit 2021 und was erwarten Sie zum Aufgalopp?
Die ersten Renntage unserer Mitbewerber waren gut besucht, wenn auch nicht wie vorher. So wie ich es diese Saison auf anderen Rennbahnen festgestellt habe, gibt es einen Run. Ich glaube daran, dass unsere Besucher das große Bedürfnis nach einem Gemeinschaftserlebnis haben. Das ist auf einer Rennbahn das Besondere: Man geht nicht allein zu den Rennen, sondern mit Mama, Papa, Oma, Opa. Das ist eine Familienveranstaltung. Wir haben pro Renntag vielfach zwischen 6.000 bis 8.000 Besucher. Ich hoffe, dass wir Samstag die 10.000 knacken.
Wie ist Ihre Zukunftsvision für die Dresdner Galopprennbahn?
Es ist schwierig zu sagen. Was den Pferdebestand angeht, sieht es in Deutschland nicht besonders rosig aus. Es hängt alles davon ab, ob man genug Menschen findet, die ein Galopprennpferd besitzen möchten, von dem man hofft, dass es schön läuft und dass es auch mal siegt. Denn wenn es keine Pferdebesitzer mehr gibt, gibt es auch bald keine Rennbahnen mehr. Aber ich bin zuversichtlich, unser Motto lautet „mit Herzblut für Vollblut“.