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Mit Spenderniere zum Erfolg: Königswarthas Europameister freut sich auf die Heim-WM

Leichtathlet Rainer Eule ist mit einer Spenderniere seit vielen Jahren bei internationalen Meisterschaften erfolgreich. 2025 steht ein besonderer Wettkampf an: Die WM für Sportler mit transplantierten Organen in Dresden.

Von Lucy Krille
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In Dresden findet 2025 erstmals die Weltmeisterschaft für Sportler mit Spenderorgan statt. Europameister Rainer Eule aus Königswartha will dann wieder dabei sein, auch wenn der Höhepunkt im eigenen Land für ihn eigentlich zu spät kommt.
In Dresden findet 2025 erstmals die Weltmeisterschaft für Sportler mit Spenderorgan statt. Europameister Rainer Eule aus Königswartha will dann wieder dabei sein, auch wenn der Höhepunkt im eigenen Land für ihn eigentlich zu spät kommt. © Jürgen Lösel

Königswartha. Wenn Rainer Eule die Bilder der vergangenen Weltmeisterschaft anschaut, bekommt er noch immer feuchte Augen. Unvergessen der Moment, als die Menschen ihm beim Einmarsch ins Stadion von Perth zujubelten. Auch nach so vielen Jahren sind internationale Wettkämpfe immer noch etwas ganz Besonderes für den Oberlausitzer, denn sein Leben hätte auch anders verlaufen können. Eule bekam 1993 ein Spenderorgan. Heute ist er ein erfolgreicher Sportler, der im vergangenen Jahr zu den 24. World Transplant Games nach Australien flog.

Im kommenden Jahr werden diese Spiele, bei denen zuletzt mehr als 2.500 Sportler und Sportlerinnen aus über 60 Nationen vertreten waren, in Dresden stattfinden. Ein Höhepunkt für Eule - der aber eigentlich zu spät kommt. "Es wäre besser, wenn die WM zehn Jahre eher gewesen wäre", sagt der Läufer, der sich mittlerweile auf Speerwerfen und Kugelstoßen konzentriert. In seiner Altersklasse wird er mit 67 Jahren dann einer der Älteren sein. Nichtsdestotrotz freut sich der Königswarthaer auf die WM um die Ecke. "Dresden als Austragungsort ist optimal."

Vor zwanzig Jahren wurde der frühere Offizier durch ein Plakat in einer Arztpraxis in Bautzen auf die Spiele für Organtransplantierte aufmerksam. Eule war nach einem Nierenversagen Stammgast in Arztpraxen. Dialyse war ein Teil seines Lebens, bis ihm 1993 später ein Spenderorgan zu einem neuen Leben verhalf.

Weltmeisterschaft in Dresden wird eine deutsche Premiere

Eines, in dem der Sport nun eine große Rolle spielt. Eule, der vorher nur durch Schulsport und die Offiziersausbildung mit Leichtathletik in Berührung kam, wollte es einfach versuchen. Und schnell stieg er in die Weltspitze der Organtransplantierten auf, brachte regelmäßig Medaillen von Welt- und Europameisterschaften nach Hause. "Ich bin nie als Urlauber hingefahren", betont Eule, der über die Jahre auch internationale Freundschaften durch den Sport geschlossen hat.

Der 65-Jährige erzählt von einer Freundin aus der Schweiz, die ein transplantiertes Herz hat. "Sie hat sich für die Widerspruchslösung eingesetzt." Im Nachbarland wurde per Volksentscheid entschieden, dass die Schweizer und Schweizerinnen ab 2026 selbst aktiv werden müssen, wenn die eigenen Organe nach dem Tod nicht gespendet werden sollen. In Deutschland hat sich dieser Vorschlag bisher nicht durchgesetzt.

Der Verband Transdia Deutschland setzt sich dafür ein, dass das Thema Organspende mit Hilfe des Sports sichtbarer wird. Er organisiert Deutsche Meisterschaften für Transplantierte und Dialysepatienten und entsendet die deutsche Nationalmannschaft zu Welt- und Europameisterschaften, die jährlich abwechselnd stattfinden. 2025 werden die Spiele auf Initiative von Transdia erstmals in Deutschland stattfinden.

Spenderniere erfordert viel Selbstdisziplin

Vom 17. bis 24. August sollen dann 18 Sportarten in Dresden ausgetragen werden. Die Bandbreite reicht von klassischer Leichtathletik über Mannschaftssportarten wie Volleyball und Fußball, bis hin zu Sommerbiathlon und weniger bekannten Sportarten wie Pétanque, der französischen Variante von Boule.

Um teilzunehmen ist ein Attest vom Arzt nötig. Außerdem muss mindestens ein Jahr seit der Transplantation verstrichen sein, weil die Belastung für den Körper nach der Spende hoch ist. Eule hat auch später immer darauf geachtet, eine Stunde bevor er die Medikamente einnimmt, nichts zu essen. Alkohol trank er nicht, bis auf ein Glas Rotwein ab und an. Auch heute achtet er auf seine Gesundheit, obwohl er nicht mehr ganz so streng mit sich ist wie am Anfang.

Oberbürgermeister Dirk Hilbert nahm im vergangenen Jahr in Perth den Staffelstab für die 25. Auflage der World Transplant Games in Dresden entgegen.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert nahm im vergangenen Jahr in Perth den Staffelstab für die 25. Auflage der World Transplant Games in Dresden entgegen. © Matt Jelonek

Vom Trainingsplatz in Königswartha zur Weltspitze

Selbstdisziplin braucht Eule dennoch, denn er ist ein Einzelkämpfer, was den Sport angeht. Einmal hat er im deutschen Volleyballteam mitgespielt, aber das war schwierig, weil der Ball beim Aufschlag immer auf die Einstichstellen von der Dialyse traf. Eules Steckenpferd ist die Leichtathletik. Mit Weitsprung und Laufen hatte er begonnen, schaffte dort unter anderem den Europameistertitel über die 400 Meter.

Nach einer Verletzung an der Ferse konzentriert er sich seit einigen Jahren auf Kugelstoßen und Speerwerfen, wo er bei der WM in Perth die Bronzemedaille holte. Seine Bestleistung schaffte er aber in Argentinien, als er den Speer über die 30-Meter-Marke brachte. Und Kugelstoßen? "Das mache ich, weil es Spaß macht, obwohl ich eigentlich nicht die Statur dafür habe", verrät Eule.

Der Mann aus Königswartha ist sein eigener Trainer. Eine Zeitlang schloss er sich einer Trainingsgruppe in Bautzen an, doch seit der Pandemie ist er wieder allein unterwegs. Er trainiert auf einem Hartplatz neben dem Haus seines Vereins, dem Königswarthaer SV. Die Weiten misst er selbst aus. In einem Jahr in Dresden wird das jemand anderes für ihn machen. Und Eule wird sehen, ob es nochmal für eine Medaille reicht.