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Bleiben Wanderwege auf Jahre gesperrt?

Der Borkenkäfer kennt keine Grenzen. Auch in der Böhmischen Schweiz hinterlässt er Schäden. Dabei ist der Tourismus schon von der Pandemie geplagt.

Von Steffen Neumann
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Dana Vébrová vom Nationalpark Böhmische Schweiz am Zugang zur Wilden Klamm durch den Soorgrund. Dieser Weg ist wegen Baumbruchs gesperrt.
Dana Vébrová vom Nationalpark Böhmische Schweiz am Zugang zur Wilden Klamm durch den Soorgrund. Dieser Weg ist wegen Baumbruchs gesperrt. © Steffen Neumann

Noch hat Dana Vébrová Hoffnung. Die Fichten im Kyjovské údolí (Khaatal), durch das die tschechische Kirnitzsch (Křinice) fließt, sind noch nicht vom Borkenkäfer befallen. „Vielleicht haben wir ja Glück und sie überleben es“, sagt die Leiterin der Abteilung Monitoring bei der Nationalparkverwaltung Böhmische Schweiz. Die Witterung hilft in diesem Jahr. Die Trockenheit hatte die Bäume in den letzten Jahren zusätzlich geschwächt. Doch wenn sich Massen Käfer auf die letzten Fichten stürzen, überlebt das auch nicht der gesündeste Baum. Trotzdem ist der Schädling fast durch in der Böhmischen Schweiz, das Kapitel erstmal beendet. Umso mehr bekommen es Vébrová und ihre Mitarbeiter nun mit den Folgen zu tun. Und nicht nur sie. Aufgrund umgestürzter Bäume und gesperrter Wege spüren das auch die Besucher und indirekt auch all jene, die vom Tourismus leben.

„Das ist eine Katastrophe“, sagt Jan Šmíd. Er ist Direktor des Tourismusverbandes der Böhmischen Schweiz mit Sitz in Krásná Lípa (Schönlinde). Und er meint nicht nur den massiven Baumbruch, sondern vor allem auch die gesperrten Wege. Ähnlich wie in der Sächsischen Schweiz fürchten Touristiker, dass die Wege auf Jahre nicht begehbar sind, weil der Nationalpark die Wälder sich selbst überlässt. „Das hat fatale Auswirkungen auf den schon von der Pandemie geplagten Tourismus“, fürchtet Šmíd.

In drei Sprachen weisen Schilder auf gesperrte Wege hin, wie hier nahe Mezní Louka am Abzweig Richtung Kleines Prebischtor. (Foto rechts)
In drei Sprachen weisen Schilder auf gesperrte Wege hin, wie hier nahe Mezní Louka am Abzweig Richtung Kleines Prebischtor. (Foto rechts) © Steffen Neumann

Vébrová weiß um die Kritik und spürt den Druck. „Aber wir müssen auch auf die Natur achten. Wenn wir einfach alle Bäume präventiv fällen, bleibt nicht mehr viel übrig. Und durch Mondlandschaften möchte auch niemand wandern“, sagt sie. Der Nationalpark hatte wie sein sächsischer Nachbar bereits 2018 aufgehört, die Ausbreitung des Borkenkäfers durch Fällungen aktiv zu bekämpfen. Damals war unterhalb vom Prebischtor eine riesige Kahlfläche entstanden. „Das war so abschreckend, dass es zu der Meinungsänderung kam“, erinnert sich Vébrová. Seitdem wurde nur noch an den Rändern des Parks gefällt, um ein Übergreifen auf die Nachbarwälder zu verhindern. Außerdem wurde an stark begangenen Wanderwegen und Straßen gefällt. Deshalb sind populäre Wege wie zum Prebischtor und der Gabrielensteig jetzt schon sicher.

Das gilt aber nicht für alle. So wurde der Soorgrund aus Sicherheitsgründen ganz gesperrt. Er ist der östliche Zugang zur Wilden Klamm. Mit Hřensko (Herrnskretschen) als Betreiber wurde vereinbart, dass die Kahnfahrten in der Wilden Klamm zu Rundfahrten werden. Der obere Hafen wird nicht mehr bedient. Das klappt aber offenbar noch nicht so wie geplant. Als Vébrová den Soorgrund inspiziert, kommen ihr gleich mehrere deutsche Wanderer entgegen. „Der Kahnfahrer hat gemeint, wir können hier lang“, sagt einer von ihnen. Dabei ist der Weg unübersehbar mit Flatterband abgesperrt.

So sehen Wege aus, auf denen der Nationalpark auf präventive Fällungen verzichtet. Dieser Weg in der hinteren Böhmischen Schweiz nahe Brtnický hrádek (Zeidlerburg) soll später freigeschnitten werden.
So sehen Wege aus, auf denen der Nationalpark auf präventive Fällungen verzichtet. Dieser Weg in der hinteren Böhmischen Schweiz nahe Brtnický hrádek (Zeidlerburg) soll später freigeschnitten werden. © Steffen Neumann

Gesperrt sind aber auch Wege in der Hinteren Böhmischen Schweiz, die nicht so stark von Touristen frequentiert sind. Das ist Absicht. „In der Ruhezone sollte die Natur sich selbst überlassen bleiben“, sagt Vébrová. Baumfällarbeiten wären hier völlig konträr zum Naturschutzgedanken des Nationalparks. „Entscheidungen, wie mit den Bäumen umgegangen wird, treffen wir übrigens erst nach eingehender Prüfung externer Gutachter“, fügt Vébrová an. Dabei geht es vor allem um Fichtenwälder in feuchtkühlen Gründen. Im Gegensatz zu anderen Lagen der Böhmischen Schweiz sind die Fichten nämlich hier heimisch.

Und gerade in solchen Tälern wie dem Khaatal besteht noch die kleine Hoffnung, dass sie auch überleben. Doch gerade die Entscheidung, entlegene Wege zu sperren, hält Šmíd für falsch. „Wir möchten auch keine Mondlandschaften. Unsere langfristige Politik ist es, die Besucher in die weniger frequentierten Teile des Parks zu leiten. Wenn jetzt diese Wege geschlossen werden, wird der Andrang am Prebischtor und bei Mezní Louka nur noch größer“, sagt Šmíd. Er plädiert für ein aktiveres Vorgehen und fordert einen klaren Zeitplan, wie lange welche Wege geschlossen bleiben.

Der Nationalpark hat darauf reagiert und einen Plan bis 2022 vorgelegt. Aktuell sind sieben Wege gesperrt. Am Ende sollen es aber nur 10,5 Kilometer in der Ruhezone bleiben. „Die meisten Wege machen wir wieder auf, sobald es die Sicherheitslage zulässt“, sichert Vébrová zu. Allerdings werden die meisten dieser Wege danach nicht mehr markiert sein. Und das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr. „Die Besucher sollten sich des Risikos bewusst sein. Wir haben heute vergessen, dass ein Wald auch gefährlich sein kann“, appelliert Vébrová. Das Verzeichnis gesperrter Wege ist außerdem endlich, betont Vébrová. „Sollte es nötig sein, werden wir Wege nur punktuell für Baumfällarbeiten sperren und dann gleich wieder freigeben“, so Vébrová. Das könnte auch das erwähnte Khaatal treffen oder die Böhmische Straße zur sächsischen Grenze bei dem früheren Zadní Jetřichovice (Hinterdittersbach). Außerdem gibt es einige Wege, die durch parallele Alternativen gut umgangen werden können.

Jan Šmíd traut diesem Plan aber nicht. Er fordert, dass dem Tourismus mehr Aufmerksamkeit zuteilwird. „Die Politik soll uns mehr unterstützen und über das Umweltministerium Einfluss auf den Nationalpark nehmen“, sagt der Touristiker.