Merken

Oma, wie war das damals zu Weihnachten?

Früher war alles besser – stimmt das wirklich? Oder war nur alles ein Bisschen anders, was unsere Eltern und Großeltern damals so erlebt haben?

 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Damals wie heute gehören Pfefferkuchen zum Weihnachtsfest.
Damals wie heute gehören Pfefferkuchen zum Weihnachtsfest. © Adobe Stock/ChristArt (Symbolfoto)

Auf jeden Fall, hatten Süßigkeiten und Geschenke damals einen anderen Stellenwert.
Die Vorweihnachtszeit war gefühlt kürzer, zumindest lagen Pfefferkuchenhäuschen, Domino-Steine oder Spekulatius nicht schon im September in den Kaufhallen. Aber ab Ende November konnte man ziemlich zuverlässig irgendwo ein paar Bananen ergattern. An Adventssonnabenden gelangten Apfelsinen aus Kuba in die Geschäfte, da reihte Mutti sich dann schon mal eine Stunde lang in die Warteschlange ein, wo die Verkäuferin jeweils ein, allerhöchstens zwei Kilogramm zuteilte. Mehr war ohnehin schwer zu vertilgen, denn an den strohigen Orangen knaupelten wir Kinder eine Weile herum.

Schneeflöckchen und Eg-Gü

Die Adventszeit mit dem täglichen Kalendertürchen-Öffnen genossen wir ausgiebig. Fleißig wie selten sah man uns in Vorfreude auf den Nikolaus mit Schuhcreme der Dresdner Marke Eg-Gü hantieren, während Mutti die Tontöpfe im Keller und die Pakete an die Westverwandtschaft mit einem Stollen nach dem anderen bestückte.

Den kauften die meisten beim Bäcker, nur wenige brachten noch wie meine Oma die Zutaten in die Backstube und holten die bepuderten Laibe mit den „Stollenkennzeichen“ später dort ab. Diese Spieße mit Namen oder Symbolen faszinierten uns mehr als das Gebäck, um das die Großen einen unbegreiflichen Rummel veranstalteten.

Uns interessierten eher die noch warmen, frisch gebrannten Mandeln oder Pulsnitzer Spitzen von unserem berühmten Striezelmarkt, wo noch keine „Jingle Bells“, sondern „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ aus den Lautsprechern klangen. Dass sich überall die Stuben und Fenster mit Schwibbögen, Erzgebirgischer Schnitzkunst, Pyramiden und Räuchermännl-Wabelschwaden von Knox aus Crottendorf füllten, verstand und versteht sich in Sachsen ohnehin von selbst.

Gedichte aufsagen bei der Betriebsfeier

Schwer beeindruckt hat uns auf den extra für die Kinder der Werktätigen organisierten Betriebsweihnachtsfeiern. Wie wir vor all den Anwesenden eines nach dem anderen nach vorn zu dem grimmigen Alten mit dem künstlichen weißen Rauschebart im Rotmantel zitiert wurden, der uns ungeachtet der Qualität unseres einstudierten Vortrags nie ohne irgendein Päckchen wieder entließ.

Auch zur Schulweihnachtsfeier tauchte er wieder auf, wofür jede Klasse ein Theaterstück, Lied oder eine andere Vorführung einstudiert hatte. Am 24. Dezember suchte er uns schließlich persönlich zu Hause auf, um ein Lied zu hören: „O Tannenbaum“. Als wir allerdings Papas Armbanduhr erkannten, war der schöne Glaube zerstört.

Im Letzteren hart geprüft sahen sich damals jene standhaften Kommunisten, die dann doch die Milka-Figürchen an den Baum hängten. Lag unter selbigem neben den vielen per Wunschzettel bestellten Überraschungen nämlich ein Westpaket, so entströmte ihm der Duft der großen weiten Welt: Bohnenkaffee, Seife, Parfüm, Deospray, Creme, Nylonstrümpfe ohne Naht und Ansatz und für uns glitzernde Stammbuchblümchen fürs Poesiealbum.

Wer einen Kaufmannsladen geschenkt bekommen hatte oder eine Modelleisenbahn besaß, durfte an kommenden freien Nachmittagen mit regem Besuch seiner Altersgenossen rechnen.