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Weißwasser wird nachhaltig: Pfandringe, Obstgarten und Solar-Haltestellen

Die drei Projekte wurden jetzt als Sieger eines Wettbewerbs für Nachhaltigkeit gekürt. Gefragt waren innovative Ideen für mehr Lebensqualität in der Stadt.

Von Sabine Larbig
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Der Kommunale Entwicklungsbeirat (KEB) hatte in Weißwasser einen Nachhaltigkeitspreis ausgelobt. In einer Einwohnerversammlung wurden jetzt die Preisträger gewürdigt. Das Erinnerungsfoto zeigt OB Torsten Pötzsch, Lukas Czaja und Eddy Ott vom Jugendstadtra
Der Kommunale Entwicklungsbeirat (KEB) hatte in Weißwasser einen Nachhaltigkeitspreis ausgelobt. In einer Einwohnerversammlung wurden jetzt die Preisträger gewürdigt. Das Erinnerungsfoto zeigt OB Torsten Pötzsch, Lukas Czaja und Eddy Ott vom Jugendstadtra © Sabine Larbig

Das Thema Nachhaltigkeit sei ja ziemlich strapaziert, bekannte Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) jetzt bei einer Einwohnerversammlung. Doch es beeinflusse nun mal unser aller Leben. Wenn Weißwasser durch mehr Nachhaltigkeit an Lebensqualität gewinnen soll, ist das nicht allein von Schreibtischen der Verwaltung aus zu erreichen. Deshalb lobte der Kommunale Entwicklungsbeirat (KEB), ein aus allen Bereichen der Gesellschaft zusammengesetztes Gremium, Anfang des Jahres einen Nachhaltigkeitspreis aus. Bürger waren aufgerufen, sich mit innovativen Ideen an dem Wettbewerb zu beteiligen.

Wie Nachhaltigkeitsmanager Martin Gärtner gestand, sei der Rückfluss anfangs ziemlich spärlich gewesen. Doch gegen Ende gingen „viele schöne Ideen“ ein: etwa das Aufstellen von Radboxen mit Lademöglichkeit von E-Bikes, ein Leihsystem für Lastenfahrräder, die Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft, nachhaltiges Kochen aus Lebensmittelresten oder die autarke Umsetzung der klassischen Sportereignisse in der Stadt Weißwasser, um nur einige Beispiele zu nennen.

Eine sechsköpfige Jury hatte die Beiträge zu bewerten. „Wir wollten nicht aus dem Bauch heraus entscheiden“, erklärte Jurymitglied Christian Hoffmann, der als Vertreter des Naturschutzbundes Nabu im KEB mitgearbeitet hat. Für die Bewertung wurden zehn Kriterien festgelegt, wie beispielsweise Nachhaltigkeit, Vorbildwirkung, Mehrwert für die Stadtgesellschaft und Außenwirkung. Für jedes Kriterium waren ein bis fünf Punkte zu vergeben – je mehr, umso besser die Bewertung. Am Ende standen die Preisträger des Nachhaltigkeitswettbewerbs fest. Nach den Worten von Martin Gärtner sind sie gleichwertig, eine klassische Platzierung habe es nicht gegeben. Dass einer der drei Preise an junge Leute unter 27 Jahren zu vergeben ist, stand als einzige Bedingung für die Prämierung schon von Anfang an fest.

Der Unternehmerin Susann Lill, die gern im KEB mitgearbeitet hat, „weil es ein spannender Prozess ist, die Stadt in die Zukunft zu führen“, oblag in der Veranstaltung die Vorstellung der Siegerprojekte.

Pfandringe an Müllbehältern

Sie sind außen an städtischen Müllbehältern anzubringen. So landen weniger Flaschen im Müll, wird Unordnung im Stadtbild reduziert. Obendrein erleichtern die Pfandringe den Menschen das Flaschensammeln, die damit einen Teil ihres Lebensunterhalts bestreiten. „Es hat uns stark beeindruckt, dass sich junge Leute darüber Gedanken machen“, betonte Susann Lill. Der soziale Aspekt überzeugte.

Eingereicht wurde das Projekt vom Jugendstadtrat. „Wenn man morgens auf dem Balkon steht, kann man alle paar Minuten Leute sehen, die in Papierkörben nach Pfandflaschen suchen“, beschrieb Eddy Ott den Auslöser dafür. Es sei traurig, dass ihre soziale Lage so ist. Mit den Pfandringen werde das Risiko der Verletzungsgefahr für sie geringer. Wie viel Glas fälschlicherweise im Müll landet, sei vielen Menschen bewusst, weshalb sie im guten Glauben die Flaschen auf die Müllbehälter stellen, ergänzte Lukas Czaja. Das aber sei eigentlich eine Ordnungswidrigkeit und die Pfandringe eine Lösung dafür.

Obstgarten in der Stadt

Als nachhaltige Begegnungsstätte soll ein Obstgarten im Süden der Stadt aufgewertet und zum Treffpunkt für Jung und Alt werden. Die Anlage bietet Insekten einen Lebensraum, soll durch Pflanzung von Wacholder und Ginster ergänzt werden. Der Obstgarten bietet sich für Erntefeste an. Die öffentliche Nutzung beschränkt sich aber nicht aufs Feiern. Mittun ist gefragt. Zwei Aussagen in der Bewerbung hätten neugierig gemacht: Dass es ein Obstgarten in der Stadt und dieser noch dazu für jedermann zugänglich ist. „Das deckt sich mit unseren Vorstellungen eines nachhaltigen Zusammenlebens“, erklärte Susann Lill.

Eingereicht wurde das Projekt von Michael Krenz von der Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung (GAB) in Weißwasser, anknüpfend an ein früheres Projekt. Der Garten daraus sei noch nicht ganz weg, leider habe es mit der Aktivierung der Anwohner zum Gießen nicht so geklappt. Das Projekt jetzt wäre ein Ansatz, das damalige Vorhaben nicht sterben zu lassen. Mit einem Fest, wenn alles in Blüte steht, würde es für jeden sichtbar. „Wünschenswert wäre aber, dass die Leute nicht nur einmal kommen“, so Michael Krenz.

Wartehäuschen mit PV-Anlage

Am Busbahnhof sollen die Dachbereiche der Haltestellen mit Solarpaneelen nachgerüstet werden. Über Pufferspeicher könnten die Wartehäuschen umweltfreundlich beleuchtet werden. Zudem ermögliche das Ganze einen schönen Nebeneffekt. Wartende könnten über USB-Buchsen Smartphones und Tablets aufladen. Das Umfeld des Bahnhofs würde aufgewertet – und Weißwasser von Reisenden als moderne und nachhaltige Stadt wahrgenommen.

Auf die Idee kam Tomasz Regel, weil er in seinem Garten ein Balkonkraftwerk installiert hat. Auf dem Weg zur Arbeit sei er ja jeden Tag am Busbahnhof. „Wenn man die Dächer auf öffentlichen Gebäuden sieht, da ist noch viel Potenzial“, sagt er. Solartechnik auf bestehenden Flächen zu installieren, sei nicht neu, die Idee für den Busbahnhof aber innovativ, hieß es. Die Jury würdigt das Vorhaben als „Vorzeigeprojekt“ und Vorbild für Nachahmer.

Energiegenossenschaft kommt

Für die Umsetzung erhalten die Preisträger jeweils 10.000 Euro. Auch könnten die Vorhaben anderen Bürgern als Anregung dienen. Wer die Preisträger sind, erfuhr selbst der OB erst zur Auszeichnung. 35 Stühle waren zu der Einwohnerversammlung im Stadtpavillon aufgestellt, aber nicht alle besetzt. „Es sind jedenfalls mehr Leute als vor zwei Wochen zur Einwohnerversammlung in Sachen Sicherheit, da waren nur elf gekommen“, stellte Torsten Pötzsch fest.Für die Gründung einer Energiegenossenschaft, wie sie der KEB empfiehlt, gab es keinen Preis. „Sie wird kommen“, daran ließ Marcel Barthel keinen Zweifel. „Ich kann jedem nur raten, sich anzuschließen, wir brauchen Mitstreiter“, sagt er. Und das tat er auch schon bei der Vorstellung der Zwischenergebnisse des KEB im Stadtrat.