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Beliebtes Hotel im Hirschberger Tal startet nach Krisen neu durch

Corona und Ukraine-Krieg hatten Folgen für Schloss Lomnitz in Schlesien. Die Antwort der Hotelbesitzerin: Erweiterung des Parks und Öko-Strom.

Von Irmela Hennig
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Die schmale Tür hinter der Lomnitzer Schlossherrin Elisabeth von Küster ist der Eingang zum einstigen Eiskeller.
Die schmale Tür hinter der Lomnitzer Schlossherrin Elisabeth von Küster ist der Eingang zum einstigen Eiskeller. © Irmela Hennig / Elisabeth von Küster

Erst Corona mit Grenzschließungen, Beschränkungen, Gäste-Flaute. Dann plötzlichen Menschenmassen, die durch die Gärten und Parks spazierten, radelten, stromerten. Nun Inflation und Energiekrise.

Die vergangenen Jahre waren auch für die Touristiker im Hirschberger Tal im Westen Polens, gelinde gesagt, ungewöhnlich. „Die Verlässlichkeit, die wir kannten, gibt es so nicht mehr, nicht mal beim Wetter“, ist Elisabeth von Küster überzeugt. Sie ist Geschäftsführerin von Schloss Lomnitz. Das Herrenhaus-Ensemble mit Park, Gutshof und Witwenschlösschen, auf Polnisch Łomnica, liegt am Rande des Riesengebirges, unweit der Stadt Jelenia Góra (Hirschberg) und anderthalb Autostunden südöstlich von Görlitz.

Photovoltaik, wo es nicht stört

Ja, auch das Wetter macht Sorgen – weil in den vergangenen Monaten Regen fehlte, musste die Schlossherrin neu gepflanzte Hecken und eine junge Lindenallee stetig bewässern lassen. Und wegen der Trockenheit fallen nun viel mehr Ästchen auf Wege und Wiesen, als normal wäre. Um das Klima zu schützen und um bei massiv steigenden Stromkosten zu sparen, würden viele Schlosseigentümer gern Photovoltaik auf Dächern anbringen. „Zumindest dort, wo es den Blick nicht so beeinträchtigt“, sagt Elisabeth von Küster. In Lomnitz kann sie sich das beispielsweise auf dem rückseitigen Gutshof-Dach vorstellen.

Nun warten alle – schon eine ganze Weile – auf grünes Licht vom polnischen Staat. Denn bei Schlössern treffen Denkmalauflagen auf die Notwendigkeit zum Sparen und zu Klimaschutz. Trotzdem brauche es bald eine Entscheidung. „Denn die Preise für PV-Anlagen steigen, die Ungeduld wächst“, weiß Frau von Küster, die mit Mitstreitern indes schon viel geschafft hat.

Anfang der 1990er-Jahre war das Lomnitzer Hauptschloss eine totale Ruine, der Park verwildert, vieles im Dornröschenschlaf. Doch längst ist das Ensemble eine Instanz mit Strahlkraft weit über Polen und Sachsen hinaus. Mit Hotel- und Restaurantbetrieb, Läden im Gutshof, Veranstaltungen, Schlossmuseum und zuletzt dem Nachbau eines historischen Bethauses lockt es Reisende, Ausflügler, Romantiker, Gartenfreunde an. Vielen gelten die Schlossretter Elisabeth von Küster und Ulrich von Küster, er ist Nachfahre früherer Besitzer, als wesentliche Motoren. Nämlich dafür, dass die lange vergessene Region bei Jelenia Góra heute wieder als „Tal der Schlösser und Gärten“ Bedeutung hat und viele nach dem Zweiten Weltkrieg vernachlässigte Herrenhäuser gerettet sind.

Trotzdem ploppte es nun mal wieder auf – dieses Gerücht: Schloss Lomnitz werde verkauft. Elisabeth von Küster kennt es und kann einige Ursprünge nennen. Oft gebe es eine Verwechslung mit einem der anderen Łomnicas. In Polen existieren wohl neun Ortschaften mit dem Namen. Es gab schon Reisende, die sich auf ihrem Weg zum Hirschberger Lomnitz anderswohin verirrt haben, weiß Elisabeth von Küster zu berichten. Mitunter führen Navigationsgeräte in die Irre oder nicht korrekte Internet-Informationen.

„Wir müssen im Netz immer wieder falsche Bilder von unserem Lomnitz entfernen“, erzählt die Schlosschefin. Es gebe aktuell zudem die Information, dass die Schlossruine Bobrów (Boberstein) nach dem Tod des umstrittenen Besitzers verkauft werden könnte. Dieses Schloss sei ebenso mit Łomnica und dem nahen Wojanów (Schildau) durcheinandergebracht worden. Dran am Verkaufsgerücht für Lomnitz ist nichts. „Im Gegenteil, ich investiere gerade“, erzählt Frau von Küster. Es sind 45.000 Euro an Eigenmitteln und 32.500 Euro von zwei Berliner Stiftungen. Mit dem Geld wird ein Teil des Geländes auf der Rückseite der Schlösser wieder begehbar gemacht, das früher schon Park gewesen sei.

Mit Unterstützung des renommierten Gartenhistorikers Klaus-Henning von Krosigk, früher Gartenbaudirektor im Landesdenkmalamt Berlin, werden Wege angelegt, wird Schutt abgetragen, Wildwuchs beseitigt. Zudem lässt Elisabeth von Küster einen ehemaligen Eiskeller sanieren. Der befindet sich unter einem Pavillon nahe dem Hauptschloss. Dort sei einst Eis gelagert worden, um damit Lebensmittel zu kühlen. Bei einem SZ-Vorort-Besuch bestätigt sich, kalt genug ist es im kleinen mit Natursteinen ausgemauerten Raum.

Grundsätzlich sollen Besucher hier einfach neugierig hineinschauen können. Auch Mini-Aktionen bei Veranstaltungen seien vorstellbar, zum Beispiel ein Solo-Musikstück oder Erlebnisse für Kinder.

Ansturm durch Reisegutscheine

Dass dieses Stück Land wieder zur Geltung kommt, hat mit Corona zu tun. Denn um den einheimischen Tourismus nach strengen Beschränkungen zu beflügeln, hatte Polens Regierung Reisegutscheine an Familien ausgegeben. Die nutzten dies und kamen in Scharen, standen Schlange auf dem Weg zum Schneekoppe-Gipfel. Und bevölkerten die Parks des Hirschberger Tals. „Es waren Tausende“, so Frau von Küster. Deswegen habe sie notgedrungen den Zugang zur Terrasse vorm Schlosshotel verkleinern und schließlich eine Ruhezone dort festlegen müssen – Zugang nur für Hotel- und Restaurantgäste. „Ich wollte den Spaziergängern aber einen Ausgleich schaffen. Darum wird dieser frühere Parkbereich wieder hergestellt“, beschreibt sie.

Diese Bilder zeigen den Eiskeller von innen ...
Diese Bilder zeigen den Eiskeller von innen ... © Irmela Hennig / Elisabeth von Küster
... und vor der Sanierung. In den Keller kann bald für Mini-Aktionen genutzt werden. Das Schlossensemble im Hirschberger Tal in Polen ist damit um eine Attraktion reicher. Zudem ...
... und vor der Sanierung. In den Keller kann bald für Mini-Aktionen genutzt werden. Das Schlossensemble im Hirschberger Tal in Polen ist damit um eine Attraktion reicher. Zudem ... © Irmela Hennig / Elisabeth von Küster
... wird ein alter Parkbereich wieder hergerichtet. Die Wege sind neu, Schutt wurde entfernt, Rasenflächen sollen wachsen.
... wird ein alter Parkbereich wieder hergerichtet. Die Wege sind neu, Schutt wurde entfernt, Rasenflächen sollen wachsen. © Irmela Hennig / Elisabeth von Küster

Eine andere Investition muss noch warten. Die ehemalige Mangel gegenüber des Schlossparks – nur noch eine Hülle ohne Dach – soll neu aufgebaut werden. Workshop-Räume und zwei Ausstellungen einziehen, eine zum Leinen, eine zum früheren Lomnitz-Besitzer Christian Menzel, der mit Leinenhandel- und -produktion äußerst erfolgreich gewesen ist. Doch für das Vorhaben fehle derzeit das Geld. Fördermittel fließen nur spärlich; die Inflation mache vieles teuer. In Polen lag sie zwischenzeitlich laut EU-Statistik bei knapp 20 Prozent. Darum sparen die Menschen. Das merke man auch hier. Zur Silvesterfeier mit sonst 120 Gästen seien dieses Mal nur 75 gekommen. Um jenen ein Angebot zu machen, bei denen Geld knapp ist, sei nun ein Faschingstanz mit kleinem Eintritt geplant.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe sich auch anderweitig ausgewirkt. „Nach Kriegsausbruch hatten wir eine Storno-Welle bis nach Ostern“, so Elisabeth von Küster. Die Menschen hatten wohl das Gefühl, sie nähern sich in Polen der Gefahrenzone. Auch andere Beherbergungsbetriebe haben dies erlebt. Danach sei 2022 aber ein gutes Jahr geworden. Ihre wichtigste Aufgabe sei es derzeit, den verunsicherten Mitarbeitern in diesen Zeiten der Ungewissheit Mut zu machen.

Hier gibt es fünfmal Lomnitz

  • In Niederschlesien kommen fünf Orte vor, die den Namen Łomnica ganz oder mit Zusatz tragen, zudem sind zwei Bäche so benannt worden.
  • Neben Łomnica bei Jelenia Góra gibt es ein Łomnica bei Zgorzelec mit einem völlig maroden Schloss. Im Raum Walbrzych (Waldenburg) gibt es ein weiteres Łomnica. In der Nähe befindet sich eine Burgruine. Auf dem Gebiet der Gemeinde Bystrzyca Klodzka (Habelschwerdt) liegen Nowa und Stara Łomnica, Letzteres mit zwei Gutshöfen und einem Wohnturm.