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Sachsens Landtag zur Ukraine: "Es geht hier um komplexe Gewissensfragen"

Sachsens Landtag debattiert über Waffenlieferungen und Diplomatie. Die Abgeordneten machen es sich dabei nicht leicht.

Von Thilo Alexe
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Der Sächsische Landtag.
Der Sächsische Landtag. © Sebastian Kahnert/dpa

Diese Debatte ist für viele im Landtag nicht einfach. Es geht um den Krieg in der Ukraine, um die Frage, wie Diplomatie zum Waffenstillstand führen kann. Bis zu 70 Prozent der Sachsen lehnen Panzerlieferungen ab, auch Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) kritisiert diesen Schritt.

Für den CDU-Abgeordneten Ronny Wähner ist es nachvollziehbar, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Er fordert Diplomatie, um den Krieg rasch zu beenden. Russland müsse in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) blieben können. Sachsen habe rund 60.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Der Krieg kenne nur Verlierer.

Linksfraktionschef Rico Gebhardt räumt unumwunden ein, dass sich zwar die Mehrheit seiner Partei gegen Waffenlieferungen an Kiew positioniere, aber auch andere Stimmen vernehmbar seien: "Es geht hier um komplexe Gewissensfragen, für die es eben unterschiedliche, vor allem aber keine einfachen Antworten gibt." Für die Linke, in der die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht den Russlandkurs der Bundesregierung kritisch beäugt, gilt Gebhardt zufolge das "Primat der Diplomatie". Andere wählten das Primat des Militärischen. Der Fraktionschef warb für diplomatische Initiativen: "Es darf keinen heißen Krieg der Nato gegen Russland geben."

AfD stellt sich gegen den Kurs des Bundes

Grünenfraktionschefin Franziska Schubert hat Verständnis für jene, die Waffenlieferungen als kriegsverlängernd kritisieren. "Das sind sehr schwere Entscheidungen für unsere Partei gewesen", sagt die Lausitzerin und hebt hervor, dass in den Statuten der Grünen das Motto "Schwerter zu Pflugscharen" verankert sei. Sie befürwortet Waffenlieferungen "in begrenztem Umfang": "Ich lehne eine Lieferung von Kampfjets ab." Was würden Pazifisten wie Erich Mühsam oder Kurt Tucholsky sagen? Diese Frage stellt die SPD-Abgeordnete Hanka Kliese. Sie selbst ist für Waffenlieferungen und warnt vor dem Verschieben von Grenzen in Europa. Allerdings beneidet sie Pazifisten um ihre eindeutige Haltung. Sie selbst, bekennt Kliese, reagiere bei Diskussionen oft unwirsch.

Die AfD, die die aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt hat, stellt sich gegen den Kurs der Bundes. Fraktionschef Jörg Urban fordert ein "Stoppschild" für die Berliner Regierung. Seine Partei erkenne nur Waffenlieferungen durch die Bundesregierung. "Diplomatie ist dort nicht zu sehen", sagt Urban und kritisiert: "Wir finanzieren diesen Krieg zu großen Teilen." Zudem weist er auf Korruption und mangelnde Meinungsfreiheit in der Ukraine hin. Urban: "Wir wollen Diplomatie und Frieden für uns selbst, vor allem aber für die Menschen in den umkämpften Gebieten der Ukraine."

Sachsens Innenminister fordert Sicherheitsgarantie

Für die Staatsregierung spricht Innenminister Armin Schuster (CDU). Wohlwissend um Kretschmers Forderung nach einem Einfrieren des Konflikts macht er öffentlich, dass der neue ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev den Ministerpräsidenten am 9. Februar besucht. "Nur wer oberflächlich debattiert, packt uns in irgendwelche Schachteln", sagt der Minister. Makeievs Vorgänger Andrij Melnyk hatte im vergangenen Jahr eine Einladung an Kretschmer in die Ukraine aus Verärgerung über die Russlandpolitik des Ministerpräsidenten zurückgezogen.

Schuster spricht sich für eine politische Sicherheitsgarantie für die Ukraine aus. Jeden Tag brauche es zudem Anläufe für Diplomatie. Den Ruf des ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba vom Dezember für einen Friedensgipfel bezeichnete Schuster als "Zeichen, das wir ernst nehmen sollten", auch wenn Kuleba womöglich überbordende Forderungen gestellt habe.