Lucky hört aufs Kommando. Der zehnjährige Rüde stellt sich aufs Laufband. Vivien Wittig setzt es in Bewegung und holt Leckerlis aus der Dose. Lucky beginnt zu laufen. Er weiß, was sein Frauchen möchte und er kann es, gradlinig gehen. Andere Hunde können das nicht. Deshalb werden sie von ihren Besitzern zu Vivien Wittig in die Töpfergasse nach Wilsdruff gebracht. Hier führt die 29-Jährige seit kurzem eine ganzheitliche Praxis für Hunde. Sie bietet unter anderem Physiotherapie, Hundetraining und Ernährungs- und Verhaltensberatungen an.
Eigentlich ist sie Bankkauffrau. "Ich dachte, ich erlerne einen Beruf, mit dem ich genug Geld verdiene, um meinem Hobby nachgehen zu können." Doch schon während der Ausbildung merkte die junge Frau aus Freiberg, das der Job hinter dem Schalter nichts für sie ist. Die Arbeit mit Hunden machte ihr viel mehr Spaß. Mit 18 hatte sie ihren ersten Hund, Happy, ein Weibchen und ein Bulldogenmix.
Um sich besser um die Hündin kümmern zu können, besuchte sie nebenbei Trainerseminare. "Das war eine ganz interessante Welt." Nach der Ausbildung wollte sie halbtags in der Bank arbeiten und freiberuflich einen Gassi-Service mit Hundetrainung führen. Sie hat es ausprobiert. Doch das funktioniert nicht. Nach fünf Monaten gab sie ihren Job bei der Bank auf. "Ich hatte damals keine Ahnung, was als Selbstständige auf mich zukommt." Und es kam manchmal hart.
Blutegeltherapie wirkte wie ein Wunder
Doch trotz Rückschlägen ist sie dabeigeblieben. "Happy bestimmte meinen Weg." Denn kurz nachdem sie die Hündin gekauft hatte, wurde diese krank. Sie konnte kaum noch laufen. Vivien Wittig fuhr von Tierarzt zu Tierarzt, von Klinik zu Klink. Das Fazit: Happys Bewegungsapparat ist komplett kaputt, sie hat beidseitig einen Hüftschaden, die Gelenke sind verschlissen. Das Urteil der Ärzte: "Da kann man nichts machen". Schmerzmittel halfen nicht, da Happy viele Allergien hat.
Vivien Wittig gab ihre Hündin nicht auf. Wie ein Wunder wirkte dann eine Blutegeltherapie. "Danach war sie wie ausgewechselt. Sie lief wieder." Das bestärkte die junge Frau, sich weiter mit Therapien zu beschäftigen. Sie besuchte Lehrgänge, schulte sich am Computer. Zwischen 20.000 und 25.000 Euro hat sie investiert.

So wurde aus der Hundetrainerin eine Hundetherapeutin. 2016 eröffnete sie in Pirna eine Praxis. Ihre Kunden reisten nicht nur aus Dresden und der Region an, sondern aus ganz Sachsen. Es lief gut. Aus privaten Gründen hat sie Pirna 2020 verlassen. "Es ist nicht leicht, eine geeignete Immobilie zu finden." In Wilsdruff wurde sie fündig.
Es gibt niemals Patentrezepte
Hier fand sie ein Haus, Platz für eine Wohnung und ihre Praxis. Diese hat sie sich nun hübsch eingerichtet, um Therapien, Massagen und Beratungen anbieten zu können. Sie führt auch eine Hundepension. "Eines habe ich gelernt: Es gibt tausend verschiedene Trainings- und Behandlungsansätze, doch niemals Patentrezepte. Jeder Hund und jeder Hundehalter ist anders und benötigt ein mit viel Gefühl zusammengestelltes, zu ihm passendes Programm", sagt Vivien Wittig. Um das möglich zu machen, hat sie unweit der Stadt einen großen Garten angemietet, in dem sie ungestört arbeiten kann.
Eigentlich wollte Vivien Wittig ihre neue Praxis mit einem kleinen Fest einweihen. Doch coronabedingt war das noch nicht möglich. In Pirna musste sie keine Werbung für ihre Praxis machen, es sprach sich herum. In Wilsdruff ist sie noch nicht so bekannt. Die 29-Jährige hofft, dass ihr auch hier der Start gelingt. Die Pandemie macht es ihr dabei nicht gerade leicht.
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