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Neuer Großaktionär bei dem Zinnwald-Lithium-Projekt

Die Lithium-Bohrkampagne in Zinnwald läuft. Rund 10.000 Meter Bohrkerne haben die Bergleute. Eine viel größere Neuigkeit kommt aus der Finanzmetropole London.

Von Franz Herz
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10.000 Meter solcher Bohrkerne haben die Arbeiter in Zinnwald aus dem Boden geholt, um die Lithiumvorräte präzise zu ermitteln. Die sind auch für neue Kapitalgeber interessant.
10.000 Meter solcher Bohrkerne haben die Arbeiter in Zinnwald aus dem Boden geholt, um die Lithiumvorräte präzise zu ermitteln. Die sind auch für neue Kapitalgeber interessant. © Egbert Kamprath

Ein neuer Großaktionär mit Sitz in den Niederlanden und den USA steigt bei Zinnwald Lithium ein. Er bringt auch frisches Geld mit. Jetzt hat das Unternehmen zehnmal so viel Geld in der Kasse wie noch Anfang der Woche.

Die AMG Advanced Metallurgical Group N.V (AMG) zeichnet Aktien und übernimmt damit einen Anteil von 25,13 Prozent an Zinnwald Lithium, wie beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten. Auch andere Zinnwald-Lithium-Aktionäre ebenso wie die Geschäftsführer zeichnen neue Anteile. Dadurch fließen rund 21 Millionen Euro neues Kapital in das Bergbauprojekt im Osterzgebirge. Das ist eine enorme Summe, wenn man bedenkt, dass das Unternehmen bisher über rund zwei Millionen Euro verfügte, wie es in seinem Jahresbericht mitteilt, den es ebenfalls am Mittwoch vorgestellt hat.

Dabei war das Interesse überraschend groß. Noch am Mittwoch hatte Zinnwald Lithium mit 16 Millionen Euro frischem Kapital gerechnet. Am Donnerstag waren dann 21 Millionen Euro gezeichnet.

Ein Rohstoff-Manager mit viel Erfahrung

Der neue Großaktionär, die AMG, ist ein international tätiges Unternehmen. Rechtlich ist es in Amsterdam ansässig. Die Hauptverwaltung arbeitet aber in Wayne im US-Bundesstaat Pennsylvania vor den Toren New Yorks. An der Spitze steht Heinz Schimmelbusch, der aus Österreich stammt und viel Erfahrung im Bereich Rohstoffe hat. Vor einer Generation stand er an der Spitze der Metallgesellschaft in Frankfurt/Main. 1991 hat ihn das Manager-Magazin zum Manager des Jahres gewählt. Allerdings musste er 1993 dort gehen, als die Metallgesellschaft in Schieflage geriet.

Was der neue Großaktionär macht

Die AMG bearbeitet drei Geschäftsfelder, wie sie auf ihrer Webseite mitteilt. Auf dem ersten Feld geht es um die Gewinnung von Rohstoffen für grüne Energien. Es handelt sich um Lithium, Vanadium oder Tantal, welche die AMG abbaut oder durch Recycling gewinnt. Der zweite Bereich heißt "AMG Critical Minerals" (Kritische Minerale) und beschäftigt sich mit Grafit, Antimon und Siliziummetallen. Der dritte Zweig ist die"AMG Critical Material Technologies". Sie verarbeitet hochreine Rohstoffe in Vakuumöfen.

Eine neue Lithiumraffinerie entsteht in Bitterfeld

Die AMG besitzt Betriebe in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den USA, China, Mexiko, Brasilien, Indien, Sri Lanka und Mosambik mit insgesamt rund 3.400 Beschäftigten. Derzeit baut sie eine Lithiumraffinerie in Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. Im vierten Quartal 2023 soll dort die Produktion von Lithiumhydroxid in Batteriequalität beginnen, teilt AMG mit.

Hier liegt der Zusammenhang mit der Investition in Zinnwald auf der Hand. Eine Lieferbeziehung wäre möglich. Die AMG betreibt auch in Brasilien das Mibra-Bergwerk, wo seit 2018 das Lithium-Mineral Spodumen abgebaut wird. Das Unternehmen bringt also auch Bergbau-Erfahrung mit.

Was die Folgen für Zinnwald sind

Diese Woche hat die Deutsche Lithium GmbH ihre 29. Bohrung abgeschlossen und dabei rund 10.000 Meter Bohrkerne aus der Erde geholt, wie Geschäftsführer Torsten Bachmann auf Anfrage von Sächsische.de informierte. Derzeit sind drei Bohrgeräte im Einsatz. Die Deutsche Lithium GmbH ist ein Tochterunternehmen von Zinnwald Lithium, welches die Erkundung vor Ort vorantreibt.

Allein die derzeit laufende Bohrkampagne kostet schon einen einstelligen Millionenbetrag. Diese Ausgaben müssen vorfinanziert werden in der Hoffnung, dass der Abbau beginnt und dann das Geld zurückfließt. Mit den Bohrungen allein ist es aber nicht getan.

Derzeit laufen auch Laboruntersuchungen, um einen optimalen Weg zu finden, wie das Zinnwalder Erz zu Lithiumhydroxid aufbereitet werden kann. Weiter sichert sich das Unternehmen Grundstücke für einen Bergwerksbetrieb, trägt Unterlagen zusammen, die für die Genehmigungen erforderlich sind und treibt die Planungen voran. Dieser Aufwand wird mit dem Kapital finanziert, das durch die neue Beteiligung ins Unternehmen fließt. Weiter laufen Verhandlungen zur Projektfinanzierung. Denn für den Bau eines Bergwerks wird ein dreistelliger Millionenbetrag erforderlich sein. Genauer wird diese Summe Ende des Jahres feststehen. Bis dahin will Zinnwald Lithium eine neue bankfähige Machbarkeitsstudie vorlegen. Diese ist das nächste große Etappenziel bei dem Projekt.

Warum der Aktienkurs nur dahindümpelt

Die Mitteilungen aus dem Unternehmen sind durchaus optimistisch. Aber diese Zuversicht spiegelte sich im letzten Jahr nicht im Aktienkurs von Zinnwald Lithium. Er war das ganze Jahr 2022 auf Talfahrt, erholte sich zwar jetzt im März etwas, ist aber weit von den Höhen entfernt, die er noch 2021 hatte. Der Vorstand zeigt im Jahresbericht Verständnis dafür, dass die Aktienbesitzer davon enttäuscht sind. Er erklärt die Flaute mit den allgemeinen Umständen wie steigenden Zinsen und den Unsicherheiten, die der Krieg in der Ukraine verursacht hat.

Dazu kommen zwei spezifische Vorgänge im Unternehmen. Erstens wurde der frühere Eigentümer von Zinnwald Lithium, Bacanora, durch die chinesische Ganfeng Lithium übernommen, und hat Zinnwald-Aktien auf den Markt gebracht. Zweitens hat die Regelung mit dem Insolvenzverwalter des Solarworld-Konzerns eine ähnliche Folge. Frühere Solarworld-Aktionäre bekamen Zinnwald-Lithium-Aktien. Das war etwas anderes als sie ursprünglich gekauft hatten. Deswegen trennten sich viele davon. So traf ein großes Aktienangebot auf eine Nachfrage, die nicht so stark war. Der Vorstand hofft nun, dass dieser „Überhang“ beseitigt ist, wie sich in den bisher steigenden Kursen 2023 zeige.