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Turow-Streit: Zieht Tschechien bald die Klage zurück?

Die Umweltministerinnen von Polen und Tschechien gehen nach Beratungen am Dienstag von einer Einigung aus. Unterdessen zieht die EU die Zügel an.

Von Anja Beutler
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Ein Blick über die Grube zum Kraftwerk Turow. Während die Regierungen sich zum Weiterbetrieb einigen wollen, protestierten dieser Tage erneut Umweltschützer auf dem Turow-Betriebsgelände.
Ein Blick über die Grube zum Kraftwerk Turow. Während die Regierungen sich zum Weiterbetrieb einigen wollen, protestierten dieser Tage erneut Umweltschützer auf dem Turow-Betriebsgelände. © Archiv: Petr David Josek/AP/dpa

Das Treffen der Umweltministerinnen Polens und Tschechiens am Dienstagabend hat im Streit um die Grube Turow offensichtlich deutliche Fortschritte gebracht.

Wie beide Politikerinnen in einem Pressestatement noch am Dienstagabend nach mehrstündigen Verhandlungen mitteilten, habe man in sehr guter und konstruktiver Atmosphäre einen Vertragsentwurf erstellt, über den jetzt die tschechische Regierung entscheiden müsse. "Wir haben vereinbart, dass wir die Vertragsdetails bis dahin nicht kommunizieren", schreibt die polnische Umweltministerin Anna Moskwa auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Ein Detail aber bestätigte Moskwa auch gegenüber der polnischen Nachrichtenagentur PAP: Teil der Vereinbarung, die klären soll, wie Umweltschäden und negative Auswirkungen auf das tschechische Grenzgebiet verhindert und abgemildert werden können, ist die unverzügliche Rücknahme der Staatenklage gegen Polen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), sobald sich beide Seiten einigen. Diese Klage hatte Tschechien Ende Februar 2021 eingereicht und in diesem Zusammenhang auch einen Kohleabbaustopp per einstweiliger Anordnung bis zum Urteil gefordert.

Tschechen: Vertrag beste Lösung für alle

Auch die tschechische Umweltministerin Anna Hubackova bestätigte auf Twitter, dass sie einen "Vertragsabschluss als die beste Lösung für alle" ansehe. Sie wollte im Laufe des Mittwochs nochmals mit ihrer polnischen Amtskollegin telefonieren. Polen hatte bereits betont, den Vertrag wie er derzeit ausgearbeitet sei, sofort unterzeichnen zu wollen, berichtete auch die Nachrichtenagentur PAP.

Polen ist in Sachen Turow politischem und finanziellem Druck der EU ausgesetzt. Da in Turow die Bagger trotz der einstweiligen Anordnung des Gerichtes nicht stillstehen, soll das Land seit 20. September 2021 pro Tag 500.000 Euro Strafe zahlen - das sind mehr als 60 Millionen Euro bislang. Die polnische Regierung erklärte dazu kürzlich, dass sie das nicht für gerecht halte und nicht zahlen werde. Im Fall des Falles könne man es für die Energiesicherheit und das Wohl der Bürger aber ertragen, wenn die EU die fällige Summe von den Polen zustehenden EU-Geldern abziehen sollte.

Genau diesen Schritt kündigte die EU-Kommission unterdessen auch an: Das bestätigte auch die Grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini (Grüne), die sich beim Thema Turow besonders engagiert. Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission zu diesem Mittel greifen wird. Ob sich an den Strafzahlungen etwas ändert, wenn sich Polen und Tschechien einigen, ist noch nicht klar. Als sicher gilt hingegen, dass Polen im Vergleich mit einem Gerichtsurteil deutliche Vorteile aus einer zwischenstaatlichen Einigung ziehen würde. Der EuGH hatte seine Entscheidung für den 3. Februar angekündigt.