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Gerät Polen wegen Turow doch noch unter Druck?

Während Tschechiens Regierung das Abkommen mit Polen lobt und Wasserleitungen plant, wächst der Druck auf die EU-Kommission auch durch deutsche Stimmen.

Von Anja Beutler
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Grube und Kraftwerk Turow sind für Polen wichtige Bausteine für die Energiesicherheit.
Grube und Kraftwerk Turow sind für Polen wichtige Bausteine für die Energiesicherheit. © Archiv: Petr David Josek/AP/dpa

Tschechien beginnt mit ersten Planungen für die Wasserversorgung der Dörfer, die durch den Bergbau in Turow Probleme haben: Die tschechische Umweltministerin Anna Hubackova schrieb am vergangenen Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass sie und Agrarminister Zdenek Nekula in Hradek nad Nisou (Grottau) an einem Treffen zur Trinkwasserversorgung der Ortschaften Uhelna und Vaclavice teilgenommen habe. Dank des abgeschlossenen Abkommens mit Polen, schrieb die Ministerin, habe man 850 Millionen Kronen Entschädigung (35,4 Millionen Euro) zur Verfügung.

Wie Radio Prag nach diesem Treffen, an dem auch der Hejtmann des Kreises Liberec Martin Puta teilnahm, zu berichteten wusste, reichen die Gelder allerdings nicht aus. Mindestens 700 Millionen Kronen (28,8 Millionen Euro) müssten demnach für die Kofinanzierung der geplanten Wasserprojekte im Grenzgebiet des Kreises Liberec von tschechischer Seite zusätzlich investiert werden. Dass die von Polen zugesagten Gelder nicht ausreichten, bestätigte auch die tschechische Umweltministerin. Somit müssen offenbar auch das tschechische Landwirtschafts-, das Umweltministerium und auch der Kreis Liberec sowie die Wasserbetriebe Gelder zuschießen.

Dennoch verteidigte die tschechische Regierung die Einigung zuletzt auch immer wieder gegen Kritik an dem Abkommen mit Polen. Sogar Ministerpräsident Petr Fiala betonte auf Twitter am 2. April, dass mit der Einigung "ein Felsbrocken, der die tschechisch-polnischen Beziehungen in den vergangenen Jahren belastet hat", beiseite gerollt worden sei. Anfang Februar hatten sich die beiden Nachbarländer mitten im laufenden Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) geeinigt und das Verfahren damit noch vor dem Urteil beendet. Polen hatte sich zu Kompensationszahlungen in Höhe von 45 Millionen Euro verpflichtet.

Auch wenn Polen und Tschechien bei diesem Thema auf Regierungsebene derzeit Einigkeit demonstrieren - vom Tisch sind die Diskrepanzen über das Vorgehen der polnischen Seite deshalb nicht. Nach wie vor steht im Raum, ob Polen von der EU doch noch zur Rechenschaft gezogen wird, weil es sich bei der Vergabe der Abbaukonzessionen nicht an EU-Recht gehalten hat. Auch von deutscher Seite gibt es weiterhin Druck auch auf die EU-Kommission. So hatte auch die Stadt Zittau immer wieder Forderungen nach Unterstützung aufgemacht.

Turow-Brief mit weitreichenden Forderungen

Vor drei Wochen nun haben die EU-Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini und ihr slowakischer Abgeordneten-Kollege Martin Hojsik einen Turow-Brief an den EU-Umwelt-Kommissar Virginijus Sinkevicius sowie den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, gesandt. Unterschrieben haben die Forderungen nach weiteren Schritten gegen Polen zum Thema Turow insgesamt 15 EU-Parlamentarier. Dabei wird darauf verwiesen, dass der Kommission noch immer zwei Beschwerden - eine sächsische und eine der Region Liberec - vorliegen. Die Unterzeichner fordern im Brief, das Beste dafür zu tun, "um diese Drei-Länder-Region zu einem Vorzeigebeispiel für einen gerechten Umgang zu machen". Ziel ist "ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen mehrere EU-Richtlinien einzuleiten."

Nach der außergerichtlichen Einigung von Polen und Tschechien und dem Abbruch der tschechischen Staatenklage vor dem EuGH schwebte das Thema zunächst im Ungewissen. Nun wollen die Abgeordneten Druck machen, denn in der zwischen Polen und Tschechien getroffenen "Vereinbarung geht es um Entschädigung, nicht um die Lösung des Problems", heißt es in dem Brief. Die EU-Kommission hat noch nicht auf den Brief reagiert.