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Was Sie jetzt zur Preisbremse für Gas und Strom wissen müssen

Ab 1. März zahlen etliche Gas- und Stromkunden in Sachsen geringere Abschläge. Für viele fällt die Entlastung jedoch nicht so hoch aus wie gehofft.

Von Kornelia Noack
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Strom, Gas, Wärme: Die Preise für Energie sind 2022 enorm in die Höhe geklettert.
Strom, Gas, Wärme: Die Preise für Energie sind 2022 enorm in die Höhe geklettert. © Reinhardt/Pleul/Charisius/dpa

Warum gibt es die Preisbremsen für Gas und Strom?

Die Bundesregierung hatte sie im Herbst angesichts der gestiegenen Energiepreise beschlossen. Zwar sind zuletzt die Großhandelspreise an den Märkten wieder deutlich gesunken, aber das Preisniveau ist im Vergleich zur Vorkrisen-Zeit immer noch mindestens doppelt so hoch. „Die meisten Gasversorger haben das Gas bereits letztes Jahr zu den damals noch viel höheren Preisen eingekauft oder sie haben Langfristverträge, die meist auf Preise des Vorjahres indexiert sind“, erklärt Karsten Neuhoff vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.

Wie funktionieren die Preisbremsen?

Privathaushalte, kleine und mittlere Unternehmen zahlen rückwirkend zum 1. Januar 2023 für 80 Prozent ihres üblichen Jahresverbrauchs von Gas maximal 12 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Für Strom werden ihnen analog 40 Cent je Kilowattstunde garantiert, für Fernwärme 9,5 Cent pro kWh. Der prognostizierte Jahresverbrauch wird von den Versorgern regelmäßig im September festgestellt. Für Energie, die darüber hinaus verbraucht wird, werden die Arbeitspreise des jeweiligen Tarifes fällig. Wichtig: Die Preisbremsen gelten nur für verbrauchte Energie. Den Grundpreis müssen Kunden weiterhin in gleicher Höhe bezahlen.

Werden alle Haushalte in Sachsen von den Preisbremsen profitieren?

Nicht alle, aber ein Großteil – so schätzt es Bücklein ein. „Der Gaspreis liegt bei allen Grundversorgern in Sachsen über den 12 Cent“, sagt der Energie-Experte. Für diese Kunden sinken durch die Preisbremsen die monatlichen Abschläge.

Bei SachsenEnergie etwa trifft das auf so gut wie alle der 115.000 Erdgas-Kunden zu, wie eine Sprecherin auf Nachfrage mitteilt. Die Gaspreise des Versorgers liegen aktuell zwischen 12,93 und 13,73 Cent/kWh brutto – also knapp über der Preisbremse. Mitgas und EnviaM versorgen in Sachsen rund 170.000 Gaskunden. Laut Unternehmensangaben werden knapp 108.000 von ihnen die Preisbremse zu spüren bekommen, da ihr Arbeitspreis über dem Deckel von 12 Cent/kWh liegt.

Beim Strom sieht es ähnlich aus. Bei EnviaM liegen derzeit nach eigener Auskunft 800.000 der 1,1 Millionen Stromkunden mit ihrem Preis über der Deckelung. Für sie wird es eine Entlastung geben. Bei SachsenEnergie zahlen so gut wie alle Kunden derzeit weniger als 40 Cent/kWh. Die Preise liegen je nach Tarif zwischen 29,99 Cent und 39,95 Cent/kWh. Für sie greift die Preisbremse ebenfalls nicht.

Der Versorger Eins Energie, der in Sachsen 300.000 Kunden mit Strom und Gas versorgt, wollte auf Nachfrage keine Angaben machen, wie viele seiner Kunden von der Preisbremse profitieren.

Müssen Energiekunden etwas unternehmen?

Nein. Eigentümer oder Mieter, die direkt einen Strom-, Gas- oder Wärmevertrag mit dem Energieversorger haben, müssen sich um nichts kümmern. „Die Anbieter sind gesetzlich dazu verpflichtet, die monatlichen Entlastungsbeträge ab dem 1. März unmittelbar und gleichmäßig bei den Abschlagszahlungen zu berücksichtigen“, sagt Verbraucherschützer Bücklein. Dabei sind im März die Entlastungsbeträge für Januar und Februar mit einzubeziehen.

Werden die Kunden über die neuen Abschläge informiert?

Ja, im Grunde sollte das schon bis 1. März passiert sein. Viele Versorger sind mit dem Schreiben an ihre Kunden – per Brief oder E-Mail – jedoch nicht rechtzeitig fertig geworden. Der Anbieter Eins Energie teilt auf Nachfrage mit: „Die Umsetzung der komplexen Vorgaben hat uns vor eine enorme Herausforderung gestellt. Seit dem letzten Wochenende versenden wir sukzessive an unsere Kunden die aktuelle Mitteilung.“ SachsenEnergie und EnviaM wollen ihre betroffenen Kunden im Laufe des März informieren.

Was müssen die Infoschreiben der Versorger beinhalten?

Wie hoch die errechnete Entlastung ist, welcher monatliche Abschlag bisher fällig wurde, wie hoch der Rabatt durch die Preisbremse ausfällt und welcher neue Abschlag sich daraus ergibt.

Wer bislang keine Info erhalten hat, muss nicht unruhig werden. Die Versorger müssen die Preisbremse in jedem Fall bei den März-Abschlägen berücksichtigen. So teilt SachsenEnergie mit: „Jeder Kunde wird die ihm zustehende Entlastung in voller Höhe erhalten. Sie wird rückwirkend ab Januar verrechnet.“

Wichtig: Post bekommen nur Kunden, die mit ihrem Tarifpreis über der Preisbremse liegen – wo diese also auch wirkt. Alle anderen werden nicht angeschrieben.

Wie können Kunden prüfen, ob die neuen Preise stimmen?

Lorenz Bücklein rät, das Infoschreiben des Versorgers aufmerksam zu lesen. „Man sollte prüfen, ob das Entlastungskontingent korrekt berechnet wurde. „Das muss 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs betragen“, sagt der Verbraucherschützer. Zum Vergleich sollten Kunden ihre vergangenen Jahresabrechnungen heranziehen.

„Auch eine zu niedrig angesetzte Jahresverbrauchsprognose wirkt sich negativ aus“, so Bücklein. Kontrollieren sollten Kunden auch, ob die Entlastung in dem ausgewiesenen Abschlag entsprechend berücksichtigt wurde. Sind die Werte korrekt, sollten Kunden die Überweisungen der monatlichen Abschläge entsprechend anpassen oder die Abbuchungen durch den Versorger beobachten.

Was gilt für Mieter und sollten sie tätig werden?

Wer zur Miete wohnt, hat meist einen Vertrag direkt mit einem Stromversorger – und muss sich selbst um die korrekte Abrechnung kümmern. Die Heizkosten laufen dagegen in der Regel über den Vermieter. Er erhält als Vertragspartner das Infoschreiben des Versorgers. Nach Zugang muss er die Mieter unverzüglich über die Höhe und Laufzeit der Entlastung für Gas und Fernwärme informieren. Vollständig an sie weitergeben muss er sie dann spätestens mit der jährlichen Heizkostenabrechnung, erklärt der Deutsche Mieterbund. Da die Abrechnung fürs laufende Jahr spätestens erst bis Ende 2024 erstellt sein muss, kann es vorkommen, dass Mieter im ungünstigsten Fall so lange warten müssen.

Wann die Entlastung beim Mieter ankommt, hängt allerdings auch davon ab, ob im Jahr 2022 bereits die Vorauszahlungen geändert wurden. Wurden diese erhöht, sind Vermieter nun verpflichtet, die niedrigeren Abschläge des Wärmeanbieters zügig weiterzugeben, also die Vorauszahlungen anzupassen. Eine Ausnahme gilt hier laut Verbraucherzentrale nur, wenn die Veränderungen weniger als zehn Prozent betragen. In jedem Fall müssen Vermieter über die künftigen Abschläge informieren. Das Schreiben sollten Mieter genau prüfen.

Wie hoch wird die Entlastung für Kunden ausfallen?

Das richtet sich nach dem jeweiligen Verbrauch und Tarif. Beispiel: Ein Haushalt verbraucht pro Jahr 1.000 kWh Strom. Der Grundverbrauch von 80 Prozent sind also 800 kWh. Diese dürfen maximal 40 Cent kosten, was einen Preis von 320 Euro ergibt. Für den darüber hinaus verbrauchten Strom von 200 kWh wird der Vertragspreis fällig, hier im Beispiel sind das 50 Cent/kWh. Das ergibt eine Summe von 100 Euro. In dem Beispiel liegen die Strom-Gesamtkosten für das Jahr 2023 also bei 420 Euro.

Viele Versorger haben auf ihrer Website einen Rechner, mit dem man die Entlastung ausrechnen kann. Auch die Verbraucherzentrale bietet die Möglichkeit, zu prüfen, wie der neue Abschlag bemessen sein sollte. Für den Energie-Rechner benötigt man den aktuellen Arbeitspreis, den Grundpreis und die Verbrauchsprognose.

Lohnt es sich überhaupt noch, Energie zu sparen?

In jedem Fall. Wer noch weniger als 80 Prozent des üblichen Jahresverbrauchs verbraucht, wird zusätzlich vom Bund unterstützt. So soll ein weiterer Anreiz geschaffen werden, Gas und Strom zu sparen. „Je weniger ein Haushalt verbraucht, umso größer ist der Einspareffekt“, erklärt Bücklein.

Die Verbraucherzentrale rechnet das in einem Beispiel vor. Angenommen, der Gastarifpreis beträgt 22 Cent pro kWh und der Jahresverbrauch 15.000 kWh. Bei einem Verbrauch von 80 Prozent liegt die Ersparnis bei 660 Euro. Werden nur 70 Prozent des sonst normalen Jahresverbrauchs genutzt, liegt die Ersparnis für das gesamte Jahr bei 990 Euro.

Was tun, wenn die Ersparnis nicht korrekt weitergegeben wird?

Stellen Kunden das fest, sollten sie ihren Versorger oder den Vermieter schriftlich unter Festsetzung einer Frist zur Korrektur auffordern, rät Verbraucherschützer Gregor Hermanni. Eine solche Beanstandung müssen Versorger innerhalb von vier Wochen ab Zugang beantworten. Tun sie das nicht, müssen sie die Gründe in Textform darlegen. Kunden können dann einen Antrag für ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle Energie stellen. Die Versorger sind zur Teilnahme an einem solchen Verfahren verpflichtet.

Wie lange gelten die Preisbremsen?

Nach derzeitigem Stand laufen sie am 31. Dezember 2023 aus. Eine Verlängerung maximal bis zum 30. April 2024 ist im Gesetz angelegt, hängt aber laut Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums von europäischen Vorgaben ab.

Sind die Preisbremsen nicht zu hoch gesetzt?

Die kWh-Preise von 12, 40 und 9,5 Cent sind im Vergleich zu vor der Energiekrise nicht wirklich günstig. „Allerdings liegen sie noch immer deutlich unter dem, was Versorger zwischenzeitlich im letzten Jahr zum Zeitpunkt der Konzeptionierung der Preisbremsen von ihren Kunden verlangt haben. Hier kam es mitunter zu Verfünf- bis -zehnfachungen bei den Abschlagszahlungen“, sagt Lorenz Bücklein von der Verbraucherzentrale Sachsen.

Lohnt sich ein Wechsel des Versorgers?

Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox liege der bundesweite Neukundenpreis für Strom bei 35,9 Cent/kWh und 11,2 Cent bei Gas. Die Preisbremse wäre hier also unnötig. Allerdings sei ein Wechsel nicht immer möglich, sagt Verivox-Experte Thorsten Storck. „Wer etwa im vergangenen Jahr einen Vertrag zu hohen Preisen mit längerer Laufzeit abgeschlossen hat, muss erst das Ende der Laufzeit abwarten. Daher sind die Preisbremsen immer noch wichtig.“

Werden auch Kunden von Öl und Pellets entlastet?

Ja. Der Bund hat eine Härtefallregel für private Kunden angekündigt, die andere Heizmittel verwenden, also etwa Öl oder Pellets, Flüssiggas oder Kohle. Sie sollen rückwirkend zum 1. Januar 2022 bis 1. Dezember 2022 finanziell entlastet werden. „Geplant ist, dass Kunden Rechnungen aus 2022 vorlegen und maximal 2.000 Euro pro Haushalt erstattet bekommen können“, erklärt Lorenz Bücklein. Die errechnete Entlastung muss dabei mindestens 100 Euro betragen. Noch können Kunden keinen Antrag stellen. Über Einzelheiten auch zur Auszahlung verhandeln Bund und Länder schon seit Wochen. (mit dpa)