Niesky hat sich am Freitag in weiß gehüllt. Nicht nur in Bezug auf den Schneefall, sondern auch in vielen Schaufenstern dominiert das Weiß. Einzelhändler und Gewerbetreibende haben ihre Schaufenster mit weißen Stoffen oder Papierbahnen zugehangen. In großen schwarzen Buchstaben ist darauf zu lesen: Ohne uns wird es leer in Niesky. Mit diesem stillen Protest wollen sie auf sich aufmerksam machen - und zeigen, dass sie da sind für die Menschen in und um Niesky.
Die Idee dazu hat Corina Friedrich. Sie führt das Geschäft "Dreikäsehoch" in der Ödernitzer Straße und handelt mit gebrauchten Kindersachen. "Mit dieser Aktion wollen wir zeigen, wie trostlos Niesky ist, wenn alle Geschäfte leer sind, keine Auslagen mehr zum Einkaufen locken", sagt sie. Dabei ist es die Corona-Pandemie nicht allein, die zu diesem Protest führt, aber ihn maßgeblich beeinflusst. "Wir wollen den Bürgern nahebringen, dass gefüllte Schaufenster nicht nur eine Stadt attraktiv machen, sondern wir mit unseren Einnahmen Steuern zahlen, Vereine durch Spenden unterstützen und Werbung finanzieren", erklärt Corina Friedrich das Anliegen.
Zweimal Lockdown und Baustelle
20 Händler sind dem Aufruf gefolgt und haben mehr oder weniger intensiv ihre Schaufenster weiß beklebt. Für viele von ihnen ist es ein großes Problem, dass die Kundschaft zu den Internet-Großhändlern abwandert. Die coronabedingten Ladenschließungen befördern das Ganze noch. Hinzu kommt, dass das vergangene Jahr besonders den Händlern und Gewerbetreibenden in der Nieskyer Innenstadt sehr zugesetzt hat. Der erste Lockdown im Frühjahr führte zu Geschäftsschließungen. Über den Sommer wurde der Zinzendorfplatz gebaut, so dass es erhebliche Verkehrseinschränkungen gab. Und als man wieder Luft holen konnte, kündigte sich ab Oktober der zweite Lockdown an - mit der Folge, dass wenig später viele Händler wieder schließen mussten und damit das Weihnachtsgeschäft für sie völlig einbrach.
Katrin Hille als Inhaberin der Reiseagentur Niesky ist eine von den 20, die dem Protest gefolgt ist. "Im März werden es zwölf Monate Berufsverbot, die uns auferlegt sind", sagt sie. Denn die Reisebranche ist genauso betroffen und das weltweit. Zwar kommen jetzt die Buchungen für das neue Jahr in Gang. "Aber keiner kann mir die Gewissheit geben, ob unsere Kunden auch wirklich reisen können", sagt die Geschäftsfrau. Roland Mitschke, Inhaber der Expert-Fachgeschäfte in Niesky und Weißwasser, sieht noch einen weiteren Grund des Protestes: "Die Versprechen der Politik müssen auch eingelöst werden und die finanziellen Hilfen wirklich da ankommen, wo sie gebraucht werden." Er erinnert die Politik an ihr Versprechen, dass kein gesundes Unternehmen durch die Folgen des Lockdowns schließen muss.
Mehr Interesse von der Stadt
Adine Pohl, die in ihrem Uhrengeschäft derzeit nur die Werkstatt offenhalten darf, sieht es als notwendig an, dass Stadt und Händler enger zusammenrücken. "Es wird zu wenig für die Händler und das Gewerbe in der Stadt getan", ist ihr Eindruck. Die Händler sollen die Ideen liefern, damit sie die Stadt umsetzen kann. Auf dieser Einbahnstraße will die Unternehmerin nicht mehr fahren. "Warum hat die Stadt keinen Beauftragten für Handel und Gewerbe, so wie es in Görlitz und Weißwasser möglich ist?", fragt sie. Somit zeigt der "weiße Protest" der Nieskyer Händler, dass sie nicht nur um ihre Kunden kämpfen müssen, wenn sie weiterhin ihre Läden betreiben wollen.
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