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So geht es Dresdens Händlern

Gut anderthalb Jahre Corona-Pandemie haben im Dresdner Einzelhandel Spuren hinterlassen. Wie sind die Händler bisher durch die Krise gekommen?

Von Dominique Bielmeier
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Ina Branitz führt das Kosmetikstudio "Touch of nature" in der Dresdner Neustadt. Sie weiß, dass die Menschen sich jetzt wieder etwas Gutes tun wollen - aber genau abwägen, wann sich die Kosten für einen Schnelltest lohnen.
Ina Branitz führt das Kosmetikstudio "Touch of nature" in der Dresdner Neustadt. Sie weiß, dass die Menschen sich jetzt wieder etwas Gutes tun wollen - aber genau abwägen, wann sich die Kosten für einen Schnelltest lohnen. © Archiv: Sven Ellger

Dresden. Es sind nicht die bereits wieder stark steigenden Infektionszahlen, die Ina Branitz, Inhaberin des Naturkosmetik-Studios "Touch of nature" in der Dresdner Neustadt, gerade Sorgen um ihr Geschäft machen. "Die Zahlen sind nicht das Problem, denn entweder sind die Leute, die zu uns kommen, geimpft, oder sie machen einen Test vorher." Das mit der Testpflicht habe sich sehr gut etabliert. In den seltenen Fällen, dass jemand den Schnelltest vergessen habe, werde dieser im Laden auf der Böhmischen Straße unter Aufsicht durchgeführt.

Doch ein weiterer Lockdown mitten im Weihnachtsgeschäft wäre etwas anderes. "Im Weihnachtsgeschäft hoffen alle, so viel wie möglich zu erwirtschaften, bevor dann im Januar die ganzen Versicherungen abgehen", erklärt Branitz. "Das wäre echt hart, wenn uns das wieder spontan untersagt werden würde."

"Ich hoffe, dass uns 2G erspart bleibt"

Durch November- und Dezemberhilfen und zuletzt die Überbrückungshilfe III konnte Branitz ihr Geschäft einigermaßen unbeschadet durch die Krise manövrieren, auch wenn die Überbrückungshilfe III gerade mal gereicht habe, um die Miete und einen Anteil der Versicherungen zu bezahlen. "Und hätte ich das zinslose Darlehen nicht gehabt, hätte ich auch Probleme bekommen wie viele andere."

15.000 Euro beantragt sie im ersten Lockdown, "sodass ich wenigstens mal zwei Monate überbrücken konnte mit allen fixen Kosten". Der Plan ist, es später wieder vollständig zurückzuzahlen - doch dann kommt ein weiterer Lockdown, die Ausfälle summieren sich. Inzwischen ist über die Hälfte des Geldes weg. Ende nächsten Jahres beginnt bereits die Rückzahlung.

Immerhin: Die Nachfrage bei den Kunden ist da, merkt die Kosmetikerin, die Leute wollten wieder einmal etwas für sich tun. Wenn derzeit Termine im Kosmetikstudio abgesagt würden, dann weil sich ein Schnelltest für 15 oder 20 Euro für eine Behandlung wie Augenbrauen färben, die sogar weniger kostet, nicht rechne. Dann buchten die Kunden diese Behandlung lieber bei einer größeren hinzu.

Obwohl das Geschäft derzeit stabil läuft, verfolgt Ina Branitz interessiert, welche politischen Entscheidungen aufgrund steigender Inzidenzen noch kommen werden. "Ich hoffe sehr, dass uns 2G erspart bleibt", sagt sie. "Dass gesellschaftliche Ausschlüsse gemacht werden, das wäre sehr schlecht."

"Es ist wirtschaftlich noch nicht ausgestanden"

Für das Blasinstrumente-Geschäft Triole am Kraftwerk Mitte begann der erste Lockdown sogar eher erfreulich: "Wir hatten tatsächlich anfangs den Effekt, dass viele sich ein neues Hobby gesucht oder sich auf ihr altes besonnen haben und deswegen zu uns gekommen sind", erzählt Inhaber Julian Loehr. Nur im ersten Lockdown musste das Geschäft zeitweise für ein paar Wochen ganz schließen; da die Triole auch eine Werkstatt betreibt, durfte sie wieder öffnen, einige Mitarbeiter wurden aber in Kurzarbeit geschickt. "Wir haben dann Reparaturrückstände aufgearbeitet und mal ein bisschen aufgeräumt - also das, was alle anderen zu Hause gemacht haben", sagt Loehr und lacht.

Inzwischen läge der Umsatz geschätzt wieder bei 80 Prozent der Vor-Corona-Zeit, wobei in den Herbstferien sogar mehr Kunden da gewesen seien als in den Ferien 2019. So ganz kann sich Loehr das auch nicht erklären. "Im Großen und Ganzen sind wir auch aufgrund der Unterstützung, die es gab, bisher recht gut durch die Zeit gekommen." Der Inhaber hatte im vergangenen Jahr Soforthilfe beantragt und in diesem Frühjahr die Überbrückungshilfe III, außerdem gab es Förderung aus dem Programm "Neustart Kultur" für Digitalisierungsmaßnahmen im Unternehmen. "Ich bin froh, dass es die Unterstützung gab", sagt Loehr. "In unserer Branche gab es ja ganz andere Fälle."

Trotzdem sagt der Instrumentenhändler auch: "Es ist wirtschaftlich noch nicht ausgestanden, das ist mir bewusst. Da sind noch Risiken und Überraschungen drin." Die Preiserhöhungen zum Beispiel. "Es macht Arbeit, alles ständig neu auspreisen zu müssen oder nicht zu wissen, ob der Preis eines Instruments, das bei uns steht, vielleicht schon gestiegen ist." Was er in der Krise aber besonders erfreulich fand: die Solidarität der Kunden, die sich wieder mehr auf den Einkauf vor Ort besonnen hätten. "Dafür bin ich dankbar."

Schlangen von bis zu 250 wartenden Kunden

Eine Viertelstunde geht man vom Musikgeschäft Triole bis zur Altmarkt-Galerie zu Fuß. Auch im Einkaufszentrum haben die Händler vom starken Geschäft während der Herbstferien profitiert. Mit der Entwicklung in den vergangenen beiden Wochen sei man sehr zufrieden, es gebe wieder stärkere Frequenzen als im Vorjahr, teilt das Centermanagement mit. Viele Mieter berichteten sogar von Umsätzen wie im Jahr 2019 - vor der Pandemie.

Vor allem die Eröffnung des neuen Lego-Ladens am 21. Oktober habe zu einem starken Zulauf besonders von Familien geführt. "An den Eröffnungstagen gab es teilweise Schlangen mit bis zu 250 wartenden Kunden." Grundsätzlich herrsche eine gute Stimmung und eine optimistische Einschätzung für das Weihnachtsgeschäft bei vielen Händlern. Leichte Einschränkungen aufgrund der aktuellen Coronaregelungen - 3G und Kontaktnachverfolgung - gebe es nur in den Branchen Gastronomie und körpernahe Dienstleistungen, wo sich aber auch die Ferienfrequenzen positiv bemerkbar gemacht hätten.

Ausländische Touristen fehlen

Noch einmal zehn Minuten entfernt, in der QF-Passage neben der Frauenkirche, sieht das Bild etwas anders aus. "Eine verstärkte Nachfrage gibt es auf keinen Fall", teilt das Centermanagement mit. Bestenfalls habe sich die Nachfrage etwas erholt. "Es wird weniger gebummelt, sondern - wie schon das ganze Jahr zu beobachten - gezielt gekauft. Auch gerne hochwertig und damit nachhaltiger." Dinge, die einen langlebigen Wert haben, wie Schmuck oder hochwertige Uhren, würden ganz gut verkauft. "Wir kommen aber nicht an die Vor-Corona-Zahlen."

Für ein wirklich gutes Herbstferiengeschäft fehlten einfach noch ausländische Touristen in der Stadt. Die vorwiegend deutschen Besucher würden in Handelsware eher wenig investieren. "Auch in der Gastro geben Ausländer deutlich mehr aus."

Ein großes Problem sei auch der Personalmangel - nicht nur im Handel, sondern auch in der Gastronomie und bei Dienstleistungen wie Kosmetik. "Weiterhin gab es das ganze Jahr schon Probleme beim Liefern. Teilweise ist im September noch Sommerware nachgekommen." Trotzdem kommen aus der QF-Passage auch positive Zeichen für die Zukunft: Der Leerstand konnte zuletzt reduziert werden, Ladenflächen wurden neu vermietet.

Von allgemeiner Hoffnung in das Weihnachtsgeschäft bei den Dresdner Händlern berichtet Citymanagerin Friederike Wachtel, die überzeugt ist, dass auch die Sonntagsöffnungen in der Adventszeit für starke Umsätze sorgen werden. Schon am kommenden Freitag, 5. November, sollen die Dresdner und Gäste der Stadt bei einem Late Night Shopping zum Einkaufen animiert werden: Über 300 Geschäfte in der Innenstadt werden dann bis 22 Uhr geöffnet bleiben und nicht nur mit Aktionen und Rabatten, sondern auch kulturellem Programm locken.