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IHK Dresden steht hinter den Subventionen für TSMC

Die Wirtschaftskammer begrüßt bei der Vorstellung der Konjunkturumfrage die Investitionen in die Chipindustrie, zeichnet aber ein düsteres Stimmungsbild in der ostsächsischen Wirtschaft.

Von Nora Miethke
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Lukas Rohleder, Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden, hält die Kritik an den Subventionen für die Chipindustrie nicht für zielführend.
Lukas Rohleder, Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden, hält die Kritik an den Subventionen für die Chipindustrie nicht für zielführend. © kairospress

Der Wirtschaft in Ostsachsen geht es schlecht. „Die Unternehmer und Unternehmerinnen müssen kämpfen, viele sind frustriert, auch weil sich keine positiven Zukunftsperspektiven abzeichnen“, sagt Andreas Sperl, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden.

Anlass für diese pessimistische Bilanz sind die Ergebnisse der Herbst-Konjunkturumfrage unter 550 Kammermitgliedern, die am Dienstag in Dresden vorgestellt wurden. Danach hat sich der Anteil der Firmen, die von einer guten Geschäftslage berichten, auf 38 Prozent verringert – der geringste Wert seit dem Tiefstand im Frühjahr 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie.

Besorgniserregender ist jedoch, dass bei den Geschäftserwartungen die Kurven in allen Wirtschaftszweigen nach unten verlaufen. Nur noch 14 Prozent der Befragten erwarten eine Verbesserung der Geschäfte, 36 Prozent eine Verschlechterung. Am düstersten sind die Einschätzungen im Baugewerbe, da gehen fast zwei von drei Firmen (62 Prozent) von einer weiteren Verschlechterung aus. Die Auftragseingänge für das sächsische Baugewerbe für die nächsten sechs Monate liegen 30 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.

Die Folgen: Die Mehrheit der Unternehmen schiebt Investitionen auf und plant eher Personal ab- statt aufzubauen. „Das bedeutet nicht, dass wir den Fachkräftemangel bei Seite schieben können“, so Sperl. Trotz aller derzeitigen Probleme und Geschäftsrisiken müssten die Unternehmen bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs weiter in die Zukunft schauen, damit sie nicht später in eine Falle laufen. „Viele fahren auf Sicht, das ist zu kurz gesprungen“, hieß es. Der Fachkräftemangel ist das größte Geschäftsrisiko, aber mit leicht sinkender Tendenz.

Dagegen werden immer stärker die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko wahrgenommen. Dazu zählt die IHK die Energiepreise, den Stand der Digitalisierung, die Länge von Genehmigungsprozessen oder die zusätzliche Belastung durch immer neue Vorschriften und Dokumentationspflichten. Jedes einzelne neue Gesetz hätte sicherlich seine Berechtigung, doch in der Summe würde das Korsett aus Regelungen immer enger. Die EU-Kommission und die Bundesregierung hätten sich einst vorgenommen, dass für jedes neue Gesetz ein altes aus dem Regelwerk herausfliegen sollte. „Davon ist nichts zu spüren“, so die Kritik.

Hoffen auf den Deutschland-Pakt

Umso mehr Hoffnungen setzen Sperl und IHK-Hauptgeschäftsführer Lukas Rohleder in den Deutschland-Pakt, den Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt hat und der die Bundesrepublik schneller. moderner und sicherer machen soll.

Von den Bemühungen der Bundesregierung, durch Investitionsanreize Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum zu stärken, würden Sachsen und ganz Ostdeutschland profitieren. Anders als etwa die Vereinigung der sächsischen Wirtschaft kritisiert die IHK Dresden die Milliarden-Subventionen für die Ansiedlung des taiwanischen Chipherstellers TSMC in Dresden nicht, sondern versteht sie als Signale, „die uns mit Stolz erfüllen können“, weil Sachsen Standortbedingungen mit langfristige Perspektive bieten könnte. „Wir stehen hinter diesen Investitionen“, betonte Rohleder.

Man müsse den Subventionswettlauf nicht gut finden, könne sich ihm aber auch nicht entziehen. Die Kritik aus dem sächsischen Mittelstand sei nicht zielführend, weil sie die strategische Komponente dieser Ansiedlungsentscheidungen nicht berücksichtige, hieß es. Europa will bei der Versorgung mit Halbleitern, die für immer mehr Produkte und Geräte wichtiger werden, unabhängiger von Asien werden. Die Chips, die TSMC in Dresden produzieren will, würden auch sächsischen Maschinenbauern und der Autoindustrie im Freistaat zu Gute kommen.

Rohleder und Sperl forderten allerdings auch mehr Unterstützung für die 30 Unternehmen, die jetzt im Gewerbegebiet am Dresdner Flughafen ihre Flächen räumen müssen für die Großansiedlungen in der Chipindustrie.

Stationäre Grenzkontrollen dürfen Pendler nicht behindern

Das Wachstum von Silicon Saxony wird die Fachkräfteproblematik weiter verschärfen. Bei der Gewinnung von Arbeitskräften dürfte man die inländischen Potenzialen nicht aus dem Blick verlieren, hieß es. Die Frauenerwerbsarbeit müsse gesteigert, ältere Beschäftigte länger in Arbeit gehalten und die Schulabbrecherquote reduziert werden. Vor allem bei der Anzahl von Pendlern in andere Bundesländer, die in Sachsen mit 152.000 auf einem Rekordstand ist, sieht die IHK weiteres Potenzial.

In den Grenzregionen gibt es auch viele Pendler in die andere Richtung. Rund 48.500 Menschen aus Tschechien sind im sächsischen und bayerischen Grenzraum sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Deshalb hatte die IHK Dresden noch vergangene Woche vor stationären Grenzkontrollen gewarnt. Am Dienstag hieß es nun: „Stationäre Grenzkontrollen sind nachvollziehbar, auch begründbar. Aber sie müssten so ausgestaltet sein, dass sie die Grenzpendler nicht behindern“.

Um mehr Flüchtlinge vor Ort in Arbeit zu bringen, sei ein pragmatischerer Ansatz notwendig. In Sachsen gebe es nicht wie in anderen Bundesländern die Möglichkeit für Asylbewerber, in Teilzeit zu arbeiten und parallel einen Sprachkurs zu absolvieren. Auch würden Fähigkeiten und Kompetenzen viel zu spät erfasst. In Bayern finde das schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen statt.