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Inflation: Preissteigerung für Energie und Lebensmittel erreicht Rekordhöhe

Die Teuerungsrate ist auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Besonders die Preise für landwirtschaftliche Produkte steigen in Rekordtempo.

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Die Preise für Produkte aus der Landwirtschaft steigen stark. Obst und Erdbeeren werden allerdings billiger.
Die Preise für Produkte aus der Landwirtschaft steigen stark. Obst und Erdbeeren werden allerdings billiger. © Christoph Soeder/dpa

Wiesbaden. Kräftige Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel haben die Teuerungsrate in Deutschland auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren getrieben. Im Mai lagen die Verbraucherpreise um 7,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Damit verharrte die Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft im dritten Monat in Folge über der Marke von sieben Prozent. Von April auf Mai 2022 zogen die Preise um 0,9 Prozent an. Die Wiesbadener Statistiker bestätigten am Dienstag ihre vorläufigen Angaben von Ende Mai.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern muss man in der Zeitreihe bis in den Winter 1973/1974 zurückgehen, um ähnlich hohe Werte zu finden. Damals waren die Mineralölpreise infolge der ersten Ölkrise stark gestiegen. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil diese sich für einen Euro dann weniger leisten können.

Krieg in der Ukraine und Lieferengpässe tragen zu Preissteigerung bei

Infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine hatten die Energiepreise in den vergangenen Monaten auf hohem Niveau deutlich angezogen. Russland ist ein wichtiger Lieferant von Erdöl und Erdgas. Doch nicht nur die angespannte Lage auf dem Weltmarkt treibt die Energiepreise, sondern auch die deutsche CO2-Abgabe: Seit Jahresbeginn sind 30 Euro je Tonne Kohlendioxid fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht.

Im Mai mussten die Menschen in Deutschland für Energie 38,3 Prozent mehr zahlen als vor Jahresfrist. Heizöl war fast doppelt so teuer wie im Mai 2021. Erdgas verteuerte sich um mehr als die Hälfte. Auch die Preise für Kraftstoffe (41 Prozent) und Strom (21,5 Prozent) zogen deutlich an.

Entspannung ist kurzfristig nicht in Sicht

Lieferengpässe sorgen zudem dafür, dass Preise für viele Waren anziehen. Lebensmittel verteuerten sich um 11,1 Prozent. Damit verstärkte sich der Preisauftrieb nach 8,6 Prozent im April noch einmal kräftig. Die Preise für Waren insgesamt erhöhten sich im Mai zum Vorjahresmonat um 13,6 Prozent. Es gebe "Preiserhöhungen in fast allen Bereichen", stellten die Statistiker fest. Die Bundesregierung versucht, die Menschen unter anderem durch einen befristeten Tankrabatt zu entlasten.

Entspannung ist kurzfristig nicht in Sicht. Die Verkaufspreise im Großhandel, die auf die Verbraucherpreise wirken, waren nach Berechnungen des Bundesamtes im Mai um 22,9 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Damit war der Anstieg zwar etwas schwächer als im April 2022. Von April auf Mai dieses Jahres allerdings stiegen die Großhandelspreise um 1,0 Prozent.

Preise in der Landwirtschaft steigen im Rekordtempo

Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte sind im April um fast 40 Prozent hochgeschossen. Das sei der größte Preisanstieg gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung 1961, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. Schon im März hatte es ein Rekordplus von 34,7 Prozent gegeben. Im Vergleich zum Vormonat März stiegen die Preise um 5,6 Prozent. Sowohl die Preise für pflanzliche Erzeugnisse (plus 45,7 Prozent) als auch für tierische Erzeugnisse (plus 35,8 Prozent) legten kräftig zu.

Der enorme Preisanstieg bei pflanzlichen Produkten sei unter anderem auf die seit Juli 2020 steigenden Getreidepreise zurückzuführen, berichteten die Wiesbadener Statistiker. Diese lagen im April um gut drei Viertel (77,6 Prozent) über dem Vorjahresmonat und damit noch etwas höher als im März. Der Ukraine-Krieg hat die zuvor schon angespannte Lage auf dem Weltmarkt verschärft und treibt die Preise.

Kartoffeln sind doppelt so teuer wie zuvor

Deutlich verteuert hat sich Raps (plus 77,1 Prozent). Die Erzeugerpreise für Kartoffeln haben sich zudem binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt (plus 106,2 Prozent). Das liege an witterungsbedingt geringen Ernten und einem relativ niedrigen Preisniveau im Vorjahresmonat wegen der Pandemie, so die Statistiker.

Hingegen sanken die Erzeugerpreise für Obst um fast 15 Prozent, Gemüse wurde kaum teurer (plus 1,1 Prozent). Erdbeeren verbilligten sich beinahe um ein Viertel (24 Prozent) - wegen einer frühen und reichen Ernte ist das Angebot dieses Jahr groß, während die Nachfrage schwächelt. Deutliche Anstiege gab es beim Milchpreis (plus 37 Prozent) und bei Eiern (plus 18 Prozent).

Die Erzeugerpreise beschreiben das Entgelt ohne Umsatzsteuer, das die Landwirte für ihre Produkte auf der ersten Handelsstufe erzielen. Steigende Erzeugerpreise können zu höheren Verbraucherpreisen führen. (dpa)